213 - Aruulas Grab
nachdenken.
»Äh, Ramid«, sagte er dann, »wenn wir doch nun genau wissen, dass der Überlebende aus dem Überfall der Schatten ist, warum nehmen wir ihn dann nicht gleich gefangen? Warum müssen wir ihm durch die Wüste folgen? Oder, noch besser: Warum reiten wir nicht einfach am Nil entlang nach El Assud und erwarten dort die Karawane? Dort könnten wir uns die Wartezeit mit hübschen Frauen vertreiben…«
»Weil wir sicher gehen wollen, dass er sich nicht noch vor El Assud absetzt, du Hohlkopf.« Ramid grinste selbstgefällig.
»Ach, deswegen.«
»Ja, deswegen. Aber weißt du, Ali, das war ein richtig guter Gedankengang von dir, auch wenn er sich letztlich als unbrauchbar erwiesen hat. Wenn du mir immer gut zuhörst und von mir lernst, dann kannst du es selbst mal zum Königlichen Soldatenführer bringen. Doch, wirklich. Du hättest das Zeug dazu, bei Reephis.«
Man muss ihnen dann und wann schmeicheln, dann fressen sie einem aus der Hand, fügte er in Gedanken hinzu. Das ist moderne Menschenführung und unterscheidet gute Führer von schlechten. Und ich bin einer der besten. Ach was, der beste…
Ramid war zufrieden mit sich. Auch weil er Ali nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Natürlich jagte er der Karawane nicht aufgrund so schwacher Indizien hinterher, nein. Der Berba Nasrallah ben Kufri, sein ärgster Konkurrent bei der Jagd nach dem Schatten, hatte behauptet, beim Überfall auf das Handelsschiff habe niemand überlebt. Eine glatte Lüge! Er, Ramid, sollte glauben, der Schatten sei tot, damit ihn sich Nasrallah in aller Ruhe schnappen konnte. Also konnte nur der einzige Überlebende der berüchtigte Grabräuber sein.
Aber nicht mit mir… Auch Nasrallah hatte davon gewusst, dass er den Schatten mit einem »Zeichen der Ewigkeit« in Verbindung bringen musste. Mit seinem durchschaubaren Manöver hatte er Ramid allerdings erst darauf gebracht, dass das Schiff ja tatsächlich auch ein solches war. Sonst hätte er nach wie vor geglaubt, dass es sich um ein Henkelkreuz, Ankh genannt, handeln müsse.
Nun, auch den ganz großen Geistern passierten hin und wieder Fehler. Aber das musste er Ali nicht unbedingt auf die Nase binden. Auf jeden Fall war das Geheimnis um den Schatten und das Zeichen der Ewigkeit nun gelöst. Das war das Wichtigste.
»Aufsitzen, ihr Lahmärsche!«, brüllte Ramid nach hinten.
»Sonst schlagt ihr hier noch Wurzeln.«
Ramid war wild entschlossen, den Schatten vor Nasrallah zu schnappen. König Menandi hatte den Berba und seine Männer beauftragt, den Schatten zu jagen, parallel zu seinen königlichen Soldaten, weil diese so lange keinen Erfolg vorzuweisen hatten. So waren Ramid und Nasrallah zu erbitterten Konkurrenten um die hohe Belohnung geworden.
Doch das war längst nicht mehr der Punkt. Denn Ramid und der Berba hatten eine Wette laufen. Fasste Ramid den Schatten zuerst, bekam er Nasrallahs wunderbaren Zarak-Hengst. War aber der Berba erfolgreich, würde es Ramids Leben kosten.
Beim Wetteinsatz hatte er sich von Nasrallah hereinlegen lassen. Dass Ramid den Schatten nicht gleich an Ort und Stelle festnahm, hatte mit der fremden Kriegerin zu tun. Seit Ramid sie in El Kahira gesehen hatte – wenn auch leider verhüllt –, war er von ihr besessen. Ihr schlanker Leib war makellos, ihre Haut wie Milch und Honig, das Haar gleich einer Sommernacht, die Büste voll und schwer. Ramid musste sie für sich gewinnen! Und das würde ihm gelingen, wenn er sie vor dem Schatten aus höchster Gefahr rettete.
Alles was er über den durchtriebenen Grabräuber wusste, ließ nur einen Schluss zu: Spätestens am Ende der Reise würde der sich aller entledigen wollen, die ihm dann nicht mehr von Nutzen sein konnten. Und dann würde er, Ramid, zuschlagen, die schöne Fremde retten und den Schatten einkassieren. Ein zweifacher, triumphaler Sieg, der ihm nicht nur das Wohlwollen und die Belohnung des Königs sicherte, sondern auch eine Nacht mit der dankbaren Schönen. Mindestens eine Nacht! Ramid war wild entschlossen, sie ganz für sich zu gewinnen.
Dass Nasrallah ihm doch noch zuvor kommen könnte, während er auf eine passende Gelegenheit wartete, daran verschwendete Ramid keinen Gedanken. Er war so dicht an dem Schatten dran, dass sein Konkurrent sich nicht mehr dazwischen drängen konnte. Und außerdem hatte der Berba einfach nicht sein Format.
Etwa zur selben Zeit ritt besagter Nasrallah auf seinem wunderbaren schwarzen Zarak mit rund zwanzig seiner bunt gekleideten Berba durch die
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