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214 - Der Mann aus der Vergangenheit

214 - Der Mann aus der Vergangenheit

Titel: 214 - Der Mann aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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akzeptierte man ihn als Gleichgesinnten, als Gleichberechtigten. Die Hingabe, mit der de Rozier seine Mission verfolgte, rang den Ambassai Respekt ab. Sie schätzten seine Stimme im Rat, sie folgten seinen Anweisungen, sie gewährten ihm mehr und mehr Rechte.
    »Die Rozière wird morgen unter Feuer gesetzt. Ich muss die Windrichtungen in den jeweiligen Höhen fühlen und aeronautische Karten zeichnen. Vier oder fünf der tapfersten Krieger sollen mich begleiten, und es würde mich freuen, wenn du dazu gehörtest.«
    Wabo straffte den hageren, sehnigen Körper. Stolz zeichnete sich in seinem Gesicht ab. »Es wird mir eine Ehre sein, dich zu begleiten, Weißgesicht.«
    »Es kann sein, dass es ein Flug in den Tod wird«, sagte de Rozier nachdenklich. »Ich möchte neue Dinge ausprobieren, und ich habe schon weitere Verbesserungen in Aussicht. Sieh uns also bitteschön als Versuchskaninchen, die nur mit einigem Glück wieder auf dem Erdboden aufsetzen werden.«
    Wabo nickte gleichmütig. Er zählte nicht umsonst zu den Tapfersten seines Volkes. »Ich folge dir, wohin du auch gehst«, sagte er leise und legte de Rozier die Hand auf die Schulter.
    ***
    Die Rozière stieg auf. Das sechste Mal an diesem Tag.
    Viel Mühe war in die Verarbeitung des Schiffs gesteckt worden, und umso weniger in das Äußere. Hierzulande gab es keinen König, der seine Eitelkeit befriedigt sehen wollte und auf ein gottgefälliges Aussehen Wert legte. Bei der ISABELLE ging es um Robustheit und Zweckmäßigkeit.
    De Roziers unermüdliche Arbeit machte sich bezahlt.
    Dinge fielen zusammen, Dinge ergaben vor den staunenden Augen der Ambassai-Krieger plötzlich einen Sinn.
    Das in Bastkästen abgesicherte Feuer. Die Schamottsteine, die zusätzliche Sicherheit rings um die Glut gaben. Das Ventilsystem. Die präzis ausgewogenen Ballonmassen. Die darum gewundenen Formnetze, die an der Außenseite des Korbs befestigten Gewichtssäcke. Die feinstgewobenen Fangnetze…
    »Dort vorne, in diesem Distelfeld, schlafen und brüten sie«, sagte einer der Jäger. Er deutete nach Westen, über die Savannenlandschaft hinweg. Am Horizont war der gewaltige See auszumachen, über dem er niedergegangen war. Der Victoriasee. Er war von thermischen Quellen und einer Kette von Vulkanen umgeben, die Pilâtre de Roziers Fantasie anfachten.
    Gib mir Zeit, mehr Zeit, o Herr!, flehte er inständig. Ich schaffe es nicht wie du in sechs Tagen…
    Das Ziel war erreicht. Ein Feld mit mannshohen Disteln vom Ausmaß der Île de la Cité. Darin schwirrte diese schwarze, hässliche Masse von überdimensionierten Insekten umher, kaum zur Ruhe kommend und dennoch noch lange nicht von jenem Zorn gepackt, der die Weibchen nach der Befruchtung erfassen würde.
    »Ihr wisst, was ihr zu tun habt«, sagte Pilâtre de Rozier.
    Er senkte sein tapferes Luftschiff, mit dem er seit nunmehr drei Wochen auf der Jagd nach den Tsetses war, auf eine Höhe von knapp zweihundert Metern ab und kämpfte mit der Routine vieler Flugstunden gegen die Strömungen an.
    Die Ambassai nickten ihm zu. Sie griffen nach kleinen Geruchssäcken und ließen sie, sobald Pilâtre de Rozier das Kommando gab, an den Rand der Tsetse-Kolonie hinab plumpsen. Die Beutel platzten. Ein Gemisch unterschiedlicher Duftstoffe machte sich breit. Die Insekten schreckten hoch. Wütend, alert, aufgeregt. Sie schwärmten aus, suchten völlig verwirrt nach dem unbekannten Feind. Sie erreichten dabei eine Höhe von nicht mehr als fünfzig Meter. Höher kamen sie nicht.
    Der Wind trieb die Duftsegmente nach Osten, die Tsetses folgten irritiert. Alle….
    … bis auf die schweren, trägen Männchen, die kaum mehr als zwei Prozent der Population ausmachten.
    Nun warfen die Krieger die Netze ab. Geschickt wie Fischer taten sie es, und fingen die im Halbschlaf versunkenen Geschöpfe ein.
    »Alles erledigt«, sagte Wabo ruhig. »Wir können verschwinden.«
    Die Netze wurden hoch gehievt, bis auf eine Höhe von ungefähr achtzig Meter. Die Muskeln der Ambassai traten wie Stränge hervor, in ihren Augen war die Anstrengung zu lesen. Doch keiner beklagte sich, niemand jammerte.
    Pilâtre de Rozier ließ das Schiff ein wenig höher steigen und fädelte in eine horizontale Luftschicht ein, die ihn zu einem nahe gelegenen Gewässer brachte. Manch Tsetse-Weibchen folgte, vom Brummen und Flügelschlag der entführten Männchen alarmiert. Doch die Insekten konnten nichts unternehmen. Ihre Feinde blieben in der Rozière außerhalb ihrer Reichweite. Nach

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