2140 - Der kindliche Herrscher
Stimulanzien zugeführt würden, weil er bei seiner Ankunft zu erschöpft gewesen sei. Er wiederholte den Befehl, ihn zu befreien und in die „Wiege" zurückzulegen. Schließlich mussten sie gehorchen. Sie hatten zweifellos in bester Absicht gehandelt, und er fühlte sich bereits viel besser als vor seiner Ohnmacht - nur der Hunger und der Durst waren geblieben. Doch ihm konnte geholfen werden. Halla GeBur hatte seiner Mutter, die im Regenerationstank lag, Muttermilch abgepumpt und sie in einem Spezialbehälter in die Unterstadt bringen lassen. Troym sog sie gierig in sich ein, bis er gesättigt war. So konnte er mindestens den nächsten halben Tag überstehen. „Ich brauche ferngesteuerte Sonden und Ortergeräte", sagte er zu Zazz Kano, als er wieder in seiner Halbkugel saß. „Ich werde der Barriere damit zu Leibe rücken."
„Dann werde ich dich begleiten", sagte Kano. „In deiner Wiege ist kein Platz .für die Geräte. Ich werde sie tragen."
„Ein Roboter wird sie für mich tragen", wehrte Troym ab. Seine Stimme, obwohl künstlich, duldete keinen Widerspruch. Er wusste nicht, auf welche Geheimnisse er noch stieß - aber er wollte nicht, dass ein anderer Tradomer von ihnen erfuhr, ob dies nun ein Eltane oder ein Quintane war.
Alle lebenden Wesen redeten. Sie redeten oftmals zu viel. Zazz Kano, obwohl enttäuscht, fügte sich den Wünschen seines Herrn. Er begab sich zu einem Materiallager und kehrte kurz darauf mit dem Gewünschten zurück. Ein Roboter von ovaler Form begleitete ihn. Die rund einen Meter große Maschine stellte sich als OPO2121 vor und nahm Zazz Kano die Geräte mit den krallenförmigen Enden vier beweglicher Tentakel ab. „Wir brechen auf!", sagte Troym LeCaro. „Folge mir, OPO-2121. Meine Wiege kennt den Weg."
Sie erreichten die Barriere diesmal viel schneller als Troym LeCaro auf seinem ersten Weg hierher. Das dunkle, wallende Feld war nach wie vor vorhanden, also hatte CAUSIO auf seine Aufforderung nicht reagiert. Alles andere hätte ihn auch gewundert. Troym LeCaro ließ die Ortergeräte unmittelbar vor der Barriere aufstellen. Dann schwebten die Sonden, von ihm über Akustikbefehle gesteuert, auf das Feld zu. Als sie darin verschwanden, jubilierte er. Es schien, als habe er es auf Anhieb geschafft. Die Sonden sammelten Daten. Er hoffte, dass sie die Natur des Feldes schnell enträtselten – und vielleicht sogar auf die andere Seite gelangten.
Doch diese Hoffnung starb bald. Die Sonden kehrten viel zu früh zurück. Als Troym sie über den Computer der „Wiege" abfragte, erhielt er nichts an Informationen. Die kleinen Kugeln mit ihren zahllosen empfindlichen Antennen hatten versagt. Sie waren ebenso in den vordersten Schichten der Barriere stecken geblieben wie er. „OPO-212l!", rief der kindliche Herrscher. „Richte die Ortergeräte auf das Feld aus!". Aber auch dieser Versuch schlug fehl. Die empfindlichen Geräte maßen nichts an: keine Energielinien, keine Feldstärke, nicht die Natur der Barriere. Sie war wie ein schwarzer Fleck auf ihren elektronischen Augen.
Dennoch versuchte es Troym immer wieder. Als er schließlich aufgab, war er in Tränen der Enttäuschung gebadet. Er schrie vor Wut und Hilflosigkeit. Er war der Herrscher! Ihm gehörte die Letzte Stadt der Eltanen. Aber was beherrschte er wirklich? Nichts!
Der geheimnisvollen Barriere war nicht beizukommen, anscheinend mit keinen Mitteln. Troym LeCaro konnte auf CAUSIOS Hilfe nicht bauen. Die Hilfe anderer Eltanen war kein Thema, sie durften CAUSIOS Geheimnisse niemals erfahren. Außerdem besaßen auch sie keine Hoheitsrechte. Die Medilen und die anderen Tradomer aus der Unterstadt? Sie besaßen zwar mehr Initiative als die Eltanen, aber dass sie in der Letzten Stadt mehr bewirken konnten als diese, war nur schwer vorstellbar.
Nein, Troym LeCaro brauchte andere Helfer - potenzielle Helfer. Er sah sie als 'den letzten Hoffnungsschimmer an, den letzten Ausweg. Sie waren vor fast zwei Tagen erst eingetroffen. Sie kamen weder aus der Letzten Stadt noch aus Tradom. Sie kamen aus der fernen Milchstraße, die durch die Inquisition der Vernunft bedroht wurde. Troym LeCaro befahl dem Roboter, die Sonden und Ortungsgeräte wieder einzusammeln und ihn zurück an die Oberfläche zu begleiten. OPO-2121 gehorchte.
Zwei Stunden später befand sich das Oberhaupt der Eltanen, allein in seinem Schwebesessel, auf dem Weg hinauf zum Plateau des künstlichen Gebirges, getragen von einer Nullschwere-Ader. Er hoffte, dass es noch
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