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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers
Autoren: Jo Zybell
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Excellenz.«
    »Genug jetzt!« Der Kaiser hob seine Rechte. »Diese Hand führt den Degen trefflicher als jede andere in meinem Reich, junger Freund! Und Monsieur Drax scheint Uns auch nicht ganz ungeschickt zu sein, wenn es darum geht, sich eines Angriffs zu erwehren. Das hat er bei der Großen Grube bewiesen. Seid also beruhigt. Hütet Leib und Leben Unseres Sohnes Akfat, während Wir auf Reisen sind. Wenn ihr das in Treue tut, nützt ihr Uns mehr, als wenn ihr mit Uns fliegt.«
    Die beiden hatten keine Wahl, sie mussten sich fügen.
    Nachdem er von seinen Frauen Abschied genommen hatte, öffnete de Rozier die seitliche Luke seines Luftschiffs und winkte Matt, einzusteigen.
    Erst als er neben dem Kaiser im Bug der Gondel stand und durch die Frontscheibe nach draußen sah, wurde Matt wirklich bewusst, dass der Kaiser und er allein reisen würden.
    Er sah zu, wie de Rozier die letzten Startvorbereitungen traf.
    »Ich finde, Ihre Leibgardisten haben Recht, Majestät«, sagte er.
    »Ich frage mich, warum wir beide allein reisen.«
    »Eine Frage der Güterabwägung, Monsieur Drax. Natürlich wären diese beiden Kämpfer von Nutzen, andererseits ist es doch besser, wenn so wenige Menschen wie möglich durch diesen Zeitstrahl fliegen, finden Sie nicht auch?«
    Die kaiserliche Roziere löste sich vom Startplatz und stieg nach oben. Der Kaiser und der US-Pilot winkten den Zurückbleibenden zu.
    Die Gedanken kreisten in Matts Kopf. Wollte de Rozier niemanden mitnehmen, weil jeder, der dann die folgenden fünfzig Jahre nicht mehr altern würde, ein potentieller Konkurrent wäre? Oder wollte er den anderen die Schattenseiten einer relativen Unsterblichkeit ersparen? Matt erinnerte sich an die Phasen der Ziel- und Mutlosigkeit, von denen der Kaiser berichtet hatte und in denen sein Reich fast zerfallen wäre.
    »Ich möchte Ihnen etwas schenken, Monsieur Drax«, sagte de Rozier, als er sein Privatluftschiff auf Südostkurs gebracht hatte. Er stand auf, öffnete einen Wandschrank und entnahm ihm einen Degen samt Scheide und Gurt. »Betrachten Sie es als kleine Aufmerksamkeit.« Er lächelte charmant und legte die Waffe in Matts Hände. »Wenn Sie schon mit dem Kaiser auf Reisen gehen, sollen Sie wenigstens eine angemessene Bewaffnung tragen, wenn Sie schon eine Perücke verschmähen.«
    Staunend betrachtete der Mann aus dem 21. Jahrhundert das Prachtstück: Der Gurt hatte eine große Silberschnalle, die Scheide war mit Silberornamenten verziert. Korb und Knauf waren in Gold gefasst und mit roten Edelsteinen besetzt. »Was soll ich dazu sagen? Ich bin sprachlos…«
    »Sagen Sie gar nichts, Monsieur. Wenn hier einer dem anderen zu Dank verpflichtet ist, dann bin ich es. Und nun kein Wort mehr davon.« Er wandte sich den Kontrollinstrumenten zu.
    Matt Drax schnallte den Degen um und zog die Klinge. Er vollführte ein paar Lufthiebe und kam sich vor wie ein kleiner Junge aus den Zeiten vor »Christopher-Floyd«, dem man eine elektrische Eisenbahn geschenkt hatte.
    Die ersten Stunden lenkte der Kaiser sein Luftschiff selbst.
    Matt würde das Steuer problemlos übernehmen können, denn mittlerweile hatte auch er einige Praxis im Umgang mit den Rozieren.
    Bis dahin sichtete der Mann aus der Vergangenheit Material und Proviant. Er fand zwei Fässer mit insgesamt fünfhundert Litern Wasser, etliche Kisten mit Getreidefladen, getrockneten Früchten und gepökeltem Fleisch. Auch ein kleines Fässchen mit vergorenem Brabeelenwein war an Bord. Und sogar eine Leichtmetallkiste voller Kuchen und Pralinen spürte Matt auf.
    An Waffen hatte de Rozier vier Steinschlossflinten samt Pulver und etwa tausend Schuss Munition an Bord bringen lassen. Dazu eine Kiste mit drei Dutzend Brandsätzen, die Matt Drax an Molotow-Cocktails erinnerten, im Reich des Kaisers jedoch »Glasbomben« genannt wurden. Außerdem fand Matt Drax einen großzügigen Werkzeugsatz für unterwegs anfallende Reparaturen, eine große Anzahl Ersatzteile und einen Notfallkoffer mit Medikamenten und altertümlich wirkenden, chirurgischen Instrumenten. Und natürlich hatte das kaiserliche Luftschiff massenhaft Brenn-Pads für den Heizkessel der Dampfmaschine geladen.
    »Ich habe die Traglast unserer Roziere bis zum Letzten ausgereizt, wie Sie sehen«, sagte der Kaiser. »Schon aus diesem Grund hätten wir niemanden sonst mitnehmen können.«
    Matt Drax nickte nur. »Wie lange werden wir unterwegs sein?«
    »Schwer zu sagen, mon ami – vielleicht eine Woche, vielleicht weniger? Nach
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