2153 - Die Tributschmiede
Arbeit, lehnte er sich in seinem Sessel zurück. „Der erste Schritt ist geschafft."
Can Jumptey beendete seine nervöse Wanderung durch das Büro, die er hin und wieder unterbrochen hatte, um durch eines der wandhohen Fenster in die Nacht hinauszublicken und den prasselnden Regen zu beobachten, der die Stadt überflutete und alles Licht zu ersticken schien. „Hast du Fehler entdeckt? Und wenn es welche gibt, wie lange brauchst du, um sie zu beseitigen?"
„Das kann ich beim besten Willen nicht sagen", erwiderte sein Sohn. „Erst wenn ich einige Tests durchgeführt habe, weiß ich, ob Fehler vorhanden sind und wo sie liegen. Geh mal davon aus, dass wir die ganze Nacht über zu tun haben." Can Jumptey nickte. Er hatte nichts anderes erwartet. „Ich lasse dich für eine Stunde allein und fliege zu Mina Rafid", kündigte er an. „Sie ist meine Assistentin, und ich habe die Pflicht, sie zu informieren. Sie wird nicht einverstanden sein, aber das regle ich schon. Ich muss ihr offensiv begegnen."
„Tatsächlich? Hältst du das für nötig?", fragte Morank Tharay. Er schien überrascht zu sein. „Ich muss mit ihr reden. Ich werde sie bedrängen, CaJu-Perfekt einzusetzen", antwortete der Finanzverwalter. „Sie weiß, dass es. um meinen Kopf geht, und sie erwartet, dass ich kämpfe. Wenn ich es nicht tue, wird sie misstrauisch und kommt uns womöglich in die Quere."
„Ja, du hast Recht." Can Jumptey verließ das Büro, und sein Sohn arbeitete weiter. Er wirkte nun entspannter als zuvor. Er schien erleichtert darüber zu sein, dass er allein war und dass ihm sein Vater nicht ständig über die Schulter blickte und dass ihn auch sonst niemand beobachtete. Er vertiefte sich in das Programm, das von Mina Rafid mit dem Projekttitel CaJu-Perfekt versehen worden war.
Je mehr er sich damit befasste, desto deutlicher wurde ihm bewusst, welch ein Machtmittel es darstellte und wie umfassend der Einfluss war, den sein Vater damit auf das gesamte Wirtschaftssystem der Galaxis nehmen konnte.
Sie stand inmitten des überfluteten Raumes auf dem letzten noch trockenen Platz und bot einen betörend hilflosen Anblick. Er konnte ihm nicht widerstehen und arbeitete sich durch das hüfthohe Wasser zu ihr durch. „Lass mich!", rief sie. „Du darfst meine Situation nicht ausnutzen."
„Natürlich darf ich das nicht", entgegnete er, „aber ich wüsste nicht, was mich davon abhalten sollte." Sie schrie, schlug mit den Armen nach ihm.
Dabei verlor sie das Gleichgewicht und stürzte ins Wasser. Lachend fing er sie auf.
Benjameen da Jacinta zog sich zurück. Er wollte gar nicht wissen, was sich abgespielt hatte und was sich nun in den Träumen jenes Mannes wiederholte, in dessen Geist er eingedrungen war. Seit Stunden sah er sich per Zerotraum in der Millionenstadt Celon-Kanta um. Mittlerweile wusste er, dass sich die Stadt als ein annähernd zehn Kilometer breiter Streifen am Rande eines Gebirges fünfzig Kilometer weit von Westen nach Osten erstreckte.
Jeder Einwohner war sich unaufhörlich bewusst, dass die Inquisition der Vernunft die höchste weltliche Instanz in der Galaxis Tradom darstellte. Die Bewohner der Galaxis wussten nicht, was die Inquisition war, wer sie eigentlich beherrschte und wo diese Macht residierte. Niemand schien in dieser Hinsicht etwas zu hinterfragen. Alle waren mit dieser Unwissenheit aufgewachsen. Die Inquisition beherrschte das Reich Tradom. Die ausführenden Organe der Macht waren die Valenter, sie repräsentierten die Polizeimacht. Und sie wurden gefürchtet, da sie mit ihren Polizeiraumschiffen und den von ihnen geführten und kontrollierten Tributkastellen auf jeder nennenswerten Welt die Exekutive waren.
Die höchste spirituelle Instanz dagegen war das Auge Anguelas. In Tradom hielt man das Auge für den Sitz der gottähnlichen, alles beschützenden guten Macht namens Anguela, die alles sah und für die Lebewesen auf allen Welten sorgte. Auch auf dem Planeten Celona glaubte man, dass die Seele nach dem Tode in das Unendliche Nichts hinter Anguelas Auge einging. Astronomisch gesehen handelte es sich beim Auge Anguelas um eine Glutzone von mehr als 5000 Lichtjahren Durchmesser in der Sternenbrücke zwischen den Galaxien Tradom und Terelanya angesiedelt. Als Symbol jener Glutzone stand nahe bei jedem Tributkastell der Galaxis Tradom eine hoch in den Himmel aufragende Säule aus Gold.
Benjameen fand bei seinem Zerotraum bestätigt, was er und seine Begleiter bereits am eigenen Leibe erfahren hatten.
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