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2154 - Größer als das Leben

Titel: 2154 - Größer als das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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vertrieben. Es war ein Wunder, dass es der Mutter gelang, die Zwillinge lebendig ins Jugendalter zu bringen ...
    Kresto krallte die Finger in den netzartigen Drahtzaun. Seine Schnauze kräuselte sich, während er sich bemühte, mehr Einzelheiten an dem kasernenartigen Gebäude in anderthalb Kilometern Entfernung zu erkennen. „Glaubst du wirklich, dass sie dort Valenter foltern, die gegen das Gesetz verstoßen haben?", fragte er seinen Bruder. „Barti sagt, das behaupten sie nur, damit niemand in die Nähe des Gebäudes kommt." Sogtan schüttelte ruckartig den Kopf. Was Barti schon sagte. Barti! Ein Klassenkamerad, der sich damit brüstete, später einmal ein Raumschiff kommandieren zu wollen. Und kein gewöhnliches Raumschiff, nein, es musste schon ein Schlachtschiff der AGLAZAR-Flotte sein. Dabei hätte er allein nicht einmal die Zulassung für die Schule bekommen, auf der er jetzt war. Sogtan hatte die Aufnahmeprüfung für ihn bestanden. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Gesichter zu vergleichen ... „Barti hat keine Ahnung", erwiderte er verächtlich. „Sein Vater ist ein erbärmlicher E'Valenter. Ich weiß nicht, was sie in dem Gebäude dort anstellen. Aber eines steht fest: Sie machen ein ziemliches Geheimnis daraus." Er wollte sich vor seinem Bruder keine Blöße geben. Natürlich interessierte es ihn genauso sehr wie alle Zwölf jährigen, was es mit dem Kanister auf sich hatte. Es wimmelte von Gerüchten, und unterm Strich hatten sie eines gemeinsam: Dort sterben Valenter! „Schau", sagte Kresto und deutete nach links, wo sich der Zaun langsam in einer nordöstlichen Biegung am Horizont verlor. Ein schwarzer Punkt war dort am blauen Firmament aufgetaucht, der sich zügig näherte. „Ein Spionauge." Sogtan spürte die Unruhe seines Bruders und schmatzte zustimmend. „Sie patrouillieren ständig in dieser Gegend. Komm, lass uns verschwinden!" Eines Tages, schwor er sich, eines Tages würde er das Geheimnis des Gebäudes lüften. Sie liefen nach Hause, so schnell es der holprige Weg erlaubte.
    Die große Halle war bis auf den letzten Platz besetzt, und das nervöse Plappern und Knurren der Anwesenden hallte unter dem Kuppeldach wider. Überall hingen Girlanden, prächtig blühende Tausach-Sträucher säumten die Wände und den Mittelgang, der zwischen den Sitzreihen zu einem gewaltigen, transparenten Rednerpult führte, über dem in roten Buchstaben der Wahlspruch der Schule in die Luft projiziert war: Größer als das Leben - alles für Tradom. Zu beiden Seiten des Pults standen kleinere Ausführungen der goldenen Säule, die so viele Verwaltungsgebäude schmückte - gekrönt von Anguelas glühendem Auge, dem stilisierten Symbol der gütigen Macht, die über das Reich und seine Völker wachte.
    Ein Valenter mit kräftiger Schnauze und zwei ausgeprägten Höckern auf der Stirn kam durch eine Seitentür auf die Bühne: Zarf Tann, der Direktor der Schule. Er baute sich hinter dem Pult auf, hob kurz seine dunkle Brille und musterte die Anwesenden mit stechendem Blick. Gespanntes Schweigen kehrte ein. „Verehrte Eltern", hob Tann an. „Ihr alle wisst, welchen Stellenwert unsere Veranstaltung hat. Deshalb möchte ich nicht lange drum herumreden, sondern gleich zum eigentlichen Thema kommen, das euch zweifellos am meisten interessieren wird. Eure Kinder haben den ersten Test absolviert, und ihr werdet heute erfahren, ob es euch vergönnt war, Nachwuchs in die Welt zu setzen, der dem Reich Tradom dienen kann. Ihr werdet erfahren, ob eure Gebete erhört worden sind."
    Wieder ließ er den Blick über die Anwesenden schweifen, und einen Moment lang schien er auf einer Mutter von Zwillingen zu verharren, die der Schule mit ihren Streichen gehörig zu schaffen gemacht hatten. „Die Auswertung der Tests ist uns nicht leicht gefallen", sagte Zarf Tann, als habe die Anwesenheit der Frau ihn an hitzige Diskussionen erinnert. „Wie euch bekannt sein dürfte, wird nur die Hälfte unserer Schüler in den Dienst des Reiches übernommen. Die verbleibende Hälfte dient unserem Volk als Nachwuchs. Dass wir auf diese Weise unseren Tribut leisten dürfen, ist eine große Ehre. Alle anderen leisten ihre Abgaben in Form von CE-Tradicos, doch unser Tribut sind unsere Kinder."
    Zustimmendes Grollen und Schmatzen setzte ein. Die Anwesenden waren sichtlich stolz auf das Privileg, dass einzig ihre Kinder die Chance erhielten, einen Beitrag für Recht und Ordnung in Tradom zu leisten. „Gepriesen seien die

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