2158 - Das blaue Schiff
Wesen atmete röchelnd. „Der Schwarm Kys Chamei soll abgeschaltet werden", stieß es in blinder Panik hervor.
Alaskas Nackengriff war anscheinend nicht nur schmerzhaft, sondern lähmte auch gewisse Bewegungszentren des Betroffenen. „Abgeschaltet?", fragte Alaska ent setzt. „Ein ganzer Schwarm, der vie len Völkern die Intelligenz bringen soll? Wer will das? Wer ist dafür verantwortlich? Rede!"
„Die Abschaltung wird von einer Gesandten der Ordnungsmächte selbst vorgenommen." Die Stimme des Zwerges war mittlerweile nur noch ein Wimmern. „So?", fragte Alaska. „Und wer ist diese Gesandte?"
„Es ist die Frau Samburi. Mehr weiß ich nicht über sie. Alaska sah ihm in die Augen, die nervös flackerten. Er hatte keinen Zweifel: Der Zwergandroide log nicht. Dazu war seine Panik viel zu groß. „Weshalb haben die Ordnungs mächte den Cynos nicht einfach befohlen, den Schwarm aufzulösen?", lautete Saedelaeres nächste Frage. „Weil die Cynos einem solchen Be fehl nicht Folge geleistet hätten", sagte der Androide.
Alaska verstand. Was er hingegen nicht verstand, formulierte er in seiner letzten Frage: „Was ist der Grund für die Abschaltung?"
Der Zwergandroide wand sich in seinem Griff. Noch einmal begann er zu strampeln und zu treten. Er traf Alaskas Schienbein empfindlich, aber der Terraner dachte auch jetzt nicht daran, ihn loszulassen.
Zum dritten Mal setzte er den Nackengriff an. „Was ist der Grund für die Abschaltung?", wiederholte er seine Frage.
Die Antwort war ein Schock für ihn. „Das Leben an sich soll nicht län ger gefördert werden", jammerte der Androide. „Es nimmt ohnehin schon überhand ..."
Das Leben an sich nimmt überhand, Alaska brauchte einige Zeit, um den tieferen Sinn dieser Auskunft zu begreifen. Die Kosmokraten wollten das Leben im Universum, das sie stets gefördert hatten, in seiner Ausbreitung stoppen?
Sie wollten tatsächlich ihren eigenen Schwarm abschalten? Das war mehr als zynisch.
Alaska Saedelaere erkannte einen seltsamen Fatalismus in den Augen des Wesens. Er sprach es darauf an. „Du kannst mich loslassen", bekam er zur Antwort. „Für uns beide ist es ohnehin zu spät."
„Unsinn!", sagte Saedelaere, gegen seine eigene Überzeugung. „Es ist nie mals zu spät. Noch leben wir, und ..." Er sah, wie sich die Augen des Wesens in die Ferne richteten. Ihr Blick brach. Er hob das Wesen auf beide Arme und sprach tröstend zu ihm. Doch es war zu spät.
Der Zwergandroide starb in seinen Armen. Alaska legte ihn sanft auf den Boden und verschloss die großen Kinderaugen.
Sein einziger Gedanke in diesen Momenten war: Das Kunstwesen hat es hinter sich. Und ich?
Jedenfalls hatte sich der Anzug der Vernichtung zum ersten Mal bewährt. Ohne ihn hätte er den Zwergandroiden nicht festhalten können, dessen War Saedelaere sicher.
Der Terraner spürte das Kribbeln, das der Auflösung des Planeten vorausging. Aufatmend löste er sich von der leblosen Gestalt nicht ohne sich zu fragen, ob es an anderen Stellen zu gleichartigen Dramen gekommen war.
Weshalb war der Zwerg eigentlich jetzt und hier aufgetaucht? Wollte er kontrollieren, wie weit die Auflösung fortgeschritten war?
Alaska hetzte zum Antigravlift und ließ sich weiter in die Tiefe tragen. Wo war Endstation? Ab welcher Stelle ging es nicht mehr weiter? Wann war alles für ihn aus?
Es ging tiefer in den Planeten hinein, als er gedacht hatte. Mindestens zehn Kilometer hatte er in der Vertikalen zurückgelegt, und es ging immer noch weiter. Nach schätzungsweise fünfzehn Kilometern verließ er den Schacht wieder.
Niemand begegnete ihm, wie bisher auch. Die einzigen Geräusche waren die der eigenen hallenden Schritte. Es roch säuerlich, wie von schmorendem Plastik. Das Licht flackerte.
Es fiel Alaska schwer, sich zu orientieren. Wie sollte er das in einer vollkommen fremden Umgebung auch?
Plötzlich prallte er auf einen unsichtbaren Schutzschirm, der den Rest der Anlage vor ihm abriegelte. Er versuchte es noch einmal. Jetzt reagierte der Anzug der Vernichtung, diesmal mit dem Schirm.
Eine Strukturlücke bildete sich, und Alaska verlor keine Zeit. Er schlüpfte hindurch und fand sich auf der anderen Seite des Energieschirms wieder.
Hinter ihm schloss sich die Lücke.
Alaska, der in die Hocke gesprungen war, richtete sich auf und sah sich um. Das Licht war hier intensiver als vor der Abschirmung. Auch die Luft roch anders. Ihr Geruch erinnerte den ehemaligen Maskenträger an Tiere, an Vieh
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