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216 - Jenseits von Raum und Zeit

216 - Jenseits von Raum und Zeit

Titel: 216 - Jenseits von Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Luftschiff wie eine schwere Glocke im Turm einer Kathedrale. Und fast so laut ächzte und stöhnte sie.
    »Jetzt aber blitzt’s! Ich sah und fühlt’ es kommen!« Yann Haggard hing in seinem Armsessel und starrte einäugig in die aufgewühlte Nacht hinaus. Er war zu nichts zu gebrauchen. Die anderen beiden hatten sich längst damit abgefunden.
    »Jetzt aber donnert’s, jetzt rast der Sturm! Kukumotz zürnt und ich, der Seher, sah ich’s nicht kommen?« Das Ding in seinem Kopf orakelte mal wieder, der Tumor hinter seinem Auge. »Von Waffenlärm tönt der Himmel, von Krieg und Gewalt! Hoch oben vom Äther schießt’s und haut’s und rauscht’s bis zum Abgrund hernieder, wo wir Sterblichen bangen und hausen und besserer Tage harren vergeblich…!«
    Niemanden störten seine Monologe noch, die beiden anderen Männer hörten sie kaum noch. Wenn der Seher nur endlich den Zeitstrahl entdeckte! Und wenn er zuvor nur nicht wieder nach einem Schmerzmittel verlangte!
    Den dreizehnten Tag waren sie bereits unterwegs. Noch zwei Tage, dann würde de Rozier unweigerlich zu vergreisen und zu zerfallen beginnen. Sein Tod stand kurz bevor, doch der Kaiser schien diese Tatsache zu verdrängen, und der verdammte Gewittersturm half ihm dabei.
    Auf dem Weg zwischen Brennstoffstapel und Brennkammer hielt sich Matt Drax am Tisch fest und stierte auf die Karten. Seinen Berechnungen zufolge hatten sie das Zielgebiet längst erreicht und die Gegend bereits hinter sich, wo die Koordinaten des fünfzehnten Breitengrades und des fünfundsiebzigsten Längengrades sich kreuzten – der Punkt, an dem er die Erde vom Mars aus erreicht hatte. Und ausgerechnet jetzt überfiel sie dieser verfluchte Orkan!
    »Es wird langsam empfindlich kalt hier oben!« De Rozier schlüpfte in seinen Mantel und schlug den Kragen hoch. Er griff nach einem zweiten. »Willst du nicht auch einen Pardessus, mon cher ami?«
    Matt Drax verneinte und fasste nach dem Stoff seines Anzuges. »Das hier mag aussehen wie einfacher dünner Stoff, in Wahrheit ist es ein intelligentes Schutzsystem: selbstreinigend, atmungsaktiv, wasserabweisend, reißfest und mit eingebautem Thermostat.«
    »Incroyable!« Der Kaiser machte große Augen. »Woher hast du das gute Stück?«
    »Es stammt aus der Produktion der Marskolonie!« Matt schlug einen provozierenden Unterton an. De Rozier schnitt zuerst einer erstaunte, dann eine verächtliche Miene. Matt Drax genoss beides. Wieder erwischte eine Sturmböe die Gondel und schüttelte sie durch. Die Männer hielten sich an Armlehnen, Tischkanten und Steuerruder fest. Matt wurde übel.
    »Ich friere.« Yann Haggard unterbrach seine Orakelreden. »Mir ist so kalt.« Matthew schob zwei Barren Brennstoff in die Zelle und knallte die Ofentür zu. Der Seher verzog das Gesicht und presste die Fäuste gegen die Ohren. »Nicht so laut, mein Kopf!«
    Matt Drax verdrehte die Augen – es war wieder so weit. »Gib mir von dem Schmerzmittel, Maddrax«, krähte Haggard, »sonst kann ich nicht arbeiten!«
    »Halte durch, Yann!«, rief Matt. Wie eine Affenschaukel pendelte die Gondel hin und her. Er warf sich quer über den Kartentisch, um nicht gegen die heiße, gusseiserne Verblendung vor der Brennzelle und dem Heizkessel geschleudert zu werden. Brechreiz stieg in ihm hoch, er würgte ihn hinunter.
    »Das hält meine arme Roziere nicht aus!«, schrie der Kaiser. Er kniete vor dem Ruder und hielt sich an dessen Säule fest. »Wir werden abstürzen, wenn wir nicht in den nächsten Augenblicken die Gewitterfront verlassen! Wir werden abstürzen, das ist sicher!«
    »Lasst fahren dahin, o meine Brüder, lasst alles fahren und stürzen…!« Haggard hing schräg in seinem Sessel und stammelte. Vor seinem Fenster zuckten grelle Blitze auf. Die hoch aufgetürmten Wolkengebirge schienen hin und er zu wanken.
    De Roziers Finger rutschten von der Steuerrudersäule ab. Er verlor den Halt und schlidderte quer durch die Gondel, bis er mit dem Rücken gegen die Proviantkisten knallte. »Quelle calamité!« Auf Knien und Ellenbogen kroch er zurück zum Ruder. »Mon dieu, quelle misere!« Er richtete sich auf und starrte zu den Instrumenten. »Wir steigen nicht mehr, wir verlieren sogar an Höhe!«
    »Das heißt, wir stürzen ab?« Eisiger Schrecken fuhr Matt Drax durch die Glieder. De Rozier schluckte ein paar Mal, antwortete aber nicht. »Ich hab dich was gefragt, Pilatre!«, brüllte Matt. »Stürzen wir ab? Antworte!«
    »Wir müssen Ballast abwerfen!« De Rozier robbte

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