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216 - Jenseits von Raum und Zeit

216 - Jenseits von Raum und Zeit

Titel: 216 - Jenseits von Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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konnte.
    Er starb! Und mit ihm würde Gilam’eshs Geist sterben!
    Dann endlich, Sekunden nur vor dem Exitus, sah er die blau flimmernde Säule aus Licht und Energie heranziehen.
    Noch zweihundert Längen…. noch hundertfünfzig… hundertzwanzig…
    Im letzten Moment gelang es dem Geist des Tunnelfeldmeisters, den Wirtskörper zu verlassen. Seine Aura schwebte ins Freie und glitt hinein ins Tunnelfeld und bis zum energetischen Schattenfeld des großen Dickzahn-Wulrochs.
    Gerettet!
    In seiner Verzweiflung hatte der Tunnelfeldmeister versucht, den Körper eines Fisches im Ork’huzmeer zu übernehmen. Es ging nicht, es erwies sich einfach als völlig unmöglich. Die Gewissheit, schon wieder gescheitert zu sein, raubte ihm seinen letzten Lebenswillen.
    Als der Sog der Zeiten und Räume ihn dann vom letzten Schattenfeld weg tiefer und tiefer in das blaue Geflimmer hinein riss, merkte Gilam’esh erst, wie viel Kraft ihn der Versuch gekostet hatte, den großen Fisch zu übernehmen. Erschöpft überließ er seine Aura den Strömungen des Raumzeitfeldes.
    So sehr er seinen Willen auch konzentrierte, er war außerstande, zielgerichtet durch den Strahl zu wandern. Wie ein welkes Blatt im Sturmwind wirbelte seine Aura durch die Lichtrotationen und Spiralströmungen des Tunnelfeldes. Die unerhörten Kräften des Raumzeitgefüges warfen Gilam’esh hin und her.
    Er ließ es geschehen, wünschte sogar, die ungeheuren Kräfte würden ihn durch die Tunnelfeldwand pressen und so endgültig der Vernichtung preisgeben.
    Der Wunsch ging nicht in Erfüllung. Irgendwann spuckte der Zeitstrahl ihn wieder aus, und seine Aura wirbelte im Wasser durch die Haupthöhle der Tunnelfeldanlage auf dem Rotgrund.
    Etwa dreißig Längen vom Zeitstrahl entfernt gewann Gilam’esh die Kontrolle über seine Aura wieder, und er kehrte in den Strahl zurück. Als er eintauchte, hielt er inne, weil irgendetwas ihn seltsam berührte. Er sah sich um in der Haupthöhle. Nirgendwo entdeckte er mehr Wachen der Westbarbaren.
    Sollten sie etwa schon ausgestorben sein? War es denn so lange her, dass er zuletzt hier unten versucht hatte, den Körper eines Westbarbaren zu übernehmen?
    So still war es, so ohne jede Bewegung, dass Gilam’esh unheimlich zumute wurde. Sämtliches Leben auf dem Rotgrund schien ausgestorben zu sein. Und dann entdeckte er ihn. Zuerst sah er nur einen Schwall Bläschen hinter der Balustrade der mittleren Galerie aufsteigen. Ein Fisch, dachte er, doch im selben Moment glitt der Körper eines großen, quastenschuppigen Hydree über die Balustrade in die Haupthöhle hinein.
    Gab es also doch noch Leben auf dem Rotgrund?
    Es war ein großer, breit gebauter Patrydree mit schwarzbraunen Quastenschuppen, der da von der Balustrade weg dem Zeitstrahl entgegen schwamm. Seine Lippen, Finger und Zehen waren graublau und sein Schädelkamm von einem stumpfen, schmutzigen Braun.
    Der Patrydree sah krank aus, seine Schwimmbewegungen wirkten stark verlangsamt und erschöpft. Er tauchte, als müsste er den Widerstand zähen, dickflüssigen Wassers überwinden. Mit schwerfälligen Arm- und Beinbewegungen durchschwamm er die Haupthöhle bis etwa zur Hälfte.
    Dann hielt er inne und sank langsam dem Boden entgegen. Fast hatte Gilam’esh den Eindruck, dass er noch einmal den Zeitstrahl ins Auge fassen, sich selbst noch einmal sämtliche Gründe ins Bewusstsein rufen würde, die dafür sprachen, in das blaue Geflimmer zu tauchen. Oder hatte er etwa Angst vor diesem Schritt, sodass er zögerte? Gilam’esh machte sich bereit. Das war seine Chance! Jetzt war es doch so weit! Er wünschte sehnlichst, der große Westbarbar würde die kritische Zone der gefährlichen Zeitbeschleunigung so schnell wie möglich durchqueren.
    Und wahrhaftig – der tonnenartige Brustkorb des Patrydree blähte sich auf, als würde er noch einmal tief Luft holen, Luftbläschen stiegen aus seinen Kiemen, und endlich stieß er sich ab. Zuerst stieg er ein Stück aufwärts bis in die Höhe der Balustraden der dritten Galerieebene. Von dort aus dann schwamm er horizontal auf das Raumzeittunnelfeld. zu.
    Es schien, als würde die Nähe des Zieles die letzten Kraftreserven in ihm mobilisieren. Schneller und immer schneller tauchte der hünenhafte Westbarbar dem blauen Flimmern entgegen. Fast sah es aus, als würde das blaue Leuchten ihn ansaugen.
    Gilam’eshs Aura schwebte ebenfalls ein Stück nach oben, strebte der Stelle entgegen, an welcher der Patrydree in den Strahl eintauchen würde.

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