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2161 - Fünf Stunden Hölle

Titel: 2161 - Fünf Stunden Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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typischen Hintergrundrauschens. Dass die Kommandantin von der „Ruhe vor dem Sturm" sprach, bekam in der Medoabteilung kaum jemand mit.
    Die Zeit eilte dahin. Es war kurz nach zehn Uhr Bordzeit.
    Bré Tsinga massierte sich die Augenwinkel und danach die Wangenknochen. Mit einer knappen Handbewegung reduzierte sie das aktuelle Scan-Holo auf Normalgröße. Prak-Noy warf ihr einen forschenden Blick zu. „In den nächsten Wochen werde ich von Nervenzellen jeder Art träumen", sagte sie seufzend. „Non Synapsen und immer neuen Nervenverbindungen."
    „Wir sind nahe daran." In der Stimme des Chefmedikers schwang ein vorwurfsvoller Unterton mit. „Ich weiß", antwortete Bré. „Wir überlassen dem Syntron nur die Vorauswahl, alles andere ist fachliche Perfektion. Und Intuition." Die Scan-Aufnahmen, die eindeutige Belastungsspitzen auswiesen, waren der Glücksfall überhaupt. Mittlerweile hatten sie den Ursprung der Aktivität bis auf einen viertel Kubikzentimeter eingrenzen können, wussten aber immer noch nicht, wonach sie wirklich suchten. Nichts von dem, was sie anfangs in Erwägung gezogen hatten, ließ sich konkret ausschließen.
    Bré Tsinga tippte sich am Getränkeautomaten einen synthetischen Kaffee, schluckweise trank sie das dampfende Getränk, den Becher mit der Linken umschlossen, während sie mit der rechten Hand immer noch fiktive Nervenbahnen nachfuhr.
    Selbst als Bré für einen Moment die Augen schloss, sah sie noch dieses schier undurchdringliche Dickicht aus Zellkörpern, tastenden Zellenden und hauchdünnen Verbindungen vor sich und das Ganze erfüllt vom unaufhörlichen Flackern energetischer Vorgänge. Einfach ausgedrückt entpuppte sich jeder Gedanke als greller, sich vielfach verzweigender Blitz. Durch äußere Eingriffe gelähmte oder gar abgetrennte Zellen würden über kurz oder lang ebenso auffallen wie ein implantiertes künstliches Gebilde. Schwierig wurde es nur, das eine oder andere von den Veränderungen zu unterscheiden, die auf den Parkinson zurückzuführen waren.
    Schicht für Schicht arbeitete Prak Noy ab, Seine Finger huschten entlang der unzähligen Fasern, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
    Jedes Detail, das er berührte, wurde vom Bordrechner ausgeblendet.
    Gelegentlich zögerte er, ließ manchmal Nervenzellen stehen, die dann wie Stacheln aus dem Hologramm hervorragten, bis er sie schließlich doch löschte, sobald er weiter auf innere Strukturen vorgestoßen war.
    Vor einigen Jahrzehnten, wusste Bré Tsinga, wäre diese Methode nicht praktizierbar gewesen. Auch wenn es mitunter schien, als trete der technische und medizinische Fortschritt auf der Stelle, waren es gerade die kleinen, mitunter sogar unscheinbaren Entwicklungen, die immer wieder Verbesserungen brachten. Von der Mehrheit der Bevölkerung wurden sie gar nicht wahrgenommen.
    Sie stürzte den Rest des Kaffees hinunter und warf den Becher in den Müllschlucker. Flüchtig streifte ihr Blick einen der kleineren Bildschirme, Die LEIF ERIKSSON hing im niedrigen Orbit über einer Wüstenwelt. Keine Wolkenschleier trübten den Blick auf die rötlich bis gelb gefärbten Sandwüsten. Offenbar gab es sogar eine schwache Gashülle, denn entlang der Höhenzüge zeigte der Sand Formationen, wie sie nur von stetem Wind geschaffen werden konnten. Überrascht bemerkte Bré Tsinga, dass sie beinahe fünfzehn Minuten mit ihren Betrachtungen verbracht hatte. Sie reaktivierte ihren Abschnitt des Hologramms und war gleich darauf von einem schier unüberschaubaren Dschungel vergrößerter Nervenzellen umgeben.
    Ausgerechnet Bré stieß zwei Stunden später auf eine Erscheinung, die sie beinahe gelöscht hätte. In letzter Sekunde schreckte sie davor zurück, den kleinen Cluster mit den Fingerspitzen zu berühren, der nicht mehr als achtzehn bis höchstens vierundzwanzig Nervenzellen umfasste. „Prak-Noy, ich habe hier etwas. Eine ungewöhnlich symmetrische Struktur."
    Augenblicke später stand der Leiter der Bordklinik neben ihr. „Servo, Löschsequenz desaktivieren!" Seine Finger fuhren die Nervenfasern nach, drangen tiefer in das Hologramm ein und umfassten den Cluster. „Die äußeren Bereiche ausblenden!"
    Was blieb, war eine immer noch beachtliche Ansammlung, die sich aber nicht mehr vergrößern ließ. Hier stießen die technischen Möglichkeiten erstmals an ihre Grenzen. „Wir sind fündig geworden", behauptete Prak-Noy. „Es sieht aus wie eine natürliche Veränderung", murmelte Bré. Der Ara schüttelte

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