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217 - Der Unsichtbare

217 - Der Unsichtbare

Titel: 217 - Der Unsichtbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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die Erde… Ich habe eine kleine Höhle gefunden, die sicher zu sein scheint. Dort können wir uns ausruhen und warten, bis die Nacht vorüber ist.«
    »Ist die Roziere überhaupt noch flugfähig?«
    »Ich denke, ich bekomme sie wieder hin.«
    Erneut klangen Pilatres Worte nicht überzeugt.
    Matt betrachtete die schroffen Felsen, die großen Steine und die wenigen Pflanzen. Nicht weit entfernt stand eine windgepeitschte Schirmakazie, die den Bäumen glich, die er bisher in Afra gesehen hatte. Er versuchte sich an die größten afrikanischen Seen zu erinnern – und gab es auf. So sehr er auch versuchte sich abzulenken, die Furcht in ihm steigerte sich unerbittlich. Er wollte nicht den Rest seines Lebens als körperloser Geist umherwandeln!
    ***
    Matt betrat hinter seinen Gefährten die Höhle, die de Rozier entdeckt hatte. Der Kaiser öffnete die blaue Stofftasche und entzündete eine Fackel. Der Flammenschein legte sich flackernd auf die rotbraunen Wände. Die Höhle maß gut zwölf Meter im Quadrat und schien tatsächlich verlassen zu sein. Es war auch nichts zu sehen oder zu riechen, was auf einen Bewohner hindeutete. Keine Fäkalien, Haare oder toten Beutetiere. Dabei war sie als Wohnhöhle ideal, denn sie besaß im Zentrum einen Teich von vier Metern Durchmesser. Matt trat neben dem Kaiser an das stille dunkle Wasser, dessen Grund man nicht erkennen konnte.
    »Wir werden Abstand von diesem Teich halten, und ich übernehme die erste Wache«, erklärte der Kaiser entschieden. »Ruh dich aus. Bald ist das Gewitter vorüber, dann können wir die Roziere instand setzen und weiterfliegen.«
    »Und Matt zurücklassen?« Yann ballte die Hände zu Fäusten. »Er hat diese Gefahren deinetwegen in Kauf genommen, Pilatre! Und ich habe es ihm letztlich zu verdanken, dass meine Kopfschmerzen verschwunden sind!«
    »Wir suchen nach ihm, sobald es hell wird. Am besten aus der Luft.«
    Yann wirkte mutlos. »Aber bekommen wir die Roziere zu zweit denn überhaupt nach oben?«
    Ein feines Lächeln lag auf den Zügen des Kaisers. Matt bewunderte, wie er auch in dieser Situation die Kontenance bewahrte. »Wir müssen die Roziere nicht mit unserer Körperkraft hochheben, Yann. Das tut der Ballon für uns, so er noch heil ist. Und was unseren Aufenthaltsort betrifft: Die Vegetation weist darauf hin, dass wir uns noch immer in Afra befinden. Und da es hier nicht allzu viele Gewässer von der Größe dieses Sees dort draußen gibt, tippe ich darauf, dass wir weiter westlich am Tangaani-See gestrandet sind.«
    »Am Tangaani-See«, murmelte Yann schwach. »Ich habe viele schreckliche Geschichten über den See und seine Monster gehört…« Er zog seinen nassen Umhang aus und setzte sich ein Stück vom Teich entfernt auf den harten Boden. Er lehnte sich gegen den Felsen und war so rasch eingeschlafen, dass es fast unheimlich war.
    Matt ging verzweifelt neben de Rozier auf und ab. Was sollte er jetzt tun? Von Gilam’esh, wenn der ihn in diese Lage gebracht haben sollte, konnte er jedenfalls keine Hilfe erwarten. Er bedauerte das Schicksal, das den einstmaligen Freund ereilt hatte: Die lange Einsamkeit – über dreieinhalb Milliarden Jahre! – hatte ihm den Verstand geraubt. Gilam’esh hatte versucht, seinen Körper zu übernehmen, um dem Strahl endlich zu entkommen. Aber Matt hatte sich verständlicherweise gesträubt, einen irren Geist in sein Bewusstsein aufzunehmen, und war geflohen.
    Immerhin gab es einen winzigen Hoffnungsschimmer, dass Yann ihn auf irgendeine Weise wahrgenommen hatte. Er musste nur herausfinden, was der Auslöser dafür gewesen war.
    Während de Rozier drei Fackeln im harten Boden verkeilte, sich auf einen Stein setzte und mit dem Gewehr über den Oberschenkeln den Höhleneingang und den Teich im Auge behielt, konnte Matt sich nicht beruhigen. Er zog ruhelos seine Kreise in der Höhle. Die anderen sahen und hörten ihn nicht. Für sie war er verschwunden.
    Er blieb neben dem Kaiser stehen, legte seine Hand auf dessen weiße Perücke und senkte sie langsam. Obwohl er seine materielosen Finger nicht sehen konnte, mussten sie durch Pilatres Kopf hindurch gehen. Schaudernd zog Matt sie zurück.
    Warum konnte er eigentlich auf der ebenen Erde laufen? Weshalb war er nicht durch den Boden der Roziere gefallen? Musste er nicht eigentlich bis in den Erdkern hinabrutschen?
    Ein grauenvoller Gedanke. Aber irgendetwas hielt ihn auf der Oberfläche… vielleicht nur sein Wissen, dass man in festen Grund nicht einsank?
    Matt

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