2172 - Projekt Finsternis
aus mir, der ich bin. Es gibt mir die Kraft, selbst den Kosmokraten gegenüberzutreten - wie einst Hismoom. Und für eine Vielvölkerschaft einzutreten, die Verantwortung zu übernehmen, mit allen Konsequenzen.
Aber da war nun diese energische junge Frau, die genau wusste, was sie wollte, mit einem unbeugsamen Willen und der Tatkraft, alles zu erreichen. Die mir vorführte, wie viel Individualität bedeutete, und die Kreativität, die daraus erwuchs; der es völlig gleichgültig war, wen sie anschnauzte, wenn sie sich angegriffen fühlte. Ascari hatte keine Ressentiments; konsequent verfolgte sie ihre Ziele, nur auf sich konzentriert. Zweifelsohne würde sie eines Tages Bostich das Leben ziemlich schwer machen. Das gefiel mir am besten.
Ich versuchte, mich mit Gelu Kulates in Verbindung zu setzen und durch wohl dosierte Informationen eine beschleunigte Abwicklung zu erbitten. Aber ich konnte ihn nicht erreichen; also wollte ich den Vertreter sprechen, irgendeine wichtige Person auf jeden Fall. Man war überaus höflich, aber komplett ablehnend. Schließlich war ich nicht der einzige Besucher. Es liefen Tausende Anfragen gleichzeitig in Anguelas Büro ein, die bearbeitet und nach der Priorität sortiert werden mussten. Allerdings kamen hoffentlich nicht so viele Besucher aus fremden Galaxien, was die Sache wohl beschleunigen würde.
Also ging ich auf mein Zimmer, etwas anderes blieb mir nicht übrig. Dort war ich nicht lange allein. Ich hatte nicht einmal Zeit zu überlegen, was wir nun unternehmen sollten, als es klopfte. Ich war nicht überrascht, Ascari zu sehen. Die junge Arkonidin kam herein, ganz so, als wäre nichts geschehen. „Rhodan. Was tut ein Mann wie du in solch untätigen Momenten? Kennst du so etwas überhaupt: nichts tun?"
Ich nickte.„Durchaus. Früher nannte man das Urlaub. Ich hatte ein Haus am Goshun-See, in das ich mich zurückziehen konnte und wo ich ganz privat für mich war. Mein gegenwärtiges Anwesen in der Solaren Residenz hat mir allerdings auch schon angenehme Mußestunden beschert." Ascari blickte sich im Zimmer um. Standardeinrichtung: Antigravliege, Tisch, Sitzschalensessel, ein Holofenster, ein Terminal. Schlicht und langweilig, wie in jedem Hotel in jeder Galaxis. „Aber du hast hier nichts Vertrautes um dich, kein gutes Buch, keinen Film, keine Ablenkung", meinte sie trocken. „Nur dich."
„Das ist manchmal mehr als genug", versetzte ich ruhig. Sie stellte sich dicht vor mich und fixierte mich mit ihren fast hypnotisch wirkenden roten Augen. „Ich weiß, was in dir vorgeht", behauptete sie. „Du denkst, dass du keinen normalen Kontakt mehr pflegen kannst, weil du in den Augen der meisten über ihnen stehst. Du trägst die Verantwortung' über eine Galaxis oder mehr, und das schon seit Jahrtausenden. Jeder, der dir nahe - zu nahe - kommt, segnet früher oder später das Zeitliche, egal ob er einen Aktivator bekommt oder nicht. Daher schottest du dich ab. Gibt es da überhaupt einen Menschen unter der Schale? Wie lange ist es her, dass du eine Frau betrachtet hast? Ich meine, wirklich betrachtet?"
Ich hatte sie angesehen. Ascari hatte ja seit Anbeginn keine Gelegenheit ausgelassen, mich zu provozieren. Ich hatte sie schon öfter angesehen, als mir lieb gewesen war. Sie war schön, sie war jung, und ihr herausforderndes Wesen übte einen unwiderstehlichen Reiz auf mich aus. Sie war eine Gegnerin und annähernd... ebenbürtig. Die ständige Konfrontation mit ihr ließ das Blut schneller in meinen Adern kreisen. Gucky hatte das ganz richtig erkannt. „Seit wann interessiert es dich, was in mir vorgeht?", gab ich kühl zurück. „Du trägst keinen Zellaktivator. Du ahnst nicht, was es bedeutet, unsterblich zu sein.
Für dich ist es unnötig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Und bitte vergiss nicht, in welchen Positionen wir uns befinden. Wir haben ein Zweckbündnis geschlossen, nicht mehr und nicht weniger."
Sie lachte plötzlich. „Ich bedaure dich, einsamer Mann."
„Das ist auch alles, was du tun kannst, Ascari", sagte ich spöttisch. „Ich lasse mich von dir nicht manipulieren, bilde dir nichts ein. Du hast ein waghalsiges Spiel getrieben. Nun sind wir beide an einem Punkt angelangt, wo wir mehr denn je aufeinander angewiesen sind. Und ich möchte behaupten, du noch mehr als ich. Denn ich war schon in der Vergangenheit. Du auch? Kannst du den Zeitunterschied begreifen, der uns von allem trennt, was wir kennen, was uns etwas bedeutet? Kannst du erfassen, was
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