2172 - Projekt Finsternis
blickten uns alarmiert an, dann starrten wir auf die Holoprojektionen, die die Paläste von innen und außen aus verschiedenen Perspektiven zeigten. Und dann - begannen sie sich aus der Planetenkruste zu erheben!
Ich umklammerte die Lehnen meines Schwebesessels so fest, dass meine Handknöchel weiß wurden. Ich nahm an, mein Gesicht wurde nicht weniger weiß. Gebannt starrte ich auf die Holos, die deutlich zeigten, dass ich mich nicht irrte, dass es keine optische Täuschung war. Durch die Fenster sah ich die benachbarten Gebäude langsam absinken, unter uns verschwinden. Wir flogen! „Und nicht nur das", sagte Anguela, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Die Paläste sind überlichttauglich. Sie verfügen über einen Teleport-Antrieb und eine extrem starke Bewaffnung." Aber das war es nicht, was mich so in Angst und Schrecken versetzte. Ich hatte keine Gelegenheit, mich über dieses wahre Wunderwerk zu äußern, über die geniale Konstruktion, über die Weitsichtigkeit und Weisheit des Lichtvolks.
Denn die Paläste waren nicht sieben Türme, sondern nur einer. Es war ein einziges, zusammenhängendes Gebilde, das sich unter gewaltigen Staublawinen aus dem Erdboden hob, der gemeinsame Unterbau der Ausleger war bisher subplanetarisch, tief verborgen gelegen, ein wahres großes Geheimnis, das niemand je erahnt hätte. Ich betrachtete das gesamte Gebilde auf den Holos, das so gigantisch, so ausladend war, dass keine einzelne Außenkamera es erfassen konnte. Ich musste das Gesamtbild in meinem Kopf zusammensetzen.
Und ich erkannte es. Wenn man sich die vielen liebevollen Details wegdachte, die kunstvollen Aufbauten, Kuppeln, wenn man das alles reduzierte auf Funktionalität ... „O mein Gott!", entfuhr es mir. Mein Magen drehte sich um. Meine Hand zitterte, als ich mir die Schweißperlen von der Stirn rieb. Ascari saß neben mir, sie sah genau dasselbe, hatte es im gleichen Moment erkannt. Sie war so blass wie ein Leichentuch. „Sie ist es", flüsterte die Mascantin tonlos. „Die Festung der Inquisition der Vernunft."
„Was ... was hast du damit vor, Anguela?", fragte ich heiser. „Es ist mein stärkstes militärisches Machtmittel" ,antwortete der Verkünder. „Ich werde es am Rand der Calditischen Sphäre stationieren. Niemand kommt daran vorbei."
„Das kannst du nicht tun!", stieß ich hervor. „Glaub mir, Anguela, das ist unmöglich. Du musst ... dieses Ding verstecken, zerstören, was auch immer. Aber du kannst damit nicht in den Krieg eingreifen."
„Sei kein Narr, Perry Rhodan, etwas Besseres als diese Waffe gibt es nicht. Ich werde den Krieg im Handumdrehen damit beenden, diese Burg ist nicht angreifbar, unbesiegbar."
„Das ist wahr", sagte Ascari. „Und nun kommt alles so, wie es kommen muss. Wie wir es dir von Anfang an sagten. Es gibt keinen Ausweg, und vielleicht glaubst du uns jetzt endlich. Denn in einhundertsechzigtausend Jahren, in unserer Gegenwart, wird man die Calditischen Paläste als die unbesiegbare, unüberwindliche, Furcht und Schrecken verbreitende, legendäre Festung der Inquisition der Vernunft kennen." Anguela stockte für einen Moment, das Glühen seiner Augen flackerte. Er schien allmählich die Tragweite unserer düsteren Prophezeiungen zu begreifen. Die Wahrheit unserer Voraussagen, die Unabänderlichkeit.
Die Zukunft, die wir kannten, würde der Thatrix-Zivilisation den Untergang bringen, spätestens dann, wenn die Paläste dem Feind in die Hände fielen. Nur was aus Anguela, dem Verkünder der Heiligen Mutter, wurde oder noch werden würde, wussten wir nicht. Manches lag noch im Dunkeln.
Es wurde jedenfalls dringend notwendig, zu handeln. Wir wussten nicht, wie viel Zeit Anguela noch blieb. Und die JOURNEE war im Queigat-System. Ich hoffte, dass Tiff Kontakt zu ihr aufnehmen konnte. Dass sie nicht verloren war.
Mit stetig zunehmender Geschwindigkeit fügten sich die Dinge zusammen, Baustein für Baustein, und unsere Chancen schwanden ebenso rasend dahin, die Vollendung verzögern zu können. Schweigend betrachtete ich die Holo-Aufnahmen. Wir erreichten gerade mit den Palästen den Orbit und nahmen Kurs auf die Raumstation mit der LEIF ERIKSSON.
ENDE
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