2173 - Der Ultramagnet
was mit den Besatzungsmitgliedern geschehen würde, die im Tradom der Vergangenheit zurückbleiben mussten, und die Angst breitete sich rasend schnell wieder in ihm aus und legte sich eiskalt um sein Herz.
Der Emotionaut atmete tief durch und drehte den Kopf. Als sein Blick auf das fingerkurze, dunkelbraune Haar Raye Coronas fiel, ließ die Furcht einen Moment lang nach, nur um dann verstärkt zurückzukehren. Er streckte die Hand nach der schlanken Tefroderin aus, wagte aber doch nicht, sie zu berühren. Er wollte sie nicht wecken. Zim November erinnerte sich daran, wie verletzt er gewesen war, als er erfahren hatte, dass seine Freundin Julie sich von ihm trennen wollte. Wie weh es getan hatte, plötzlich wieder allein zu sein. Er hatte das Gefühl gehabt, abserviert worden zu sein. Auf einmal war ein fester Bestandteil seines Lebens nicht mehr vorhanden gewesen. Es hatte ihm wehgetan. Sehr weh.
Als wäre sie gestorben. Obwohl sie ihn nur verlassen hatte. Aber genau das war es, was ihn dermaßen kränkte. Verletzte. Ihm zu schaffen machte. Sie hatte ihn verlassen. Ihm lapidar mitgeteilt, dass das Leben, das sie führten, nichts für sie war.
Dass sie sich etwas anderes vorgestellt hatte. Dass sie es mit ihm nicht mehr aushalten konnte. Einfach so. Von einem Augenblick zum anderen war es vorbei gewesen. Sie hatte noch nicht einmal den Mut gehabt, es ihm persönlich zu sagen. Sie hatte ihm einen Brief zugestellt, den er empfangen hatte, während er in Tradom für sie flog und kämpfte. Für sie und alle anderen Bewohner der Milchstraße.
Es tat nicht nur weh, es war grausam. Weil er keine Chance mehr hatte, sie zu überzeugen, wie sehr er sie liebte. Weil alles nur einseitig war. Weil er keine Möglichkeit zur Reaktion mehr hatte. Weil er vor AGLAZAREN und brennenden Schiffen fliehen und gegen sie kämpfen musste, aber Julie nicht zurückholen konnte.
In diesem Augenblick hatte er .sie gehasst. Schlichtweg gehasst. Sie und sich, das Universum und den ganzen Rest. Dann hatte er in Andromeda Raye kennen gelernt.
Er wusste nicht, ob er die Trennung schon überwunden hatte; der Schmerz in ihm war jedenfalls ungebrochen gewesen.
Und er hatte sich wieder verliebt. Es war einfach geschehen; er hatte nicht darauf hingearbeitet, nicht einmal gehofft. Es hatte sich ergeben. Es war ein obskurer Zufall gewesen, dass sie sich kennen gelernt hatten. Doch von dem Augenblick an, in dem er die Tefroderin zum ersten Mal gesehen hatte, wusste er, dass er sie liebte. Wusste er: Sie ist es! Weshalb hatte er sich in sie verliebt? Ihr Aussehen? Sicher, sie sah verdammt gut aus. Aber das war es nicht allein. Nicht einmal in erster Hinsicht.
Es war ihr Wesen. Wie sie sprach. Wie sie Zusammenhänge erklärte. Dass sie viel klüger war als er, sogar auf Gebieten, die er als sein Metier ansah. Er liebte das alles.
Er hatte mit ihr über den Rudimentsoldaten gesprochen, über seine Krankheit. Sie hatte es ihm erklärt. Verständlich für einen Laien. Und irgendwann hatte er den Kopf vorgebeugt, und ihre Stirnen hatten sich berührt, obwohl er sie am liebsten geküsst hätte, aber sie hatten in der Messe gesessen, diesem großen, kalten Raum, in dem alle sie beobachten konnten, und er hatte gesagt: „Ich finde es richtig gut, wie du mir das erklärst. Du vermittelst es so gut, ich weiß genau, ich muss keine Zwischenfragen stellen." Und sie sah ihn an und fragte: „Meinst du das jetzt ironisch?"
Er liebte sie wegen dieser Bemerkung. Aber nein, er meinte es nicht ironisch, sondern genau so, wie er es gesagt hatte. Er meinte es ehrlich. Sie auch. Die Zukunft stand ihnen offen. Es war diese Vertrautheit, die er verspürte. Vom ersten Augenblick an.
Eine Vertrautheit, die ihm verriet: Sie denkt, wie du denkst. Sie ist es. Sie ist dein Leben. Wie hatte er Julie so schnell vergessen können? Nun ... so schnell war gut. Wie viele Monate waren vergangen? Wie viele Lichtjahre war er von ihr entfernt? Vierhundert Millionen? In seinem Geist waren es vierhundert Milliarden.
Es war unvorstellbar. Er hatte Raye gesehen und sich in sie verliebt. Jeder Augenblick, den er mit ihr verbrachte, vertiefte diese Liebe. Irgendwann, sehr bald, würde der Zeitpunkt kommen, da er nicht mehr ohne sie leben konnte. Ach was. Er machte sich etwas vor. Dieser Zeitpunkt war schon längst erreicht. Seine Verzweiflung und das grausame Gefühl, allein zu sein, waren von ihm abgefallen.
Wo er zuvor nur Leere und Dunkelheit für seine persönliche Zukunft gesehen
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