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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Hethiterkönigs, den er ohnehin nur den »Elenden von Chatti« zu nennen pflegte, gefiel ihm sichtlich. Seine Offiziere fielen in das Lachen ein. Nur Nefertari, an die sich die Offiziere längst gewöhnt hatten, blieb ernst. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Elende von Chatti Furcht vor uns hegt, mein starker Stier«, sagte sie. »Das hat er in den letzten Jahren nicht getan, und warum sollte er es also jetzt tun? Die Hethiter sind tapfere Kämpfer, den unseren durchaus ebenbürtig und an Zahl nicht unterlegen. Ich traue der Sache nicht.«
    Ramses pflegte sonst durchaus auf Nefertari zu hören, aber dieses Mal blieben seine Ohren ihren Worten verschlossen. Im fünften Jahr seiner Regierung zog der junge Pharao mit seinem ganzen Heer von rund zwanzigtausend Mann nach Syrien, um die strategisch wichtige Feste Kadesch von den Hethitern zurückzuerobern. Sein Vater Sethos hatte sie einst erobert, doch fernab ägyptischer Autorität war der Festungskommandant danach sofort wieder zu den Hethitern übergelaufen. Ramses hatte also noch ein Hühnchen mit diesem Kommandanten zu rupfen.
    In Wirklichkeit aber ging es um viel mehr, nämlich um die ägyptische Vorherrschaft in Syrien, die die Hethiter zu brechen versuchten, indem sie eine Allianz mit den zahlreichen dort ansässigen Kleinstaaten gegen das Reich am Nil schmiedeten. Ramses wollte sich das nicht gefallen lassen und Stärke zeigen. Er gedachte die Hethiter nicht nur aus Syrien zurückzudrängen, sondern die ägyptischen Grenzsteine weit in deren Land hineinzuversetzen.
    Ohne den geringsten Zwischenfall war das pharaonische Heer hierher gekommen, fast so, als sei es auf den Straßen Ägyptens gewandert. Kadesch war nur noch eine Stunde entfernt. Seit Ramses den Fluss Orontes hoch zog, hatte er seine Divisionen getrennt. Sie marschierten im Abstand von etwa zehn Kilometern hintereinander. Eine seltsame, sorglose, fast arrogante Taktik, die folgender Absicht Ramses entsprang: »Ich will dem Elenden von Chatti zeigen, dass meine Soldaten so zahlreich wie die Sandkörner der Wüste sind und meine Macht ebenso groß. Vor einem Heerwurm, so lang, dass er vom Nil bis in die Länder der syrischen Fürsten reicht, soll er erzittern.«
    Kurz vor Kadesch brachten die Kundschafter zwei weitere Gefangene an. Ihre Körper wiesen Spuren von Folterung auf. Sie erzählten, dass sie Spione Muwatallis seien und der Großkönig der Hethiter mit einem riesigen Heer hinter Kadesch lauere, um über die ägyptischen Truppen herzufallen.
    Ramses stieß einen lauten Schrei aus. Sein zahmer Löwe, der am goldenen Thron angekettet war und den er überall hin mitnahm, sprang auf und ließ ein lautes Brüllen hören.
    Voller Wut, auf eine billige Kriegslist der Hethiter hereingefallen zu sein, ließ der Pharao seine Generäle zur Lagebesprechung rufen. Sie hatte noch nicht richtig begonnen, als hinter den Hügeln von Kadesch plötzlich Staubwolken aufstiegen. Unverhofft brachen die Hethiter aus ihren Verstecken hervor. Zweitausendfünfhundert Streitwagen, jeder mit drei Kämpfern besetzt, preschten in breiter Phalanx auf den Orontes zu, an dessen anderem Ufer sich die Division Amun aufhielt. Wasser spritzte hoch, als die Streitwagen in den Fluss fuhren, das Kriegsgeschrei der Hethiter ließ den bis dahin ahnungs- und sorglosen Ägyptern das Blut in den Adern gefrieren.
    Panik brach aus, als sich ein erster Pfeilhagel über Ramses’ Soldaten ergoss und sie reihenweise niederstreckte. Die Truppen des Pharao konnten sich nicht mehr ordnen. Voller Angst rannten sie wie die Hasen nach allen Seiten und wurden in Scharmützel verwickelt.
    »Sie sind feige, mein Geliebter, sie lassen dich im Stich!«, rief Nefertari dem Pharao zu. »Ich tue das nicht, denn ich bin nicht feige. Nun gilt es, zu retten, was zu retten ist.« Nefertari zog ihren Lederhelm über und sprang auf ihren Streitwagen. »Los, Heb, fahre den Hethitern entgegen!«, befahl sie ihrem Wagenlenker.
    Heb, einem ansonsten mutigen Mann, stand ebenfalls die Angst ins Gesicht geschrieben. »Königin, das ist Selbstmord«, krächzte er, und sie konnte ihn zwischen Waffengeklirr und Todesschreien kaum hören.
    Sie funkelte ihn an. »Fahr!«
    Heb nickte ergeben. Er nahm die Zügel in die Linke und den Schild, mit dem er die Königin zu schützen hatte, in die Rechte. Dann trieb er die beiden Pferde an und preschte auf die gegnerischen Streitwagen zu. Geschickt fing er mit dem Schild einige Pfeile ab, während Nefertari selbst begann, Pfeil

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