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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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interessierten sie die beiden Tempel in den südlichen Grenzländern, die Ramses als ewiges steinernes Zeichen ihrer großen Liebe errichten ließ.
    Nachdenklich wandelte Nefertari durch die Hallen des kleineren Tempels. Nach dem offiziellen Empfang durch den Kommandanten der Festung von Abu Simbel war sie direkt hierher gekommen, weil sie mit sich und ihren Gedanken alleine sein wollte. Deswegen trug sie noch das Nemes-Kopftuch mit der Uräusschlange, den Zeremonialbart und den Krummstab, jene Insignien also, die die Pharaonen bei offiziellen Anlässen als Zeichen der Macht anlegten. Ramses ließ es nicht nur zu, dass auch sie diese pharaonischen Insignien trug, er wünschte es sogar ausdrücklich.
    Nefertari seufzte und betrachtete die steinernen Wandbilder, die von ihrem Ruhm kündeten und sie bereits an die Seite der Götter rückten. Wie immer hatte sie sich mit eigenwilligen Mustern geschminkt und trug ein durchsichtiges Kleid aus zartestem Linnen. Sie war stolz auf ihren schönen Körper und fand nichts dabei, ihn dem Volk zu präsentieren. Ramses hatte ob dieses Umstandes zuerst deutlichen Unmut gezeigt. Nun aber war er stolz darauf, weil alle Welt sah, was er alleine berühren durfte. So hatte sie es ihm begreiflich gemacht.
    Ursprünglich hatte Ramses die beiden Tempel, von denen einer ihm und der andere ihr geweiht war, gleich groß bauen wollen. Doch Nefertari selbst hatte sich widersetzt. Denn sie wollte, dass das Volk wieder Ramses als unumschränkten Herrscher anerkannte. Seit ihrer triumphalen Rettungstat bei Kadesch sahen viele im Reich in ihr die wahre Herrscherin – und Ramses lediglich als Marionette ihres Willens. Das aber war er nicht und würde es niemals sein.
    Sollten die Figuren, die sie gleich groß zeigten, bestehen bleiben. Aber sie würde den königlichen Baumeister anweisen, alle weiteren Figuren von ihr wesentlich kleiner zu gestalten, so wie es sich für Königsgattinnen geziemte. Das würde im Reich die Runde machen und sein Ansehen war wiederhergestellt.
    Niemand brauchte zu wissen, dass Ramses zwar ein tapferer Mann war, dass ihn die Flügel des Verstandes aber tatsächlich nicht allzu hoch trugen. Dass tatsächlich sie die wahre Königin war!
    ***
    Kiegal, Hauptstadt der Huutsi
    Zentralafra, November 2523
    Koroh, der Schamane der Huutsi, schlüpfte in das blutrote, bis zum Boden reichende Gewand, das er allein tragen durfte. Dann setzte er sich die rundum laufende Federkrone aufs Haupt und legte sich die Kette aus Crooc-Zähnen um den Hals, die ihm seine Nichte Elloa zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. Schließlich hängte er sich die Singenden Scheiben an seine Ohren. Diese Heiligtümer der Huutsi hatten er und Yao in einem abgekarteten Spiel dazu benutzt, um den verbrecherischen Prinzen Banyaar schlussendlich zu Fall zu bringen. [3]
    Koroh seufzte. Er nahm seinen armlangen, reich verzierten Stab an sich und strich fast zärtlich über den menschlichen Totenschädel, der auf dem einen Ende steckte. Das Zepter gehörte wie die Singenden Scheiben zu den Insignien seiner Macht.
    So gerüstet verließ Koroh sein Haus und ging zum Rektorat. Das Versammlungshaus der Huutsi lag am Hang von Papa Lava, direkt unterhalb des mächtigen Palastes. Vierzehn der sechzehn Ältesten hatten sich bereits eingefunden. Koroh als Oberlehrer hatte nicht nur das Privileg, sondern geradezu die Pflicht, als Letzter zu kommen, denn dies wurde als Zeichen seiner Würde gesehen.
    In der Versammlung der Ältesten hatte normalerweise auch der König Sitz und Stimme, unabhängig von seinem Alter, so wie der Schamane auch. Koroh war einigermaßen erstaunt, dass sein Freund Yao der Versammlung fern blieb, obwohl er ihn persönlich informiert hatte. Nahm er sie so wenig Ernst? Nun, er konnte nicht gezwungen werden.
    Als der am ganzen Leib zerschlagene Drogbah, auf einen Stock gestützt, in den Versammlungssaal humpelte, ging erstauntes Murmeln durch die Reihen der Ältesten. Ruundu erhob sich, ging um den Tisch herum und legte den Arm um die Schulter seines Sohnes. »Was ist dir passiert, Drogbah? Bist du unter eine Dampf-Rakeet geraten?«
    »Nein, keinefwegf«, nuschelte der Geschundene, dem seit der nächtlichen Attacke mehrere Zähne fehlten. »Ich wurde mit Nachdruck gebeten, nicht vor der Konferenf aufzufagen. Aber ich tue ef troffdem, denn ich laffe mich von den Schergen def Königf nicht einschüchtern.«
    Die Ältesten hörten sich an, was Drogbah zu sagen hatte. Vor allem der brutale Überfall

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