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2181 - Die Liebenden der Zeit

Titel: 2181 - Die Liebenden der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Architekt: „Diese grüne Ballung ist ein Zeitbrunnen-Potenzialfeld. Es wurde auf dem Nachbarkontinent hergestellt und in der speziell entwickelten Brunnenschale in unsere Fabrik transportiert. Die Schale neutralisiert alle Störeinflüsse. Wir werden sie minimieren müssen, aber erst ist es wichtig, die Funktion des Potenzialfelds zu prüfen."
    Seine Zufriedenheit schien sich in ein euphorisches Glücksgefühl zu verwandeln. Bis zu den Ellbogen steckten seine vier Arme in Licht-Leitfeldern, die jede noch so minimale Bewegung registrierten. Auf diese Weise steuerte der Architekt das von Tausenden Sensoren überwachte grüne Leuchten bis in die Mitte der Halle. Die Vielzahl der Skalen, Amplituden und Schemata war unüberschaubar. Sobald Le versuchte, sich auf einige dieser Anzeigen zu konzentrieren, verschwammen sie auch schon vor ihren Augen. Unmöglich, in der Vielfalt den Überblick zu bewahren. „Bislang ist alles in Ordnung", stellte Curcaryen fest. „Ich verstehe nicht, was Makkaler falsch machen konnte ..." Anyante fieberte wie alle anderen Algorrian in ihrer Nähe. Ein Zeitbrunnen... Sie verstand die hinter dieser Entwicklung stehende Absicht: in Nullzeit gigantische kosmische Entfernungen überwinden. Die Sternenschwärme sollten diese Brunnen auf ihrer Reise durch die Unendlichkeit mitführen. Das Leuchten wurde dunkler. Im gleichen Maß, wie es dem Boden entgegensank. Unglaubliche Empfindungen schlugen von allen Seiten her über Anyante zusammen. Anspannung, Zuversicht, Glück, die Hoffnung auf ein neueres, noch imposanteres Projekt...
    Das Potenzialfeld krallte sich in den Boden. Eine andere Bezeichnung für den Vorgang hatte Le Anyante nicht. Es sah in der Tat aus, als greife das nahezu verblasste grüne Leuchten nach dem Metallbelag. Es begann, den Boden aufzufressen. Schwärze breitete sich aus. Ein gestaltloses, unheimlich wabern des Loch entstand. Scheinbar zwei Körperlängen durchmessend. Ein Nichts ...
    Ein düster gähnendes Nichts, aus Raum und Zeit herausgestanzt, als hätten alle Gesetzmäßigkeiten in diesem Bereich ihre Gültigkeit verloren. „Der Zeitbrunnen ist stabil!" Der Triumph in Varantirs Ausruf fuhr Le Anyante durch Mark und Bein. Sie erschauerte angesichts des Spiels mit der Unendlichkeit.
    Ihr Frösteln wurde intensiver, als die Schwärze pulsierte. Jeder eigene Herzschlag schien eine Entsprechung im plötzlichen Zucken dieses ... Nichts zu haben.
    Es war ein unregelmäßiges Schlagen, hektisch und bedrohlich im einen Moment und im nächsten von unglaublicher Ruhe geprägt. Le Anyante wollte etwas sagen, aber nur ein heiseres Ächzen quoll über ihre Lippen. Sie spürte, dass die Techniker mit einem Mal wie versteinert auf das Loch starrten, unfähig, etwas gegen die Degeneration zu unternehmen. Varantir war es, in dessen Gedanken der Begriff „Degeneration" auftauchte. Le spürte es, weil sie weiterhin durch ihre Fähigkeiten mit ihm verbunden war. Mitunter glaubte sie, wirklich Gedankenfetzen erkennen zu können. Von solchen Erfahrungen berichteten viele Fundament-Stabilisatoren.
    Der Zeitbrunnen pulsierte unregelmäßig - und unkontrollierbar. Erste düstere Blitze zuckten in die Höhe, schon einen Lidschlag später verschmolzen sie mit der Deckenkonstruktion, schienen den Stahl aufzubrechen und die Schwärze wie ein flammendes Fanal auszuweiten. Das pulsierende Nichts wuchs, von der Kälte der Unendlichkeit umweht, und drohte nicht nur die nächststehenden Algorrian, sondern sogar die gesamte Experimentalfabrik zu verschlingen.
    Jemand schrie gellend auf. Die Faszination des Unheimlichen fiel von Anyante ab. Sich herumwerfen und fliehen war ihre erste instinktive Regung. .Aber zu spät! Der Boden schien nachzugeben, schloss sich wie mit gierigen Fängen um ihre Fesseln und zerrte sie an sich. Aus weit aufgerissenen Augen verfolgte Le, wie die Schwärze an ihr emporquoll. In dem Moment war es vorbei, mit ihrer mühsam aufrechterhaltenen Beherrschung. „Nein!", brüllte sie aus Leibeskraft. „Ich will nicht sterben!" Die Schwärze weitete sich aus, zuckend und von heftigen konzentrischen Wogen getragen, als hätte jemand einen Stein ins Zentrum geworfen. Die Architekten unternahmen herzlich wenig, um die Gefahr einzudämmen. Le Anyante suchte Varantirs Blick, aber er beachtete sie nicht einmal. „Curcaryen, du stinkender Bock, du bist unfähig!" Ihre Stimme überschlug sich. „Deine Arroganz ist abscheulich."
    Endlich blickte er sie an. Was er sagte, verstand Le nicht.

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