2183 - Mit den Augen der Cishaba
bekannte Fall von umgekehrtem Persönlichkeitstausch", sagte Roi. „Uns interessiert darum besonders, wie es dir ergangen ist."
„Es war wie ein Schock, als ich mich plötzlich in diesem zuckenden und um sich schlagenden fremden Körper wiederfand ... und von einer Schar Insektoiden umgeben war."
„Erzähl bitte genau, was passierte!", verlangte Roi. Dalia Argula schwieg einen Moment lang. Dann erzählte sie: „Ich fand mich in dem fremden Körper, in dem auch das Bewusstsein des Kohinoko Nauminhen, des eigentlichen Besitzers, anwesend war. Er versuchte mich zu verdrängen und die Oberhand über meinen Geist zu bekommen. Das führte dazu, dass sein Körper unkontrollierte Bewegungen vollführte. Ich konnte durch seine Augen sehen, wie seine Gliedmaßen zuckend um sich schlugen. Der Körper fiel zu Boden. Ich fand mich in ihm nicht gut genug zurecht, um ihn kontrollieren zu können.
Während dieses Kampfes schnappte ich eine Fülle von Gedankensplittern des Kohinoko Nauminhen auf. Ich erfuhr seinen und den Namen seines Volkes ... dass das gigantische Objekt, in dem sie alle leben, KRO'GOM'ATHO heißt ... dass es ihr Auftrag ist, alles Sein zu vernichten ... Darunter verstand er alles Leben, aber auch alles, was Leben fördert. Seine verzweifelten Gedanken verrieten mir, dass das höchste Wesen im KRO'GOM'ATHO Zattokura heißt und dass der Oberste Vollstrecker die Befehle gibt. Zattokura könnte sein Gott sein, was weiß ich. Kohinoko Nauminhen lebt in der Millionenstadt Gomath, aber es gibt mehrere solcher Städte im KRO'GOM'ATHO. Und jede verfügt über einen Obersten Vollstrecker ..."
Dalia Argula machte eine Pause. Dann sagte sie: „Ich werde diese Details später zu Protokoll geben. Im Moment bin ich überfordert."
„Hast du erfahren, ob das KRO'GOM'ATHO ein Himmelskörper ist?", wollte Roi wissen. „Nach Kohinoko Nauminhens Empfinden lag seine Stadt unter der äußeren Schale - oder Hülle - des KRO'GOM'ATHO. Seine Gedanken implizierten, dass es sich dabei um ein künstliches Objekt handelt."
„Und wie erging es dir weiter?"
„Das geistige Ringen um den Cishaba Körper und dessen heftige Abwehrreaktionen sorgten für Aufsehen. Plötzlich sammelte sich eine Menge von Insektoiden an. Sie sahen so aus, wie Sinjune Toria sie in ihrem Doppelwelt-Erlebnis geschildert hat. Ich sah sie jedoch genauer, in allen Einzelheiten.
Ich werde das noch genauer protokollieren. Sie wirkten äußerst misstrauisch, wollten wissen, was mit mir passiert sei ... Ich verstand ihre Sprache, als wäre es die meine ... Sie wirkten aber auch ratlos, weil sie vermutlich noch nie einen Cishaba gesehen hatten, der sich dermaßen gebärdete. Ich versuchte, die Menge zu beruhigen, konnte aber nur stammeln ... wegen des Widerstandes von Kohinoko Nauminhen.
Ich merkte jedoch, wie seine Gegenwehr nachließ, je länger das Ringen dauerte. Ich bin sicher, dass ich die Oberhand bekommen hätte ... Aber wollte ich das überhaupt? Ich hätte den Körper am liebsten sofort wieder verlassen, wusste aber nicht, wie das ging. Ich hatte auch nicht die Ruhe, mir das zu überlegen. Jedenfalls gelang es Kohinoko Nauminhen für einen Moment, über mich zu dominieren. Er rief seinen Artgenossen zu: Ich bin verdammt.
Ein Unreiner beherrscht mich! Das brachte die Menge ziemlich auf, wie ihr euch vorstellen könnt." Dalia Argula grinste schwach. „Wir gelten bei den Cishaba als unrein. Wir sind Ungeziefer für sie."
„Wie ist dir schließlich die Rückkehr in deinen Körper gelungen?", wollte Roi wissen. „Die Cishaba sind über Kohinoko Nauminhen hergefallen", antwortete die Funkerin. „Ich nehme an, dass sie ihn getötet haben und somit mein Geist wieder frei wurde. Ich habe seinen Tod nicht bewusst miterlebt. Ich habe mich auf einmal in meinem Körper wiedergefunden." Die kleine Ferronin schwang sich aus dem Bett und stieß den Medorobot zurück, der sie daran hindern wollte. „Ich bin völlig in Ordnung und gehe auf meinen Posten", sagte sie. „Zuerst das Protokoll, Dalia", verlangte Roi. „Deine Aussagen könnten für uns überaus wichtig sein."
*
Roi hatte sich in seine Kabine zurückgezogen, um Dalias Protokoll in Ruhe zu studieren. June fühlte sich deswegen ein wenig vor den Kopf gestoßen. Ein Gefühl, das sie tatsächlich selbst überraschte. Sie hatte insgeheim erwartet, dass er sie nicht ausschloss, sondern mit ihr die neu gewonnenen Erkenntnisse erörterte. Nach allem, was sich zwischen ihnen entwickelt hatte. Sie
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