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2183 - Mit den Augen der Cishaba

Titel: 2183 - Mit den Augen der Cishaba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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beherrschte. Aber selbst die Reflexionen der Facettenaugen waren nicht sprühend und leuchtend, nicht farbenfroh, sondern wirkten düster wie alles hier. Genauso musste Roi in seinem neuen Körper aussehen. „Was ist mit dir passiert?", fragte einer der umstehenden Cishaba. Und ein anderer: „Du wirkst so hinfällig. Was stimmt nicht mit dir?" Roi wusste nicht, wie die Situation ein zuschätzen war. Und ob das Misstrauen von Hishmatuuns Artgenossen Gefahr bedeutete. Er forschte in Hishmatuuns Geist und holte sich von dort auch die richtigen Antworten. Zusammen mit dem, was er aus Dalias Erlebnisbericht wusste, glaubte er, richtig reagieren zu können. „Es ist nichts weiter", sagte Roi durch den Mund seines Gastkörpers. „Ich hatte lediglich Kontakt mit einem Unreinen, habe dann aber ein rasches Todeserlebnis herbeigeführt. Es war geradezu elementar, so gewaltig, dass es mich hingestreckt hat." Das entrang den Cishaba krächzende Laute des Neides und der Bewunderung. Die Menge begann sich daraufhin zu zerstreuen.
    Roi atmete innerlich auf. Er erfuhr aus Hishmatuuns Geist, dass für ihn kaum Gefahr der Entdeckung bestanden hätte. Denn kein Cishaba wäre je auf den Gedanken gekommen, dass er von einem „Unreinen" übernommen werden könnte. Demnach hatte sich der Vorfall mit Dalia nicht herumgesprochen. Roi forschte in Hishmatuuns Geist weiter, um sich möglichst umfassendes Wissen über die herrschenden Zustände und die Kultur der Cishaba zu verschaffen. Hishmatuun erschien für den Moment, da Roi keinerlei Hintergrundwissen hatte, als schier unerschöpflicher Quell an Informationen. Doch zeigte sich bald, dass er alles andere als ein Wissensträger war. Er war bloß ein Priester der Vollstreckung, wie etwa ein Viertel der Cishaba. Es gab zahlreiche niedriger Gestellte, aber auch etliche Auserwählte, die über den Priestern standen. Als allwissend schätzte Yashino Hishmatuun nicht einmal den Obersten Vollstrecker Algakira Tufune ein, dem das Privileg zustand, die regelmäßigen Todesmessen zu leiten.
    Allein Zattokura war allmächtig. Zattokura, der gute Geist des KRO'GOM'ATHO. Die vielen neuen Begriffe, die so plötzlich auf Roi einstürmten, verwirrten den Terraner zuerst. Aber zum Glück war er dank Dalias Erlebnis nicht ganz unwissend, so dass er allmählich Ordnung in seine Gedanken bekam. Er konnte die Religion und die Riten der Cishaba in groben Zügen verstehen.
    Yashino Hishmatuun wirkte mit anderen Cishaba in einem Tempel von schier pharaonischen Ausmaßen. Sie huldigten Zattokura, der den Tod brachte. Hishmatuun besaß keine rechte Vorstellung vom Aussehen dieses Todesgottes. Er konnte ihm keine mythologische Gestalt zuweisen. Er hatte ihn noch nie zu sehen bekommen. Zattokura war unsichtbar, nicht greifbar, aber allgegenwärtig. Den Tod im Namen Zattokuras im Universum zu säen, das war die einzige Aufgabe der Cishaba. Aus diesem Grund waren sie auch in diese Galaxis entsandt worden, die viele ihrer Bewohner als Milchstraße bezeichneten.
    Ihre Mission beschränkte sich jedoch nicht auf die Methode, der sie sich bisher bedient hatten. Es ging gar nicht darum, Lebewesen geistig zu versklaven und sie in einem Strudel von Gewaltexzessen in den Tod zu schicken. Das war bloß ein Nebeneffekt. Gewissermaßen ein Nervenkitzel für die Cishaba und ein Vorgeschmack auf den bevorstehenden eigentlichen Akt der Vernichtung. Nicht allen Cishaba war die Gabe gegeben, andere Wesen, sterbliche „Unreine", geistig zu beherrschen und sie nach ihrem Willen zu manipulieren. Die meisten Cishaba waren dazu nicht imstande und blickten neidisch auf ihre Artgenossen. Yashino Hishmatuun begann sich zu fragen, ob er überhaupt dieses Talent besaß, obwohl er es bisher geglaubt hatte. Denn bei seinem ersten Manipulationsversuch war er von einem starken Geist zurückgeschlagen worden.
    Und bevor er einen zweiten Versuch hatte unternehmen können, war er selbst Opfer geworden - durch Roi, der seinen Körper beherrschte wie eine Marionette. Vielleicht, so grübelte Hishmatuun, hatte er seine Gabe aus irgendwelchen Gründen verloren und würde nie wieder auf einmalige Weise ein Todeserlebnis haben können. Vielleicht, so mutmaßte er, war er mit Entzug seiner Gabe bestraft worden, weil er ein Zweifler war. Roi erkannte, dass in Hishmatuuns Geist ketzerische Fragen brannten. Er dachte nämlich darüber nach, ob die Cishaba überhaupt organisch geborene Wesen waren.
    Sie hatten keine Vergangenheit, es gab in ihrem Volk keine

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