2186 - Der neue Souverän
hast uns verlassen, aber du wirst ewig bei uns sein. Das sind wir dir nicht nur schuldig, das ist uns ein Bedürfnis.
Damit auch die Generationen, die uns folgen werden, dich niemals vergessen, taufe ich die allen bekannte Glutzone hiermit zum Gedenken an dich in Anguelas Auge um. Anguelas Auge, das über jeden Planeten wacht ... Und die Sprache, die wir alle sprechen und die uns eint, wie du uns geeint hast, wird von diesem Tag an Anguela-Idiom heißen ..." Er seufzte bedeutungsschwanger.
Das war erst der Anfang einer langen, langen Rede, aber in Gedanken war der Souverän der Vernunft bereits bei dem Gespräch mit Prai Go Kijo.
Obwohl der Roboter ihm kaum Bewegungsfreiheit gestattete, gelang es Prai Go Kijo, die vier Arme vor der gepanzerten Brust zu verschränken. „Es ist unmöglich!", zischte er stimmlos. „Wir haben uns bemüht, doch was unmöglich ist, können auch wir nicht bewerkstelligen!"
„Dann versucht es erneut!", sagte Uknadi. „Und noch einmal! Es gibt Unsterblichkeit. Sie ist möglich.
Glaubst du etwa, dieser Cairol sei sterblich?"
„Dieser Cairol ist ein Roboter!"
„Alles spricht dafür, dass er zuvor ein Lebewesen war. Meinetwegen verwandle auch mich in einen Roboter. Oder stelle einen Klon von mir her! Aber mach mich und meine Helfer unsterblich!"
So etwas wie Verschlagenheit legte sich in den Blick des Insektenabkömmlings. „Warum sollte ich alles daransetzen, zu erfüllen, was du verlangst, Souverän der Vernunft? Nachdem du zahllose Genetiker als Drohung hast meucheln lassen ..."
„Weil ich sonst dich töten lassen werde!", sagte Uknadi kalt. „Und du weißt, was für ein Tod dich erwartet!" Ergeben senkte der Genetiker von Kaaf den Kopf. „Tu, was du nicht lassen kannst. Es ist uns nicht gelungen, dich unsterblich zu machen, und es wird uns auch nicht gelingen. Wir haben euer Leben verlängert, deins und das der Inquisitoren, aber mehr ist uns nicht möglich. Wir sind am Ende unserer Kunst angelangt."
Der Souverän der Vernunft spürte, dass der Progenetiker von Kaaf die Wahrheit sagte. Er gab ein Zeichen, und der Roboter stieß dem Genetiker die Injektionsspritze ins Auge. Es dauerte lange, bis Prai Go Kijos blaugrünes Chitin-Exoskelett sich rot verfärbte. Und noch länger, bis es schließlich Blasen schlug und sich dann langsam auflöste. Das Insektenwesen starb langsam.
Genau, wie Sickz Uknadi es ihm angedroht hatte. Und wie es Uknadi gefiel.
Der Souverän der Vernunft hob die Hand. Die Bewegung fiel ihm schwer, und als er schließlich die Wärme anderer Finger ertastete, war es eine Erleichterung für ihn. „Stok Olani", flüsterte er. „Mir ist so kalt."
„Ich bin hier", sagte sein Meisterschüler und erkorener Nachfolger leise. „Siehst du mich denn nicht, Souverän?" Sickz Uknadi sah gar nichts mehr. Auch die Hand, die sich um die seine schloss, wurde immer kälter. Alles Licht, alle Wärme schien sich von ihm zurückzuziehen, vor der eisigen Kälte zu fliehen, die sich immer schneller in ihm ausbreitete.
„Ich kann es dir leichter machen, Souverän", flüsterte Olani. „Ich kann dir Wärme suggerieren und ewig anhaltendes Glück. Du wirst die schönsten Augenblicke deines Daseins immer wieder erleben und ..."
„Nein", krächzte Uknadi. „Ich will es bewusst wahrnehmen. Alles. Auch diesen Augenblick, wie ich immer alles bewusst wahrgenommen habe. Vielleicht offenbart sich das Rätsel mir ja, das sich uns allen stellt ... irgendwann stellen wird ..."
„Wie du wünschst, Souverän." Aber die Kälte fraß sich unerbittlich in sein Inneres, lenkte seine Gedanken von dem großen Rätsel ab und zwang sie ins unermessliche Reich der Erinnerungen.
Er sah Cairol vor seinem inneren Auge, hörte, wie er von dem Ultramagneten sprach, von der Killerwelle. Er sah die Umwälzungen, die das Reich des Glücks zerschmetterten. Hunderte von Millionen, von Milliarden Toten zogen an ihm vorbei, erwiesen ihm die Ehre wie die Vertreter der Inquisition der Vernunft, als er zum Souverän gekürt worden war. Und er sah Anguela. Nein, es war Anguela II, der Klon, den die Genetiker von Kaaf für ihn geschaffen hatten. Das war ein kluger Schachzug gewesen. Die Installation des Doppelgängers hatte im neuen Reich Tradom tatsächlich eine bleierne Ruhe geschaffen. Und dann zogen Jahrzehnte, Jahrhunderte an ihm vorbei, als wären es Sekunden, und er spürte den Hauch der Zeit und fröstelte noch stärker.
Zwar hatten die Valenter anfangs fast täglich neue Nester von Eltanen
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