2188 - Gekapert
schon war er so klein wie ein Molekül. Wurde nach oben gezogen. Und absorbiert von einer porösen, schwammigen Masse.
Ein weiterer unausgesprochener Kurzbefehl, und er glitt durch ein Labyrinth, das von Zellen gebildet wurde, halb organisch, halb künstlich. Dunkelheit raste, schneller als das Licht, von einer Synapse zur anderen.
Curcaryen trabte ohne Eile in die Richtung, aus der die meisten und zugleich stärksten Impulse eintrafen.
Hektik war unangebracht. Was hier Stunden zählte, entsprach in der so genannten Realität nicht einmal einem Wimpernschlag.
Aus den Kellern, Katakomben und Kasematten führte eine breite, gut griffige Rampe nach oben ins Schloss. Wächter und Kastellane wollten Paro-len wissen. Curcaryen nannte sie ihnen, ohne nachdenken zu müssen..
Im Hauptraum der Zitadelle lag auf einer verschimmelten Matte ein uralter Algorrian. Seine grau umflorten Augen waren in unendliche Fernen gerichtet, nahmen den Eindringling nicht wahr.
Dennoch schlich Curcaryen auf Zehenspitzen an ihm vorbei in die Bibliothek. Er suchte und fand den Gesamt-Index.
Dann, erstmals, zögerte er. „Atlan" hätte sich angeboten, am besten verknüpft mit „Kosmokraten" und „SOL". Aber das konnte er immer noch abfragen. Zuerst wollte er „Tekener" erledigen.
Knisternd öffnete sich der entsprechende Band.
Tekener, Ronald („Tek"). Geboren am 14. Juni 2373 alter Zeitrechnung. 1,91 Meter groß; schwarzes, glattes Haar; pockennarbiges Gesicht; hellblaue Augen; die Frisur trägt ernach Art der Arkoniden lang bis auf die Schultern.
Der athletisch gebaute USO-Spezialist (Fachgebiet Kosmo-Psychologie) war schon zu Beginn seiner Karriere als Spieler und wildverwegener Draufgänger bekannt.
Er ist Zellaktivatorträger, daher relativ unsterblich im Alter von 36 Jahren, mentalstabilisiert und hat ein fast fotografisches Gedächtnis. Dazu kommt eine überragende Intelligenz, Logik und Reaktionsschnelligkeit.
Seinen Spitznamen „Smiler" bekam er wegen seines berüchtigten Lächelns in brenzligen Situationen. Er zeigt es immer dann, wenn er kurz davor steht, einem Gegner den entscheidenden Streich zuzufügen. „Ich fühle mich geehrt", sagte der uralte Algorrian lächelnd.
Curcaryen scheute, ging instinktiv hinter einem Hängeordnerschrank in Deckung, schämte sich dafür. „Na, na, na", spottete der Bibliothekar, der lautlos in der Tür des Bücherpferchs erschienen war. „Du bist schneller eingedrungen, als ich gedacht hätte, Varantir. Fast zu schnell. Kompliment!"
Seine Schnauze überzog sich für einen Augenblick mit Narben. Doch diese verschwanden ebenso schnell wieder wie die glattschwarze Mähne, die sich entlang seinem Rückgrat gebildet hatte.„Lass dich nicht aufhalten", sagte er, die Tentakelbarten spöttisch unter dem Kinn verschränkt. „Schlag nach, wo du willst. SENECAS Datenspeicher stehen dir offen. Wir haben nichts zu verbergen."
5.
Verstecken und Fangen Jäh bäumte sich Curcaryens Körper auf - als hätte ihn ein Schuss getroffen oder ein Stromschlag.
Dann brach er in die Knie, von Krämpfen geschüttelt.
Weißlicher Schaum trat aus seinem zu einer Grimasse verzerrten Mund.
Tödlich erschrocken versuchte Le Anyante ihren Liebsten zu stabilisieren. Sie schlang alle vier Arme um ihn. Dabei streifte sie einen der Hocker. Die Saugschale fiel zu Boden und zersprang klirrend.
Was sollte sie tun? Das Potenzial-Gitter desaktivieren, das immer noch seinen Kopf umgab?
Der Schock, den das abrupte Trennen einer derart intensiven Verbindung mit sich brachte, konnte bleibende geistige Schäden verursachen. Dennoch war Le nahe daran, das Potenzial-Werkzeug abzuschalten.
Da schien sich Curcaryen wieder zu fangen. Herzschlag und Atmung beruhigten sich ein wenig. Das Schlottern der Gliedmaßen ließ nach.
Was ist geschehen? Was geschieht mit ihm, mit uns?
Anyantes Kopf fuhr herum, als hinter ihr die Tür aufging. „Bitte erschrick nicht!", sagte die fellbesetzte Zweibeinerin, die sich Dao-Lin nannte. „Deinem Mann passiert nichts, meinem hoffentlich ebenso wenig. Sie halten nur gerade eine etwas ungewöhnliche Konferenz ab. Und ich finde, auch wir zwei haben etwas zu besprechen."
„Was wollt ihr von mir?", rief Alaska. „Wieso spioniert ihr mir nach?"
Sie waren zu dritt und ziemlich perplex. Er hatte sie mit seinem Seiltrick getäuscht und dann überrumpelt. „Wir unterstehen der wissenschaftlichen Abteilung", sagte der eine kleinlaut. „Tangens dem Falken", ergänzte der andere.
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