2188 - Gekapert
für eine Sadistin halte?"
Le Anyante schoss und traf.
Dao-Lin-H'ay fiel um wie ein Brett.
Abgesang (III) „SENECA!", schreit mein Sohn, schreit es in mir. „Da drin steckt SENECA!"
Oh ja, ich weiß, Arlo, ich weiß. 125.000 Kubikmeter ursprünglich von der Hundertsonnenwelt stammendes Zellplasma. Eine nervenähnliche Masse, von der Menge her ausreichend, um echte Intelligenz zu entwickeln. Das ist die eigentliche „Seele" der SOL; inVerbindung mit den positronischen Elementen bildet sie SENECAS „Pseudobewusstsein".
Umgeben ist der Kern von 1.679.616 Bioponblocks, deren vernetzte Ausläufer das Plasma durchziehen.
Diese Balpirol-Halbleiter stellen die Verbindungseinheiten zwischen organischen Nervenbahnen und positronischen Leitern dar. Die Umsetzung von organischen Impulsen in technisch nutzbare Symbolgruppen erfolgt über die Hypertoyktische Verzahnung der Bioponblocks.
Und dieses Wunderwerk aus Technik und reinem Geist, SENECA selbst, höchstpersönlich, wird in vierunddreißig, nein dreiunddreißig Sekunden alle Schutzschirme abschalten; wird sich und die SOL den Urgewalten der Sonne Ansorja ausliefern; wird sein Ende und das unserer SOL besiegeln. „Das ist furchtbar! Das darf nicht sein!"
Arlo weint. Ich weine mit ihm. „Es muss eine andere Lösung geben", fleht mein Sohn. „Einen Trick, eine Rettung in letzter Sekunde, ein ... ein Zauberwort!"
Ich kann längst nicht mehr sprechen. Nur in Gedanken die Antwort geben, sosehr sie auch schmerzt: Das wüsste ich aber.
6.
Ein Tag davor Der Raum, in dem Tekener saß, war abgedunkelt. Er befand sich in der Alpha-Zentrale-SENECA, innerhalb der Panzerstahl-Kugelschale, die das fünfhundert Meter durchmessende Bordgehirn umschloss.
Nur wenige Personen hatten hier Zutritt; Tek gehörte zu ihnen.
SENECA hatte ihm den Raum sowie die benötigte Rechenkapazität zur Verfügung gestellt. Nicht ohne Protest: Mehrfach hatte der Bordrechner darauf hingewiesen, dass es ein schwer abzuschätzendes Risiko darstellte, den Algorrian mitsamt seiner überlegenen Potenzial-Technologie so nahe an sich heranzulassen.
Mitspielen hatte er gleichwohl müssen: Als stellvertretender Expeditionsleiter war Tekener weisungsberechtigt. SENECA durfte sich ihm nicht verweigern.
Tek blickte ins Dunkel und versuchte sich vorzustellen, wie Curcaryen Varantir die Situation erlebte.
Die Holos, die SENECA lieferte, waren angesichts der kurzen Vorbereitungszeit nur grobe Skizzen.
Ortsangaben im virtuellen Raum, gehspickt mit Auflistungen darüber, was sich in den jeweiligen Datenspeichern befand, die der Algorrian soeben durchwühlte.
In mörderischem Tempo. Tek kam kaum mit dem Lesen der Überschriften nach. Aber er weilte ja auch „außerhalb", bestenfalls „dazwischen", nicht wie Varantirs Geist voll und ganz „drinnen". Die Darstellung seiner virtuellen Persönlichkeit musste er SENECA überlassen.
Hoffentlich lässt er mich nicht pausenlos grinsen oder an den Narben herumfummeln ...
Nach einer undefinierbaren Zeitspanne bewegte sich das Icon, das für den Potenzial-Architekten stand, wieder auf Tekeners Position zu. „Nun?", fragte er. „Hast du dich vergewissert, dass unsere Angaben der Wahrheit entsprechen?"
„Jegliche Ansammlung von Informationen lässt sich manipulieren." Die Stimme aus dem Lautsprecher klang täuschend echt: mürrisch, muffig, miesepetrig durch und durch. „Nicht in dieser Menge", entgegnete Tek, „und wohl kaum binnen weniger Stunden. Oder willst du ernsthaft unterstellen, wir flögen mit einem ganzen Bordrechner voller gefälschter Daten quer durchs Universum? Warum sollten wir das tun?"
„Darum. Weil ihr uns täuschen wollt. Einlullen, in Sicherheit wiegen. Und dann für eure Zwecke missbrauchen."
Tek hob eine Augenbraue. Er registrierte sehr wohl, dass ihn der Algorrian neuerdings zwar unfreundlich und gereizt behandelte, jedoch merklich weniger von oben herab.
Das immerhin scheint aufzugehen. In diesem Setting sieht er mich als seinesgleichen - also zumindest ungefähr gleichrangig. Da tut er sich um einiges schwerer, mir jegliche Existenzberechtigung abzusprechen. „Außerdem steuern wir Tulacame 2 an, justament so, wie ihr es gewünscht habt."
„Willst du mich anlügen?", erzürnte sich Varantir. „Derzeit fliegt dieses hässliche Monstrum von Schiff nirgendwo hin, sondern verbirgt sich in der Korona einer Sonne. Seit ... einundfünfzig Minuten eurer Zeiteinteilung."
„Nicht mehr lange, Freund, mit Sicherheit nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher