Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2192 - Wider den Seelenvampir

Titel: 2192 - Wider den Seelenvampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
dem Tod seiner Gefährtin immer stärker gepackt hatte. „Ich kann in euch lesen wie in einem geöffneten Datenstamm", fuhr er fort, wollte ihnen keine Gelegenheit zu zu viel Spekulation bieten. „Vielleicht denkt ihr, ich sei dem Wahnsinn verfallen, auch krank - oder was auch immer. Aber ich kann euch versichern, ich sah noch nie klarer als heute, als in diesem Moment. Ich sammle mich, um zu euch in der Weise zu sprechen, die ihr von mir erwarten dürft. Als Gleicher unter Gleichen, als Opfer unter Opfern. Denn nichts anderes sind wir. Ich bin mir sicher, dass ihr euch dessen bewusst seid, in jedem wachen Moment eures Lebens. Wir sind alle nur Opfer."
    Sterak Tikanath schaute ihn direkt an. „Wie meinst du das?" Der Hyperphysiker wirkte nervös, und Postal überlegte bereits, ob er der Belastung standhalten konnte.
    Auch die anderen Wissenschaftler reagierten nervös. Sie gaben unkontrollierte Lautfolgen von sich, einige zuckten auf ihren Sitzen. Aber keiner von ihnen sprang auf, keiner verließ den Raum - obwohl ihnen schon jetzt klar sein musste, in welche Richtung das Gespräch gehen würde. Jeder Augenblick, den sie zögerten, machte nun alles nur noch schlimmer und erlaubte ihnen praktisch nie eine glaubwürdige Distanzierung von Postal Evvys Plänen. „Wir alle leiden in diesen Tagen -schwerere Zeiten sah noch niemand von uns", fuhr der 6-D-Mathematiker fort. „Der Souverän der Vernunft wandelt häufiger denn je durch die Hallen des Hortes, und wir alle wissen, wie wir uns zu verhalten haben, wenn wir ihm begegnen sollten. Denn wir kennen und respektieren das heilige Gesetz, das da lautet: Kein sterbliches Wesen darf einen Inquisitor schauen! Wer ihm begegnet, der senkt sein Haupt, blickt zu Boden und harrt des Urteils, das da lautet auf Leben oder Tod ..."
    Postal musste den versammelten Wissenschaftlern nicht sagen, dass ihnen normalerweise nie etwas geschehen konnte. Man wusste im Hort, dass die Inquisitoren immer wieder einmal über Planeten wandelten und dort das Leben der Bewohner nahmen. Die Diener des Systems, zu deren treuesten die Ehrwürdigen Wissenschaftler gehörten, waren aber stets verschont geblieben. „Ich selbst habe dies mehr als einmal im Hort ertragen, bislang ohne Schaden. Aber die Zeiten haben sich geändert. Der Souverän hat sich verändert. Er ist ...hungriger geworden, unduldsamer. Wie oft sind wir, ein jeder von uns, in seiner Nähe schon gestorben, auch wenn wir überleben durften? Die Angst hat uns in den großen Abgrund blicken lassen. Die Angst hat unser Denken umflort. Die Angst regiert uns, denn der Souverän ist die personifizierte Furcht."
    Niemand widersprach, nicht einmal Sterak Tikanath wagte ein Wort. Die Art, wie sie an seinem Mund klebten und jedes seiner Worte förmlich in sich aufsogen, sagte jedoch nichts über den Ausgang der Begegnung aus. Es konnte enden, wie Postal Evvy es sich erhoffte -oder in der totalen Katastrophe.
    Im Stillen beglückwünschte er sich zu ,den getroffenen Vorkehrungen. Gleichzeitig jedoch bereiteten sie ihm ein dumpfes Unbehagen, weil es ihn daran erinnerte, dass er dabei war, sich auf eine Stufe mit demjenigen zu begeben, den er zu stürzen versuchte.
    Für einen Moment wurde Postal Evvy von einem Schwindelgefühl heimgesucht. Die ganze Dimension seines Vorhabens wurde ihm bewusst und stürzte auf ihn ein. „Der, von dem ich spreche ..." Es war, als fände er Halt an seinen eigenen Worten, und fast hastig wandte er sich wieder an seine Untergebenen. „Der Inquisitor nimmt in diesen dunklen Zeiten viele wertvolle, viele unersetzliche Leben, und es ist, als bedeuteten sie ihm nichts, nicht das Geringste - abgesehen vom Nährwert, den sie für ihn besitzen mögen. Oder wie immer man den grausamen Effekt beschreiben mag, der ihm ihre Lebensenergie zuführt und ihn stärkt - auf Kosten Unschuldiger."
    Er stand immer noch, hütete sich, selbst Platz zu nehmen. Solange die anderen Dhyraba'Katabe zu ihm aufschauten, konnte er sich ihrer uneingeschränkten Aufmerksamkeit gewiss sein; zudem stützte es seine Autorität. Manchmal waren es diese kleinen Dinge, die größte Wirkung erzeugten.
    Aber ganz gleich, womit er sich zu beruhigen versuchte: Tatsache war, dass in dieser ganz speziellen Situation er und nicht der Souverän mit ihren Leben, mit ihren Empfindungen spielte. Und wenn sie sich gegen ihn entschieden, wenn sie ihm die Loyalität aufkündigten ...
    Postal Evvy mied den Gedanken wie die Berührung eines ansteckend Kranken. „Mir

Weitere Kostenlose Bücher