Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
21st Century Thrill - Mind Games

21st Century Thrill - Mind Games

Titel: 21st Century Thrill - Mind Games Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
Vom Netzwerk:
absolut in Ordnung für mich, wirklich“, wiegelte Kris ab. Es war überhaupt nicht in Ordnung. Aber noch mehr Stress konnte er im Moment nicht brauchen.
    „Na dann!“ Erleichtert knüllte Jon die leere Pappschachtel zusammen. „Hast du Lust, bei Frances vorbeizuschauen? Ich brauche ein paar frische Songs.“
    „Klar.“ Kris war im Augenblick so ziemlich alles egal. Vals Ausdrucke steckten im Bund seiner Jeans, aber er konnte sie jetzt nicht lesen. Sein Kopf war voller Ängste, Fragen, Zweifel. Ein einziges Durcheinander von Vibrationen, die seinen Schädel zum Bersten bringen wollten. Deswegen folgte er Jon ins Café Frances, wo man außer Kaffee, Bagels und Berliner Weiße auch iTunes-Karten, Prepaid-Karten fürs Handy und allerhand andere Kleinigkeiten kaufen konnte.
    Frances war Nigerianer. Er kannte Jon. Die beiden teilten denselben Musikgeschmack. Rock- und Punkbands. Am liebsten die Beatsteaks.
    „Weil die aus Berlin sind“, erklärte Frances und grinste. „Die Jungs haben eine neue CD gemacht: Boombox . Kennste?“, fragte er Kris, während er von Jon 15 Euro für iTunes abkassierte. „Brauchst du auch was?“
    „Ich bin klamm“, murmelte Kris.
    Sie gingen langsam zurück in die Petersburger Straße.
    „Ich muss meinen Vater anrufen“, sagte Jon, während er die Haustür aufschloss. „Der hat mir gefühlte hundert SMS geschickt.“
    Die Luft in der Wohnung roch abgestanden. Kris ging ins Band und hielt den Kopf unter den Hahn. Das kalte Wasser betäubte das dumpfe Dröhnen in seinem Hirn. Er bekam mit, wie Jon mit seinem Vater sprach. „Kris pennt für ein paar Tage hier“, hörte er ihn sagen. „Nee, geht klar. Alles im grünen Bereich.“
    Kris rubbelte sein Haar halb trocken und betrat Jons Zimmer. Es war ziemlich klein. Aber weil die Räume fast vier Meter hoch waren, hatte sein Vater ihm ein Hochbett gebaut. Darunter sammelte Jon alles, was ihn interessierte; hauptsächlich alte Zeitungen. Ausgaben vom Tagesspiegel , von der Welt und der Zeit , feinsäuberlich nach Datum sortiert. Etliche Nummern des Berliner Straßenmagazins Motz lagerten Kante auf Kante in einer Pappschachtel. Außerdem waren da Magazine auf Englisch und Deutsch. Time und Spiegel . Nicht zu übersehen, dass Jon unbedingt mal Journalist werden wollte. Kris wäre nie auf die Idee gekommen, sich so viele Zeitungen zu kaufen. Eine alte Spiegelreflexkamera saß wie ein Monsterinsekt auf einem Stapel unberührter Notizblöcke. Kris fragte sich, ob Jon die Blöcke sammelte, um irgendwann damit als Reporter in die Welt hinauszuziehen und alle Storys einzufangen, die dort herumgeisterten.
    „Ich brauche noch ein paar mehr Regale“, sagte Jon entschuldigend und wies auf zwei turmhohe Stapel Geo Wissen in der Ecke.
    „Wo ist eigentlich dein Vater?“
    „Er ist einer großen Sache auf der Spur. Schreibt eine Reportage und muss vielleicht sogar nach Russland fliegen, um Informanten zu treffen.“
    „Russland?“
    „Toller Job, oder? Würde mir total raushängen.“ Begeistert kickte Jon seine Nikes weg. „Als Journalist hast du mit voll spannenden Leuten zu tun. Kannst Themen aufwerfen und die Leser mit der Nase auf linke Dinger stoßen. Wenn du Artikel schreibst, kannst du wenigstens was machen gegen das Unrecht in der Welt.“
    Kris las nie Zeitung. Auch nicht im Internet. Er informierte sich aus dem Fernsehen, und das auch nur, wenn er zufällig an eine Nachrichtensendung geriet. Am liebsten guckte er Sport. Eigentlich konnte er sich nicht vorstellen, dass gruselige Typen, die linke Dinger drehten, sich von Zeitungsartikeln beeindrucken ließen.
    Jon ging ins Arbeitszimmer seines Vaters und startete den Rechner. Während er ausbaldowerte, welche Musik er runterladen wollte, versuchte Kris, sich auf Vals Ausdrucke zu konzentrieren. Er sortierte alle Papiere auf drei Stapel: Einer handelte von Glinka InterLabs. Manche waren auf Englisch. Kris stöhnte. Das auch noch. Eine zweite Garnitur Texte befasste sich mit einem Pharmakonzern namens Volan-Chem. Damit konnte Kris noch weniger anfangen.
    Mit einem unterdrückten Stöhnen legte Kris die Papiere weg. Schließlich widmete er sich der dritten Kategorie: Das waren Aufsätze, die Kris weder mit Glinka InterLabs noch mit Volan-Chem in Verbindung bringen konnte. Es ging um HIV-infizierte Blutkonserven, Lernschwäche, Impfungen und Autismus. Langsam überkam ihn das große Gähnen. Bestimmt war es kein Zufall, dass Jon bei Val zum Zug kam und nicht er, Kris. Die beiden waren

Weitere Kostenlose Bücher