21st Century Thrill - Mind Games
auf dem besten Weg zu einer Psychose ist, wenn sie so weitermacht.“ Sie legte zwei Zehner auf den Tisch.
„Psychose?“ Kris wurde schwindelig.
„Frühe Symptome sind Reizbarkeit, Unruhe, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit. Stimmungsschwankungen. Sozialer Rückzug. Na, dämmert was?“
„Bevor ich ins Landschulheim gefahren bin, war Aki wie immer“, entgegnete Kris.
„Ich muss dringend los, Kris!“ Ellen stand auf. „Ich habe noch einen Termin. Sieh zu, dass du Aki überzeugst, sich von einem Psychiater behandeln zu lassen. Dann bestehen gute Chancen auf Heilung. Wenn sie ihren Zustand verschleppt, wird es kritisch. Mach’s gut!“
Sie stöckelte davon, Richtung U-Bahn.
Schrott, dachte Kris. Irgendwas ist faul mit Ellen.
Ausgebrannt jedenfalls kam ihm Akis Freundin nicht vor. Im Gegenteil: Diese Geschichte, die sie ihm gerade untergejubelt hatte, war genau das Gegenteil von dem, was Aki über sie erzählt hatte. Wenn sie das nicht verdächtig machte …
Kapitel 16
„Ich hab’s versaut“, murmelte Kris. Er war mit der U2 bis Rosa-Luxemburg-Platz gefahren, wo er auf Val und Jon traf. Nun saßen sie im Bus nach Friedrichshain. Kris gab in groben Zügen das Gespräch mit Ellen wieder. Er war unzufrieden mit sich selbst und zum Winseln müde. Gleichzeitig machte ihn die Sorge um Aki aber total hibbelig. Es war kaum auszuhalten. Die Dunkelheit hatte sich auf Berlin herabgesenkt. Sorglos ließen sich die Leute durch die warme Nacht treiben. Ihm kam es so vor, als wäre er der einzige Mensch in dieser riesigen Stadt, der von seinen Problemen überwältigt wurde.
Grüblerisch kaute Val auf ihrer Unterlippe. „Ihren eigenen Burnout hat sie abgestritten?“
„Sie hätte bloß mal eine Verschnaufspause gebraucht.“
„Du hast ihr nicht gesagt, dass Aki weg ist?“
„Nein. Ich kam nicht dazu. Sie hat selbst geredet wie ein Buch. Aber was seltsam ist: Ellen ist so anders als meine Schwester! Nie im Leben hat Aki sich dieser Tussi anvertraut“, brach es aus Kris heraus. „Kapiert ihr? Einer Spießerin im Kostüm! Über solche Karrieretypen mit Aktenmappen lästert Aki sich einen ab!“
Val legte ihre schmutzigen Füße auf das Polster neben Kris. Sie hatte lange, kräftige Zehen.
„Aber dass Aki verändert war, hat sie bestimmt mitgekriegt. Dir ist es ja auch gleich aufgefallen.“ Val kramte einen Packen Papiere aus ihrer Tasche und hielt ihn Kris hin. „Hier. Habe ich für dich ausgedruckt.“
Klar, dachte Kris. Val und Jon hatten wenigstens Zeit gehabt, etwas Sinnvolles zu machen, während er den ganzen Nachmittag bis zum späten Abend am Potsdamer Platz herumhing. Und das Sinnvolle hatte bestimmt nicht ausschließlich darin bestanden, irgendwelches Zeug aus dem Internet zu saugen oder Klein-Lisa und zehn andere Satansbraten zu beaufsichtigen! Kris wollte gar nicht dran denken.
„Lest das Zeug und macht euch Gedanken. Wir sehen uns morgen.“
„Kommst du nicht mit zu mir?“, fragte Jon verdattert.
„Nee, Boys. Ich muss meiner Mom helfen. Die Kinderfetenreste wegräumen.“
Der Bus hielt. Val sprang auf, winkte und hüpfte hinaus. Kris und Jon blieben perplex sitzen.
Zwei Haltestellen weiter stiegen auch sie aus dem Bus.
„Irgendwie hat Ellen gemauert“, dachte Kris laut nach, während sein Kumpel auf seinem Handy rumklickte. „Warum konnte sie nicht zugeben, dass es ihr selbst schlecht ging?“
Jon hob die Schultern. „Ich glaube, Ellen sagt die Wahrheit. Sie wollte ein paar Tage ausspannen. Dabei ist ihr aufgefallen, dass Aki nicht okay ist. Na und? Wahrscheinlich wollte sie sich die freien Tage nicht verderben!“
Kris stöhnte leise. Vielleicht hatte Ellen recht, und Aki sah die Wirklichkeit verzerrt? Psychosen sind psychische Erkrankungen, die mit dem zeitweiligen Verlust des Realitätssinnes einhergehen .
Wollte Aki von ihrem eigenen üblen Zustand ablenken, übertrug kurzerhand ihre Probleme auf ihre Freundin und behauptete deshalb, Ellen hätte ein Burn-out-Syndrom?
„Mir knackt der Magen“, sagte Jon. „Sollen wir uns was beim Chinesen holen?“
Sie bestellten im Hang-Fok-Imbiss um die Ecke Ente mit Ananas auf gebratenen Nudeln. Sorgenvoll betrachtete Kris den Inhalt seines Geldbeutels. Noch zwei Mahlzeiten beim Chinesen würde er sich leisten können. Danach war Ebbe. Sie setzten sich auf die Stufen vor dem Eingang des Telekomladens und löffelten schweigend ihr Essen.
„Hör mal. Das mit Val“, fing Jon an.
„Nee, ist klar.“
„Ich meine …“
„Ist
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