21st Century Thrill - Mind Games
bei jemandem in die Wohnung. Ob da irgendwo eingebrochen worden war? Bei den Müllers vielleicht oder gegenüber bei Sebastian König? Das waren die beiden Wohnungen im ersten Stock, wo Herr Mehring mit den Polizisten stand, und nun übers Treppengeländer hinunterrief, wohl, weil er Christoph hatte kommen hören: „Ah! Da ist er ja.“
Christoph rutschte das Herz in die Hose. Hastig drehte er sich um, ob nicht doch noch jemand hinter ihm das Haus betreten hatte, der gemeint sein könnte. Doch Herr Mehring nahm ihm mit seiner Begrüßung jede Hoffnung: „Hallo, Christoph. Komm doch mal her!“
Christoph musste sowieso an ihnen vorbei, weil er direkt über Sebastian König wohnte. Während er langsam die Treppe weiter hinaufstieg, kamen ihm die beiden Studenten entgegen.
„Was ist denn da los?“, fragte Christoph.
„Das können die oben dir besser erklären“, antwortete Heiko ausweichend, der Ältere der beiden. „Wir müssen los. Sind ohnehin schon zu spät dran, jetzt, nach all den Fragen. Aber wir kannten den ja kaum.“
„Wen?“, fragte Christoph.
„Herrn König!“, rief ihm Bernd noch zu. Dann waren beide schon aus der Tür.
Im selben Moment hörte er wieder die Stimme von Herrn Mehring: „Er kannte den Herrn König ganz gut.“
Offenbar sprach er von ihm, Christoph.
Aber kannte ? Zum zweiten Mal das Wort in der Vergangenheitsform, erst bei den Studenten, jetzt beim Hausmeister. Das Wort brannte sich alarmierend in Christophs Schädel: Wieso kannte ? Langsam stieg er weiter die Stufen hinauf und sah nun, dass einer der beiden Polizisten eine Frau war. Beide empfingen ihn mit ernsten Mienen.
„Du bist …?“
„Christoph Renner“, antwortete Christoph mit einem Kloß im Hals, zeigte mit dem Finger hinauf und erklärte, dass er im zweiten Stock mit seinen Eltern wohnte.
„Du hattest Kontakt zu Sebastian König?“
Wieder diese verräterische Vergangenheitsform: hatte .
Christoph nickte zögernd und zuckte mit den Schultern. Was hieß schon Kontakt?
Sebastian König war so etwas wie ein guter Nachbar. Mitte dreißig. Ein Typ, der ganz okay war. Und vor allem mit einem entscheidenden Vorteil: Er besaß Sky . Deshalb guckte Christoph oft samstagnachmittags gemeinsam mit Benni und Lukas bei ihm Fußball.
„Was ist denn mit ihm?“, fragte Christoph leise.
„Weißt du, ob er Angehörige hat?“, fragte die Polizistin zurück, ohne auf seine Frage einzugehen. „Freundin, Geschwister, Eltern? Er hat ja wohl allein hier gelebt?“
Der Hausmeister nickte und auch Christoph konnte bestätigen, dass niemand bei Sebastian wohnte. Auch nicht unangemeldet. Na ja, manchmal besuchte ihn eine Frau. Christoph wusste nicht, ob Arbeitskollegin, gute Freundin oder Geliebte. Blond, schlank, im gleichen Alter wie Sebastian König. Sah eigentlich ganz gut aus, war aber eine typische Banken-Tussi. Weiße Bluse, blaues Halstuch, beigefarbenes Kostüm. Deshalb tippte Christoph, dass Sebastian sie von der Arbeit kannte. Sie hatten nie über sie gesprochen, wenn sie gemeinsam Fußball schauten. Christoph hatte sie auch nur ein paar Mal gesehen. Zufällig im Treppenhaus, wenn sie gerade gegangen oder gekommen war.
„Name?“, fragte der Polizist.
„Christoph Renner“, wiederholte Christoph.
„Von der Frau, du Scherzkeks!“, blaffte der Polizist ihn an.
Was hieß hier Scherz? Den Namen der Frau kannte Christoph nicht. Doch dann fiel ihm etwas ein: Sie hatte ihren Namen mal mit Lippenstift an den Badezimmerspiegel geschrieben, unter einigen Lippenstiftherzen. Christoph hatte das gesehen, als er in der Halbzeitpause kurz pinkeln war.
„Jasmin“, antwortete er deshalb und fügte an: „Vielleicht!“ Konnte ja auch eine andere Frau gewesen sein, die das geschrieben hatte.
„Okay“, befand der Polizist. „Und sonst? Angehörige?“
Christoph zog wieder die Schultern hoch. Keine Ahnung.
„Gut“, sagte der Polizist. Und wandte sich an den Hausmeister. „Dann gehen wir mal rein.“
„Was ist denn mit ihm?“, fragte Christoph noch einmal.
Und diesmal erhielt er auch eine Antwort: „Er ist tot!“
Neugierig geworden?
Lies weiter in 21st Century Thrill, Dangerous Deal
ISBN 978-3-440-13715-4 / 9,99 Euro
Umschlaggestaltung und Grundlayout: Mathis Weymann, Populärgrafik, Stuttgart
unter Verwendung zweier Fotos von © iStockphoto
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