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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bei dem geplanten Fest ein solcher Ritt stattfinden – – –“
    „Das ist ja in zwei Wochen schon!“ unterbrach ich ihn. „Ich fürchte, daß er da noch zu schwach ist.“
    „Allerdings. Er soll auch nicht etwa mitreiten. Aber schon das Wort, der Gedanke wird von guter Wirkung auf ihn sein. Ich vermute, daß er morgen nicht nur für einige kurze Minuten erwacht. Finde ich, daß ich es wagen darf, so werde ich ihm über diesen Wettritt eine Bemerkung machen. Wirkt sie so, wie ich erwarte, so wird das geschehen, was du vorhin wünschtest: Mein Glaube, meine Vermutung wird sich in Überzeugung verwandeln. Aber freilich, kein Mensch und also auch kein Hekim ist allwissend. Wo wäre ein Sterblicher, der zu sagen vermöchte, was schon im nächsten Augenblick mit ihm geschehen kann. Aber nach menschlichem Ermessen bist du gerettet, Effendi, und ich hoffe, von dem Hadschi morgen dasselbe sagen zu dürfen.“
    „Das, o Peder, haben wir nur euch zu verdanken, eurer Nächstenliebe und der aufopfernden Pflege, welche – – –“
    „Still, still!“ unterbrach er mich. „Sprechen wir lieber von dem Geschenk, welches ich dir morgen zu machen gedenke!“
    „Ein Geschenk? Auch noch?“
    „Ja.“
    „Darf ich schon heut erfahren, was es ist?“
    „Ja. Denn ich meine, daß man eine Freude nie zu früh bereiten könne.“
    „Nun, so sage es! Was ist es?“
    „Rate einmal, Sihdi!“
    „Unmöglich! Es gibt so vieles, womit du mich in deiner Güte erfreuen und stützen könntest.“
    „Stützen, stützen! Das ist es ja! Du hast es fast erraten!“
    „Also stützen? Etwa ein Stock?“
    „Ja. Ein Stock. Du sollst morgen versuchen, zum erstenmal wieder aufrecht zu gehen. Und wenn es nur einige Schritte sind, so wird es dich doch stärken.“
    „Stärken! Jetzt bist nun du es, der das richtige Wort getroffen hat. Stärken! Daß ich daran denken darf, morgen diesen Versuch zu unternehmen, das läßt schon jetzt mich fühlen, daß es mir gelingen wird. Wie doch schon im Gedanken eine so große Wirkung liegt.“
    „So schlafe dich recht aus! Es ist schon spät geworden. Chodeh behüte dich!“
    Er ging, und ich tat, was er gesagt hatte: Ich schlief tief bis in den nächsten Vormittag hinein.
    Als ich erwachte, sah ich Hanneh und Kara bei Halef sitzen. Eben kam Schakara vom Vorplatz herein. Sie sah meine Augen offen, nickte mir still zu und glitt wortlos hinaus, um mir meinen Morgentrank zu holen. Da sie ihn mir brachte, wurden die beiden anderen auf mich aufmerksam und kamen zu mir herbei. Ich hörte von ihnen beiden, daß Halef zwar noch schlafe, aber sich zuweilen leise bewege. Der Peder hatte angeordnet, sofort zu ihm zu schicken, sobald der Kranke die ersten Zeichen gebe, daß er wieder bei sich sei.
    „Wieder bei sich sei!“ Diese Worte ließen mich an meine gestrige Unterhaltung mit dem Genannten denken. „Wieder bei sich!“ Wer ist dieser ‚Sich‘? Dieser ‚Er‘ oder diese ‚Sie‘? Dieses Wesen, diese Persönlichkeit?
    Nach der Ansicht des Peder ist es die Seele. Der ‚Geist‘ ist ihm Phantom. Er kennt am Menschen nur den Körper und die Seele. Die letztere ist das eigentliche Wesen. Was nun aber ist der Leib? Die Seele kann sich von ihm trennen. Unter gewissen Umständen wird aus diesem Können ein Wollen, welches sich sogar – jedenfalls beim Sterben – zum unbedingten Müssen steigert. Ist sie die Herrin und der Leib der Diener? Oder ist dieses Verhältnis für ihn vielleicht ein noch viel niedrigeres? Gleicht er einer, allerdings aus Organen zusammengesetzten Maschine, welche im Schlaf zu ruhen hat, während sie zu dieser Zeit heimkehrt, um für den morgigen Tag neue Aufgaben und neue Kräfte zu empfangen? Bleibt sie auch während dieses seines Schlafes und während dieser ihrer Abwesenheit durch geheimnisvolle Fäden oder Beziehungen so mit ihm verbunden, daß sie bei jeder Störung zu seinem Schutz zurückgerufen wird? Und wenn es so ist, wo liegt das Heim, zu dem sie einst am Grab völlig Rückkehr feiert? Im Leib keinesfalls! Die chemisch-mechanische Tätigkeit gewisser Organe in ihm wird selbst durch die tiefste Ohnmacht nicht beendet, denn diese Kräfte wirken unaufhörlich weiter, bis der dazu nötige Stoff vollständig aufgezehrt worden ist. Aber das willkürliche Leben ist unterbrochen, und alle ihm zugehörigen Bewegungen sind eingestellt, bis sie, die Herrin, wiederkehrt, um den ‚entseelten‘ Körper aufs neue zu ‚beseelen‘.
    Was gestern vom Peder hierüber gesagt worden

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