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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich nun nicht mehr am höher liegenden Felsen, sondern in gleicher Ebene mit den sich weit draußen bewegenden Reitern befanden, konnten sie zunächst von diesen gar nichts sehen. Bald aber tauchte die Linie, auf welcher diese Bewegung vor sich ging, als Horizont vor ihren Augen auf. Da konnten sie nun zunächst drei verschiedene Gruppen erkennen; die einzelnen Reiter waren noch nicht von einander zu unterscheiden. Es gab eine mittlere, kleine und rechts und links von ihr je eine größere. Das Verhältnis dieser Gruppen zu einander veränderte sich nur sehr langsam; dennoch aber war nach und nach immer deutlicher zu erkennen, daß die innere Gruppe von den beiden äußeren am seitwärtigen Ausbrechen verhindert und auf den Paß des Hasen zugedrängt wurde. Kara und Tifl hielten sich jetzt eng nebeneinander. Sie ritten voran, während Assil und Barkh ledig hinter ihnen folgten, ohne geführt zu werden. Nun sie einmal im Gang waren, fiel es diesen edlen Tieren nicht ein, auch nur um einen Schritt zurückzubleiben. Der schlanke Galopp brachte die beiden Reiter so schnell vorwärts, daß die erwähnten Gruppen sich schon nach kurzem vor ihren Augen in Einzelpersonen aufzulösen begannen. Aber sobald dies geschah, war allerdings auch zu erkennen, daß die allergrößte Eile nötig sei.
    Die beiden Reiter in der Mitte waren jedenfalls Hafis Aram, der Scheik der Kalhuran mit seiner Frau. Rechts von ihnen sah man den Oberleutnant mit seinen zehn Kavalleristen. Diese konnten die größere Schnelligkeit entwickeln, weil sie wohlausgeruhte Pferde hatten. Links kam der Rittmeister mit seinen Leuten, welche gewiß nicht weniger als zwei Dutzend zählten. Die Verfolger waren den Verfolgten wohl um das Vierfache näher als Kara und Tifl.
    „Müssen wir die Geheimnisse anwenden?“ fragte darum der Letztere besorgt.
    „Nein“, antwortete der Haddedihn. „Das tun wir nur im allerschlimmsten Falle.“
    „Aber es steht doch schlimm!“
    „Noch nicht!“
    „Man wird sie gleich einholen.“
    „Sie kommen ja grad auf uns zu! Mit jedem Sprung der Pferde wird es besser.“
    Kaum hatte er das gesagt, so geschah etwas, was dieses Wörtchen ‚besser‘ Lügen strafen zu wollen schien. Der Scheik der Kalhuran nämlich hatte bisher angenommen, daß er es nur mit zwei feindlichen Abteilungen zu tun habe; nun aber sah er auch noch andere Reiter, die sogar genau von vorn grad auf ihn zukamen. Er mußte auch sie für Gegner halten. Die Entfernung war ja noch so groß, daß vom Erkennen der Gesichter keine Rede sein konnte. Er glaubte sich also in der allerhöchsten Gefahr und versuchte, noch Rettung dadurch zu finden, daß er von der bisherigen Richtung schief nach rechts abwich. Er konnte freilich hoffen, hierdurch an den neuerschienenen Feinden glücklich vorüberzuschneiden, gab damit aber dem ‚Rittmeister‘ eine bedeutend größere Chance, ihn einzuholen.
    „Das ist falsch!“ rief Tifl erregt aus. „Das sollte er nicht tun!“
    „Er weiß doch nicht, wer wir sind, und daß wir ihn retten wollen!“ antwortete Kara. „Gibt es denn nicht vielleicht ein Zeichen, welches er kennt?“
    „Nein!“
    Aber schon nach einigen Augenblicken hatte er sich auf etwas besonnen. Er fügte hinzu:
    „Doch, aber doch! Ich habe einen Gedanken. Ich werde einen Raum zwischen dir und mir lassen. Hoffentlich sieht er dann, daß hier die Stute unseres Ustad läuft. Und meine Mütze, die ich so oft vor ihm vom Kopf genommen habe! Ich zeige sie ihm. Wenn er scharfe Augen hat, so erkennt er mich an ihr!“
    Er ließ zwischen sich und Kara so viel Abstand entstehen, daß die ‚Sahm‘ von Karas Pferden abgesondert zu sehen war. Dann richtete er seine lange, schmale Figur möglichst hoch empor, nahm die Mütze vom Kopf und schwang sie in so auffälliger Weise über sich, daß der Scheik der Kalhuran ganz besonders auf ihn aufmerksam werden mußte. Zur großen Freude des ‚Kindes‘ ließ der Erfolg der gegebenen Winke auch gar nicht lange auf sich warten; Hafis Aram lenkte wieder in die vorherige Richtung ein, und man sah trotz der noch großen Entfernung deutlich, daß er den Arm in die Höhe hob, um Antwort zu geben.
    Ganz natürlich hatten aber seine Verfolger dieselbe Beobachtung wie er gemacht. Zwar wußte der ‚Rittmeister‘ nichts über Kara und Tifl; aber dafür mußte es dem ‚Oberleutnant‘ um so klarer sein, daß und durch wen den Flüchtlingen jetzt diese Hilfe kam. Es war zu sehen, daß er seine Leute antrieb, ihre Eile zu

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