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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den anderen getrennt. Es waren unsere Rapphengste; ich irrte mich nicht, denn ich erkannte sie ganz deutlich. Als ich dies Halef sagte, rief er aus:
    „So wollen wir eilen, schnell hinabzukommen! Diese Schurken sollen keinen Augenblick zu lange das Vergnügen haben, sich für die Besitzer unseres Eigentums zu halten!“
    Er wollte sofort wieder in den Sattel steigen.
    „Keine Übereilung, Halef“, warnte ich. „Wir können nicht anders zu ihnen kommen, als daß wir die diesseitige Berglehne hinabreiten, und da müssen sie uns sehen.“
    „Du meinst, dann fliehen sie und entkommen uns?“
    „Nein, ich bin vielmehr der Ansicht, daß sie bleiben würden, um uns Widerstand zu leisten. Wir wären ohne Deckung; sie aber könnten sich hinter die Büsche verstecken. Hast du Lust, dich erschießen zu lassen, ohne dich wehren zu können?“
    „Welche Frage! Ich will auf keinen Fall erschossen sein, gleichviel, ob ich mich wehren kann oder nicht. Aber können wir denn nicht von einer anderen, besseren Seite an sie kommen?“
    „Das würde uns zu einem Umweg nötigen, für den uns die Zeit mangelt. In einer Viertelstunde wird es dunkel sein. Bedenke das!“
    „Was soll ich tun, Sihdi? Denken? Das kann ich nicht! Soeben ist es mir wie ein leiser Hauch der Wüste durch den Kopf gegangen. Mein Hirn ist heiß, und alle Gedanken sind aus ihm hinweggeblasen. Was ist das plötzlich nun? Ich muß mich setzen.“
    Er ließ sich auf die Erde nieder und legte den Kopf in die Hände. Ich wollte mich zu ihm niederbrücken; er aber wehrte ab:
    „Sorge dich ja nicht um mich! Das ist gar nicht schlimm, sondern nur die letzte Wirkung des giftigen Kaffees, den wir gestern getrunken haben. Es wird schnell vorübergehen. Glaube mir: ich bin so gesund, wie du nur wünschen magst!“
    Er schob mich von sich fort, und ich gab mir den Anschein, daß ich beruhigt sei. Ich konnte ja nichts Besseres tun, zumal Nafar Ben Schuri mich jetzt in Anspruch nahm:
    „Was du zum Scheik der Haddedihn sagtest, waren Worte der Vernunft. Wollten wir so, wie er es wünschte, zum Angriff schreiten, so würde keiner von uns lebend an die Feinde kommen. Wir müssen hier warten, bis es dunkel ist.“
    „Dann aber wird der Weg nur schwer zu finden sein“, bemerkte ich.
    „Nein. Wir sind ihn oft geritten und kennen ihn genau.“
    „Aber das Geräusch der Pferdehufe kann uns leicht verraten.“
    „So lassen wir die Pferde hier zurück. Auch verfehlen können wir trotz der Dunkelheit die Feinde nicht, weil sie wahrscheinlich ein Feuer anzünden werden. Auch hoffe ich, daß meine Leute kommen, ehe es finster wird.“
    „Wo ist die Stelle, an welcher sie zu uns stoßen sollen?“
    „Hier diese ist es. Sie werden durch den Paß kommen, durch den wir soeben geritten sind. Ich sage dir, daß uns die Leute da unten gar nicht entgehen können. Erlaube, daß wir uns niedersetzen! Wir können jetzt nichts anderes tun, als warten!“
    Er hatte recht. In Beziehung auf die Wiedererlangung unseres Eigentums lagen die Verhältnisse so, daß ich mich beruhigt fühlte. Dagegen war es mir um Halef bang. Ich setzte mich an seiner Seite nieder und versuchte, ein Gespräch mit ihm anzuknöpfen. Er gab mir nur ganz kurze Antworten; sein Ton war matt, der Klang fast widerwillig; darum hielt ich es für besser, zu schweigen.
    Da auch die Dinarun nicht sprachen, so herrschte hier oben bei uns eine Stille, welche nur durch das jeweilige Schnaufen oder Hufscharren eines Pferdes unterbrochen wurde. Der Tag ging schnell zu Ende. Der Abend senkte sich hernieder, aber die erwartete Verstärkung stellte sich nicht ein. Da der Scheik keine Bemerkung hierüber machte, nahm auch ich diesen Umstand schweigend hin. Wozu über etwas Worte machen, was man durch sie doch nicht ändern kann! Auch brannte unten am Wasser jetzt noch kein Feuer, und uns an die Feinde schleichen, ohne einen solchen Wegweiser zu haben, das wäre doch wohl unvorsichtig gewesen.
    Da fühlte ich Halefs tastende Hand, welche meinen Arm berührte und an demselben niederglitt. Er ergriff meine Rechte, nahm sie in seine beiden Hände und lehnte seinen Kopf an meine Seite. So saß er längere Zeit still und unbeweglich. Mir war es, als ob seine Hände ungewöhnlich warm seien.
    „Sihdi“, erklang es leise.
    „Halef!“ antwortete ich ebenso.
    „Siehst du die Sterne dort oben?“
    „Ja.“
    „Man meint, daß das der Himmel sei. Ob euer oder unser Himmel?“
    „Meinst du, es gebe verschiedene Himmel, mein guter

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