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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fort. Hierbei wurden von den wenigen Männern, welche daheim geblieben waren, sechs ermordet. Unter den Toten befand sich mein einziger Nachkomme, mein Enkelsohn, die Freude meiner Augen, die geliebte Abendröte meiner letzten Lebenstage. Als wir am anderen Tag heimkehrten, sah ich ihn vor mir liegen, blutbefleckt und mit weit aufgerissenen Augen und im Todesschmerz geballten Händen. In meinem Innern erklangen zwei Stimmen. Die eine rief mir ‚Ed dem b'ed dem!‘ zu; die andere aber ließ ihr ‚Samah, samah!‘ tönen. Es war ein kurzer, aber schwerer Kampf. Das ‚Samah‘ unseres gnadenreichen Chodeh siegte. Ich ließ alle meine Männer zusammenkommen, um zu beraten. Der Ustad stieg von seinem hohen Haus nieder und wohnte der Versammlung bei. Wir sprachen lange hin und her; da gab er seinen Plan und mit demselben unserm Willen Festigkeit. Es wurde beschlossen, der Plage des Landes, welche die Massaban bilden, mit einem einzigen kräftigen Streich ein Ende zu machen. Wir wollten sie fangen ohne alles Blutvergießen; keiner sollte entgehen. Dann sollten sie dem Sipahsalar (Kriegsminister) geschickt werden, welcher grad jetzt nach Soldaten für Farsistan sucht und keine findet, weil kein Angeworbener hinab nach der ungesunden Grenze gegen Indien will. Wir sandten also einen Boten nach Isfahan, um diese Nachricht hinzubringen, und machten uns zur Verfolgung der Massaban auf. Als sie von uns erreicht wurden, bemerkten sie unsere große Überzahl und verloren den Mut, sich zu verteidigen. Sie ließen ihren Raub stehen und liegen und ergriffen die Flucht. Hierauf verwandelte ich mich und meinen Begleiter hier in Fukara und ritt ihnen mit der Stute des Ustad nach, weil für meinen Zweck unter Umständen das schnellste unserer Pferde nötig war. Als sie sich gelagert hatten, ließ ich den Begleiter an einem verborgenen Ort mit den Tieren zurück und ging zu ihnen. Ich gab mich für Sallab aus, dessen Namen sie kannten. Ein Fakir darf nicht fortgewiesen werden. Man duldete mich. Auch ist er ein Mann, der sich nur um religiöse Dinge zu bekümmern pflegt. Man war also in meiner Gegenwart nicht so vorsichtig, wie man es gegen einen anderen gewesen wäre. Ich hörte verschiedenes. Es waren Bruchstücke. Aber wenn ich sie zusammensetzte, bekam ich ein fast ganz vollständiges Bild. Das veranlaßte mich, abends, als es dunkel war, mich scheinbar zu entfernen. Aber ich kehrte zurück und belauschte Nafar Ben Schuri, als er mit einigen seiner Leute zusammensaß. Ich hörte, was man gegen euch vorhatte. Gern hätte ich euch gewarnt, aber ich kannte ja die Örtlichkeiten nicht, und ihr mußtet auch schon dort angekommen sein, wo ihr den Schlaftrunk bekommen solltet. Als ich dann wiederkam und bei ihnen saß, hörte ich, daß man eure Waffen gegen uns brauchen wollte. Wir sollten verfolgt werden, denn die Massaban wollten uns ihre verlorene Beute wieder abnehmen. Das war mein Augenblick, den ich sogleich benutzte. Ich tat, als ob ich gar nicht aufgepaßt und darum auch gar nichts verstanden hätte, und begann, von dem ‚Tal des Sackes‘ zu sprechen. Dahin wollten wir sie nämlich locken, weil dies der einzig passende Ort war, sie so einzuschließen, daß sie sich gar nicht wehren konnten. Nafar Ben Schuri griff meine Worte sofort auf. Er ahnte meine Absicht nicht im geringsten. Sein Gehirn begann, an der Falle zu bauen, deren Entwurf ich ihm hingeschoben hatte, um ihn selbst zu fangen. Um ihn sicher zu machen, stellte ich mich ganz unwissend und erzählte, daß ich auf meinem Weg eine Schar von Dschamikun gesehen habe, welche sehr eilig nordwärts geritten sei.
    ‚Hatten sie Herden?‘ fragte er.
    ‚Nein.‘
    ‚Wie viele waren es?‘
    ‚Wohl einige hundert.‘
    Er glaubte es und dachte nun, wir hätten uns getrennt, und es seien bei den Herden, denen er folgen wollte, nur wenige unserer Leute geblieben. Sein Vorhaben erschien ihm also als sehr leicht ausführbar, und als ich mich dann zum Schlafen niederlegte, konnte ich es mit dem Bewußtsein tun, daß mein Anschlag eine gute Statt gefunden habe. Am anderen Morgen erfuhr ich dann auch wirklich, daß beschlossen worden sei, die Dschamikun zu verfolgen und in dem ‚Tal des Sackes‘ einzuschließen. Ich hätte nun gehen können, denn meine Absicht war erreicht; aber der Gedanke an euch hielt mich noch fest. Eure Namen sind bekannt. Ich wollte wissen, ob der gegen euch gerichtete Anschlag gelungen sei. Ich wünschte, euch nützen zu können. Da kamen die Massaban, welche euch

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