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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Alter, weswegen Papa und Rajid ihn öfter ermahnen müssen!«
    Jussuf hielt Ostwald die Hand hin. »Warum sollte ich eine Moschee von innen kennen? Ich bin gar kein Moslem.«
    »Ich auch nicht.« Ostwald erwiderte Jussufs Grinsen. Er fragte sich, ob er es übers Herz brachte, ihm das anzutun, was der Mann in Hamburg wollte. Es war leichter, Jussuf den Lauf einer Kanone in den Mund zu schieben. Soldaten wurden zum Töten ausgebildet; sie waren nicht karitativ tätig, wie die Heuchler im Bundestag behaupteten. Leider hatte sich weder in Casablanca noch in Mwanza die Gelegenheit ergeben, an eine Schusswaffe heranzukommen. »Ich heiße Omar.«
    »Omar?« Jussuf runzelte die Stirn. »Sie sehen aus wie ein Preuße.«
    »Gut geraten. Ich bin Deutscher.«
    »Wirklich?« Jussuf lachte. »Sie haben ja gar keinen Akzent.«
    »Ich gebe mir Mühe.«
    »Offen gesagt, es ist mir wurscht.« Jussuf beugte sich vor und küsste Farah auf die Stirn. »Wir sehen uns beim Essen.« Er stiefelte in Richtung Helikopter davon und begann ein Gespräch mit dem sonnenbebrillten Pilotenvetter.
    Farah führte Ostwald zu der Bodenöffnung. Die Gäste hatten das Dach längst freigemacht. Die Lakaien rückten einen Teil der Topfpalmen in die Dachmitte und kesselten den Helikopter ein. Er war schon unter Tarnplanen verschwunden. Offenbar wollte man keine schlafenden Hunde wecken: Die Fundamentalisten-Attentate des letzten Jahres hatten die Amis so paranoid gemacht, dass sie schon laut darüber nachdachten, alle islamischen US-Bürger nach Grönland zu deportieren.
    Über eine Treppe kam Ostwald in ein luxuriös ausgestattetes Reich. Es stand einem Fünf-Sterne-Hotel in nichts nach.
    Einer von Farahs Urgroßvätern hatte Zanda 1928 während einer Expedition durch neu erworbene Ländereien entdeckt. Um zu verhindern, dass die Briten, die das Land im Auftrag des Völkerbundes verwalteten, Wind davon bekamen, hatte er jeden Familienangehörigen und Lakaien einen Kopf kürzer zu machen gedroht, der sein Wissen weitergab. »Nach der Unabhängigkeit Tansanias hat die Familie dann wichtige Leute bestochen – auch Staatsbeamte. Seit wir wissen, dass hier keine vergrabenen Schätze lagern, ist es eigentlich nicht mehr nötig. Das Einzige, was uns gefährlich werden könnte, sind Archäologen und Massentourismus.«
    Ostwalds Zimmer sah teurer aus als die gesamte Einrichtung seines Reihenhäuschens. »Ich bin beeindruckt.« Er schaute sich um. Das war feine Lebensart! Dass der Raum fensterlos war, störte ihn nicht: Unhörbare Maschinen sorgten für Sauerstoff. Eine Tür führte in ein verschwenderisch gestaltetes Bad mit goldenen Armaturen, eine andere in ein weiteres Schlafzimmer. Vor einem Schrank, in dem zweifellos Hunderte von Kleidern hingen, stand eine lächelnde schwarze Zofe in einem gefährlich kurzen Rock. Bei Ostwalds Anblick knickste sie verlegen.
    »Gefällt’s dir hier?«, fragte Farah. »Das ist mein Zimmer.« Sie zwinkerte ihm zu.
    »Und ob.« Ostwald war todmüde. Der Champagner war dran schuld.
    ***
    Als Ostwald aus seinem Nickerchen erwachte, hatte er Hunger. Seine Uhr zeigte 19:30. Er nutzte ausgiebig das luxuriöse Badezimmer und verschwendete jede Menge Wasser. Als er ins Zimmer zurückkam, hatte ein Lakai seinen Einsatzkoffer und den neuen mit dem schicken neuen Kram neben die Tür gestellt. Ostwald warf sich in Schale.
    Später lugte er durch die andere Tür in Farahs Zimmer und stellte fest, dass sie nicht da war. Na ja, wer eine Geburtstagsfete mit fünfzig Gästen feiern wollte, musste sicher allerhand planen. Um sich nicht zu Tode zu langweilen, beschloss er, sich im Haus umzusehen. Er fühlte sich wie in einem Hotel, und irgendwie schien das Gebäude auch eins zu sein: Er spazierte durch dezent beleuchtete Flure und kam an hohen Flügeltüren aus Edelholz vorbei.
    Alles in diesem alten Kasten roch nach Vornehmheit und Geld. Hin und wieder begegneten ihm einige der Schickimickis, mit denen er gekommen war. Man nickte ihm freundlich zu: Alle schienen sich gut auszukennen. Machten die Leute vielleicht sogar Urlaub hier?
    Auf seiner Wanderschaft durch die Etagen sah Ostwald auch Menschen, von denen er annahm, dass sie zur Familie gehörten. Keiner hatte Schwielen an den Händen oder Spliss im Haar. Alle wirkten wie Damen und Herren, die sich körperlich nur auf Golfplätzen oder dem Rücken rassiger Araberhengste betätigten.
    Wohin er auch schaute: Angesichts der Leichtfüßigkeit, mit der sich die schicken jungen Leute im geheimen

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