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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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wissbegierig in die Welt. Wie Matt berichtet worden war, hatte Akfat früher hauptsächlich als modisch interessierter Geck und Maulheld von sich Reden gemacht. Ein öffentlicher Rüffel seines Erzeugers hatte ihn bis ins Mark erschüttert. Grauenhafte Erlebnisse im Kampf gegen die Gruh bei der Großen Grube – wo auch Matt zu den Truppen des Kaisers gestoßen war – hatten ihn schockiert und geläutert.
    »Ich glaube«, hatte Victorius Matt erzählt, »dass er nun nach Vorbildern sucht, um sich neu auszurichten. Vielleicht hat er deshalb so darauf gedrängt, dich zu begleiten.«
    Matt hatte sich in sein Schicksal ergeben. Den Seidengewändern und dem Nichtstun hatte Jung-Akfat tatsächlich entsagt. Doch war er auch bereit, seine Borniertheit zu überwinden?
    Chira lag unter dem Kartentisch. Sie ließ den Piloten nicht aus den Augen. Sie strahlte überhaupt eine Menge Argwohn aus. Doch das konnte auch dem Duftwasser liegen, mit dem Akfat halbstündlich seine Wangen betupfte.
    »Ist es nicht herrlich, über den schönen Wäldern unseres Reiches zu kreuzen, Monsieur Capitaine?«, sagte er nun mit strahlender Miene.
    »›Maddrax‹ genügt, wenn es nicht gegen die Etikette verstößt, Hoheit«, erwiderte Matt. Er grinste. »Außerdem ist das Leben zu kurz, um es mit dem Aufsagen von Dienstgraden zu vergeuden.«
    »Ein wahres Wort… Maddrax! Dann nennt mich aber auch beim Namen.« Akfat erwiderte Matts Grinsen, was ihn sympathisch machte. »Mir geht seit einigen Tagen vieles im Kopf herum, das ich früher für Defätismus gehalten hätte. Mich dauert, dass mein hochnäsiges Verhalten mir die Sympathie mancher Menschen verscherzt haben könnte, die mir lieb und teuer sind. Ich denke da besonders an Tala, die Leibwächterin meines Vaters. Sie ist zwar nicht von Adel, hat aber das Herz am rechten Fleck und ist vornehm im Geiste… Alors!«
    Der Prinz erschrak ebenso wie Matt, denn mitten in seinen Satz hinein klatschte ein Vogel gegen das linke Seitenfenster der Kanzel. Noch erschreckender war, dass das Tier so blutig zugerichtet war, als hätte es jemand im Fluge zerfetzt.
    Akfat riss den Mund auf. Matt hechtete an das Fenster, gegen das der Vogel geprallt war, und öffnete es. Der Vogel schien tot zu sein: Er fiel wie ein Stein in die Tiefe.
    Matt schaute nach dem Raubvogel aus, der ihn so zugerichtet haben musste, sah aber nur einen rotschnabeligen Piepmatz von Spatzengröße, der neben der Roziere herflatterte.
    Matt griff zu dem Binocular, das neben dem Fenster hing, und nahm das Vögelchen in Augenschein. Sein Schnabel war nicht rot, sondern blutig.
    Was geht hier vor?, dachte Matt.
    Akfat ließ das Steuer allein und trat neben ihn. »Was war das?«, fragte er neugierig und schaute in die Runde.
    Matt informierte ihn über seine Entdeckung.
    Akfat schaute sich das Vögelchen selbst an, das sich mit einem Male in die Tiefe stürzte. Akfat folgte ihm mit dem Binocular – und stieß einen Laut des Unglaubens aus. »Das müsst Ihr sehen, Maddrax!«, rief er aus. »Das glaubt Ihr nicht!«
    Matt beugte sich weit hinaus: Dicht über dem grünen Teppich des Urwaldes griff der Piepmatz mit dem blutigen Schnabel mit todesmutigem Gekreisch einen träge dahin segelnden Raubvogel von Albatrosgröße an. Die Attacke bekam ihm nicht: Der Kopf des Raubvogels zuckte vor, und sein langer Schnabel beendete das Leben des irrsinnigen Angreifers.
    Matt und der Prinz schauten sich an.
    »Ich habe schon von Wahnsinn bei Menschen gehört«, sagte der Prinz. »Aber in der Tierwelt…?«
    »Das kommt durchaus vor«, entgegnete Matt. »Der Vogel könnte mit Tollwut infiziert gewesen sein – auch wenn sie nur selten auf Vögel übergreift.«
    Akfat schaute erneut aus dem Fenster. Der Raubvogel war verschwunden. » Oui, das erklärt es natürlich!« Er hängte das Binocular wieder auf und kehrte ans Steuerruder zurück.
    Matt schloss das Fenster, blieb aber noch eine ganze Weile daneben stehen. Ihm gingen viele Dinge durch den Kopf.
    Natürlich konnte die Tollwut der Grund für das gerade Erlebte sein. Doch wie oft hatte sich auf seinen Reisen über diese postapokalyptische Erde schon die Hoffnung auf eine natürliche Erklärung als allzu trügerisch herausgestellt?
    Er schüttelte ärgerlich den Kopf. Musste er denn hinter allem und jedem eine Gefahr vermuten? Konnte er diese Fahrt denn nicht nutzen, um endlich einmal auszuspannen, bevor er Rulfan an Bord nahm und sie sich daran machten, Aruula zu suchen? Die Gefahren würden ihn schnell

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