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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Reich der Hadibis bewegten, kam er sich mit seiner kaputten Bandscheibe wie ein Rentner vor. In einem Salon mit großen Fenstern im Parterre sah er Jussuf und Rajid mit den beiden schwarzen Gentlemen sitzen, die er schon auf Rajids Landsitz begegnet war.
    Ostwald fiel ein, dass er nicht zum Vergnügen hier war: Er sollte einem Schurken zeigen, dass seine Freiheit Grenzen hatte; dass sie dort endete, wo die der anderen begann; dass man mit Geld zwar staatlichen Organen, nicht aber privater Rache entwischen konnte.
    Es muss wie ein Unfall aussehen. Sonst kam er hier nicht mehr weg.
    Als Ostwald sich umdrehen wollte, da er das Trippeln hochhackiger Pumps vernahm, sprang Jussuf plötzlich auf und stürzte sich mit einem von verletzter Eitelkeit kündenden Schrei auf einen der neben Rajid sitzenden Gentlemen.
    Bevor er den Hals des Mannes packen konnte, fuhr Rajid wie von einer Tarantel gestochen hoch und warf sich seinem rasenden Bruder in den Weg. Die beiden prallten aufeinander. Rajid krallte sich in Jussufs Jackett. Beide Männer verloren die Balance und wankten, fielen aber nicht um. Eine weibliche Bedienung hinter der Bar schrie auf. Zwei Lakaien, die am Tresen Gläser spülten, schauten ihrer Herrschaft mit offenem Mund zu.
    Der sonnenbebrillte Gentleman, dem Jussufs Attacke galt, schaute seinen Partner an. Dann standen beide Herren auf, zogen ihre Krawatten gerade und musterten wortlos die Brüder, die sich gegenseitig am Wickel hatten und hitzige Worte in einem arabischen Dialekt zischten.
    Ostwald war zu weit entfernt, um sie zu verstehen, doch die Situation war unmissverständlich: Rajid war außer sich.
    Jussuf fauchte ungehalten etwas über seine Ehre und dass er sich von keinem »Kaffer« aufziehen ließe.
    Rajid boxte ihm in den Magen. Jussuf klappte wie ein Taschenmesser zusammen. Rajid versetzte ihm einen Haken und schlug ihn k.o. Als Jussuf am Boden lag, rief Rajid einige Vettern herbei, die sich um seinen Bruder kümmern sollten. Zwei Männer eilten heran, hoben den Besinnungslosen auf und trugen ihn hinaus. Sie wirkten peinlich berührt. Kein Wunder.
    Rajid verbeugte sich vor seinen Geschäftspartnern. Seine Lippenbewegungen ließen auf eine Entschuldigung schließen. Die beiden Gentlemen nickten, nahmen wieder Platz, leerten ihre Gläser und winkten der Bedienung.
    Ostwald erinnerte sich an die klackenden Pumps und drehte sich um. Farah stand neben ihm. Sie sah blass aus und atmete so aufgeregt ein und aus, dass er sich fragte, ob es sie vielleicht schmerzen würde, wenn Jussuf eine Treppe hinabstürzte und sich alle Gräten brach.
    »Eines Tages kostet sein Jähzorn ihn mehr als nur eine Ohrfeige«, sagte sie.
    Ostwald dachte an Jussufs Pupillen. »Liegt es nur an seinem Jähzorn?«
    Farah zuckte verlegen die Achseln. Ostwald wurde klar, dass sie den Grund seines Ausrastens kannte. »Er lebt ungesund.«
    Ostwald musste sich zusammenreißen. Wenn Farah sich etwas in die Tasche log, war es ihre Sache. Angeblich gab es sogar Menschen, die tatsächlich davon ausgingen, dass es nur ein Irrtum sein konnte, wenn der Sensenmann an ihre Tür klopfte.
    ***
    Unter den Wolken, über dem afrikanischen Busch, Juni 2524
    Dass Pilatre de Rozier ihm eins seiner Luftschiffe geliehen hatte, konnte nur bedeuten, dass er ihm unendlich dankbar war.
    Kein Wunder, dachte Matt. Ich hab ihm das Leben gerettet.
    Was den Kaiser bewogen hatte, ihm ausgerechnet seinen Sohn Akfat als »Mannschaft« mitzugeben, wusste er allerdings nicht. Offenbar wollte der spillerige Junge, der Matt entfernt an den Musiker Prince Rogers Nelson erinnerte, seinem Vater etwas beweisen und hatte sich um den Job gerissen.
    Laut Victorius war Taraganda für Einheimische, die den Dschungel wie ihre Westentasche kannten, zehn Tagesmärsche entfernt.
    Rulfan und seine Genossen waren seit einer knappen Woche unterwegs. Ein kluger Luftschiffpilot konnte sie, wenn widrige Winde ihn nicht hinderten, in zwei Tagen einholen. Dann musste er sie nur noch finden – in einem Gebiet von der Größe der Niederlande. Glücklicherweise war die Gegend bereits kartografiert worden.
    Matt wandte sich vom Bullauge ab und schenkte dem bronzehäutigen Hänfling am Steuerknüppel einen kurzen Blick.
    Wenn er den jungen Mann in der blauweißen Samtuniform sah, musste er immer an den Song »Purple Rain« denken: Akfat war Anfang zwanzig und aufgrund seiner syrischen Mutter hellhäutiger als Victorius. Schwarze Löckchen zierten sein Haupt. Seine braunen Augen blickten

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