2217 - Die FemesÀnger
Kontrollleuchten der tonnenförmigen Geräte blieben dunkel.
Wenigstens besaß das Depot zwei weitere Ausgänge. Sie entschieden sich für den, der weiter ins Innere der fünften Ebene führte. „Wir sollten umkehren und so schnell wie möglich verschwinden", zischte Atlan neben Perrys Ohr. „Ich werde das untrügliche Gefühl nicht los, dass man uns beobachtet." Sie versuchten es nicht über die Balustrade, sondern über die Innenkorridore. Von den Kybb-Cranar war weit und breit nichts zu sehen. Entweder hielten sie sich ohne Ausnahme im Konferenzraum auf, oder sie versteckten sich irgendwo auf dem Weg dorthin. „Hier hinein!", flüsterte Perry. Die Freunde verschwanden in einem Seitenkorridor, versteckten sich in einem Hygienebereich und warteten ab. Der Terraner bedauerte, auf Rorkhetes Vorschlag eingegangen zu sein. Nach seinem Zeitgefühl wären sie in diesen Minuten in den Zug gestiegen und eine Stunde später mit wichtigen Informationen in Biliend angekommen. Von irgendwoher drang Stimmengemurmel an ihre Ohren. Mit etwas Glück befand sich der Konferenzraum ganz in der Nähe. In diesem Augenblick klappten zwei Wandteile nach unten, klatschten laut auf den Boden. Perry und Atlan blickten in die Mündungen von Strahlern. Es tat verdammt weh. Die Kybb-Cranar verstanden sich auf Foltermethoden mit Hilfe von Elektrizität. Zwischen den beiden Liegen stand auf einem Hocker der Trafo. In unregelmäßigen Abständen tippte ihr Kerkermeister den Drehschalter mit seiner künstlichen Klaue an.
Sofort raste eine Schockwelle durch ihre Körper. Die Männer bäumten sich auf und schrien. „Motana-Männer", sagte einer der Kybb-Cranar im Verhörraum. „Ihr müsst vor Angst verrückt geworden sein. Was sucht ihr hier?" Ein Stromschlag traf Perry, der ihm für Sekunden das Bewusstsein raubte. Als er wieder klar denken und sehen konnte, hing die künstliche Klaue unmittelbar über seinem Gesicht. „Wir suchen Informationen", stieß Perry hervor. Der geschundene Kreislauf ließ ihm den Schweiß ausbrechen. „Wir handeln ohne Wissen unserer Familien." Wieder warf ein Stromschlag seinen Körper nach oben, diesmal nicht ganz so stark. Atlan erging es ebenso. Der Kybb-Cranar wiederholte seine Frage, diesmal an den Arkoniden gerichtet. „Motana-Männer handeln nicht eigenverantwortlich", stellte der Stachelige fest. „Diese Erkenntnis ist so alt wie das Crythumo. Entweder lügt ihr, oder ihr seid geisteskrank."
„Wir sagen die Wahrheit!", riefen Perry und Atlan gleichzeitig. „Fragt herum! Jeder kann es euch bestätigen."
„Ihr habt es weitererzählt."
„Natürlich. Es weiß aber keiner, dass wir uns heute auf den Weg gemacht haben." Diesmal kitzelte der elektrische Schlag nur ein wenig. Perry verstand es als Zeichen, bei der Wahrheit zu bleiben und weiterzureden. „Ihr habt gegen unsere Gesetze verstoßen. Dafür zerstören wir Biliend", drohte der Kybb-Cranar. „Wir sind aber Bewohner von Curgiond." Bis dahin, vermutete Perry, reichten die vernichtenden Waffen des Crythumo nicht. Und auf den Einsatz von Gleitern verzichteten die Besatzer wohlweislich. Um die nördlichste Stadt Curgiond zu zerstören, hätten sie sich mit Bodenfahrzeugen oder zu Fuß aufmachen müssen. „Euer Erscheinungsbild weicht von dem der Motana ab, die wir von Curhafe kennen. Ein genetischer Defekt, nehmen wir an. Das erklärt, warum ihr nicht ganz richtig im Kopf seid." Die beiden Kybb-Cranar zogen ab. Nur der Kerkermeister blieb. Er jagte ihnen noch ein paar Stromstöße durch die Körper.
Jedes Mal meinte Perry, seine Knochen springen zu hören. Dann baute der Kerl endlich seinen Trafo ab und entfernte die Kabel. „Ihr habt bis morgen Zeit, es euch nochmals zu überlegen." Bei seiner Sprechweise wirkte jedes Wort wie ein Hammerschlag. „Die nächste Sitzung wird schlimmer."
„Steigst du aus, oder willst du direkt ins Crythumo fahren?" Zephyda erhob sich. „Ja, ja." Sie folgte Anthloza ins Freie. Auf dem letzten Bahnhof der freien Zivilisation bot sich dasselbe Bild wie immer. Ein Stück weiter vorn warteten die Gruppen der Jägerinnen mit Auserwählten. Zephyda schloss zu Anthloza und den zwei Dutzend Femesängerinnen auf, die sie begleitet hatten. Der Zug fuhr los. Sie sahen ihm eine Weile nach. Die Gruppe marschierte in Richtung Stadtzentrum, zum Haus der Planetaren Majestät. Zephyda eilte ihnen voran. Sie konnte es kaum erwarten, Atlan wiederzusehen.
Aber sie traf nur Rorkhete, der vor dem Gästehaus auf und ab ging.
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