2217 - Die FemesÀnger
es nicht!" Sie versuchten es zum sechsten Mal innerhalb von zwei Tagen. Aber die Effekte stimmten mit denen der vorherigen Versuche überein. Es gab keinen spürbaren Fortschritt. Ich kann es nicht, dachte Zephyda traurig. Ihr erwartet zu viel von mir! „Du schaffst das." Anthloza sah von einem Felsen auf sie herab. „Wenn du es nicht schaffst, dann niemand im Sternenozean!" Der schnelle Sinneswandel Anthlozas verwirrte Zephyda. Lag es wirklich nur daran, dass die Anführerin der Geheimorganisation auf ihre Zwillingsschwester hörte? „Ich will nicht mehr, Anthloza. Bringt mich nach Biliend zurück."
„Es tut mir Leid. Ich lasse das nicht zu." Sie weiß es also auch! „Letzte Nacht hatte ich einen Traum", fuhr Anthloza fort. „Ich sah dich als Raumfahrerin. Und icherlebte mit, wie du die Motana in die Freiheit führtest. Zephyda, ich entschuldige mich hiermit bei dir. Verzeih mir mein anfängliches Misstrauen."
„Ich bin zu schwach. Es gelingt mir nicht, meine Kräfte unter Kontrolle zu bekommen." Die alte Frau nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. „Es ist nur die halbe Wahrheit, und du weißt das. Bei jedem Versuch kommst du deinem Ziel ein wenig näher." Sie war also dabei, jedes Mal. Anthloza lauschte in den Kreis der Sängerinnen hinein.
Wahrscheinlich taten das alle Wegweiserinnen in der Schlucht. Jetzt verstand Zephyda endlich, warum sie alle ohne Ausnahme so ansahen. Sie musterte die Frauen aus ihrer Gesangsgruppe. Sie saßen apathisch herum. Ihr Körper und ihre Psyche waren entkräftet. Sie vermochten sich kaum richtig auf den Beinen zu halten. „Also gut. Wollen wir es noch einmal versuchen?", fragte Zephyda sie. Mit matter Stimme erklärten die Frauen ihr Einverständnis. Sie ließen sich auf die Plattform tragen und in zwei Kreisen um Zephyda herum gruppieren. Hoch oben über der Schlucht färbte sich der Himmel dunkler, ein Zeichen des zur Neige gehenden Tages. „Niemand verlangt Wunder von euch", begleiteten Anthlozas Worte sie in das Tal. „Wenn ihr es jetzt nicht schafft, dann an einem anderen Tag." In einem anderen Jahr und einem anderen Leben, dachte Zephyda und war froh, dass die alte Frau keine Gedanken lesen konnte. Sie hatte längst ihren Entschluss gefasst. Keinen Tag länger würde sie bleiben. Sie verzehrte sich nach Atlan. Kaum waren sie ein paar Tage getrennt, hielt sie es nicht mehr aus. Sie brauchte Atlan. „Lasst uns beginnen", murmelte sie halblaut. Wieder sangen die Frauen voller Inbrunst. Diesmal wählten sie den Choral an den Flügelschlag. Die Wechsel zwischen den Oktaven steigerten sich zu einem Wettlauf zwischen den Tönen, bis sich im Bewusstsein der Sängerinnen das Rauschen großer Flügel manifestierte. Schneller als jemals zuvor steuerte der Verfemte Gesang seiner Schwelle entgegen und überschritt sie. Herumliegende Felsen hoben sich in die Luft. Aber dieses Mal schössen sie nicht wie von einem Katapult beschleunigt in die Höhe. Sie schwebten sanft empor, bildeten eine Spirale und schraubten sich in der Schlucht aufwärts. Zephyda spürte jeden einzelnen von ihnen. Sie glichen Bällen, die ein Jongleur in die Luft warf, ohne tatsächlich den Kontakt zu ihnen zu verlieren. Die tonnenschweren Gewichte bedeuteten nichts. Es hätte ebenso das halbe Gebirge sein können. Noch höher hinauf!, dachte sie. Und die Felsen folgten ihrem Gedanken, gesteuert von der Geisteskraft der vierundzwanzig Sängerinnen und der Frau in ihrer Mitte. Und hinunter! Sanft kehrten die Felsen zum Boden zurück, schaukelten ein wenig und lagen dann ebenso still wie die Motana, die nacheinander zu Boden sanken und das Bewusstsein zu verlieren drohten. Andere Femesänger eilten herbei. Sie flößten ihnen Wasser ein, das sie in gierigen Schlucken tranken. Zephyda versuchte die Gesichter über und neben sich wahrzunehmen. Es gelang ihr nicht. Ihre Sinne verweigerten vor Erschöpfung den Dienst. Runzlige Hände streichelten ihr Gesicht. Feuchte Tropfen fielen auf ihre Haut. „Du weißt ja nicht, was dieser Erfolg für ehemalige Jägerinnen wie mich bedeutet", flüsterte Anthloza neben ihrem Ohr. „Dies war das erste Mal in der Geschichte der Femesänger, dass eine kontrollierte Handhabung der von uns erzeugten Phänomene gelungen ist."
„Ein Zufall", ächzte Zephyda und streckte sich auf der Plattform aus. Sie war müde, einfach nur müde.
Die Augenlider fielen ihr zu. „Mehr nicht." Ein glockenhelles Lachen kam als Antwort. „Du verschließt dich vor der Wahrheit. Erst
Weitere Kostenlose Bücher