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2218 - Die Epha-Matrix

Titel: 2218 - Die Epha-Matrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Ihre Mutter hatte sie auch gelehrt, Bilder in sich entstehen zu lassen, um sich von schädlichen Einflüssen abzulenken. Dies zu ihrem Eigenschutz und dem anderer. „Du neigst dazu, den Verfemten Gesängen zu verfallen", hatte ihre Mutter gesagt. „Hüte dich davor. Du könntest damit großen Schaden anrichten." Aichas Mutter hatte ihr die Geschichte über eine Jogaga erzählt, die sich mit ihrem wahnsinnigen Gesang selbst verbrannt hatte. Wenn Aicha später unartig war, pflegte ihre Mutter sie mit den Worten zu rügen: „Sei keine Jogaga." Dieser Name hatte in Aicha das Bild eines alten Weibes mit irren Augen und weißen, kranzförmig abstehenden Haaren erweckt. Die Jogaga hatte sie in ihren Träumen verfolgt und sie fast zur Bettnässerin gemacht. Sie wollte keine Jogaga werden. Nein, nein, nur das nicht. Aicha hatte im Laufe der Zeit erkannt, dass der starke Bezug zu ihrem Zwillingsbruder derselben Quelle entsprang, aus der auch ihre Neigung zu den Verfemten Gesängen kam. Darum wollte sie nie wahrhaben, dass dies schlecht und verwerflich sein sollte. Aber die Ermahnungen ihrer Mutter und die Verbote ihres Volkes hatten ihr Angst gemacht. Diese Angst lebte bis heute in ihr. Jetzt sang sie zum Wohl ihres Bruders, daran konnte nichts Schlimmes sein. Sie hielt Gorlins Hand, und obwohl er schlief, spürte sie, wie er im Gleichklang mit dem Gesang vibrierte. Das Timbre der unzähligen Stimmen erfüllte seinen ganzen Körper, und sie hoffte, dass sie auch seine Träume ausfüllten.
    Träum dich gesund, Bruderherz, dachte sie, während sie gleichzeitig Jopahaim lobpries und den Schutzherrn ihrer Liebe und Zuneigung versicherte, wie auch sie sich seiner Gnade versichern wollte.
    Gorlins Körper kam allmählich zur Ruhe, sein Atem wurde flach, wie der eines Schlafenden.
    Ganz gewiss war er nun von seinen Schmerzen befreit. Aicha steigerte sich weiter in ihrem Gesang, erklomm mit ihrer Stimme schwindelnde Höhen. Sie merkte, wie sie die anderen Motana mitriss. Es war, als würden sie ihre geschundenen Körper nicht mehr spüren. Aller Schmerz, den ihnen das verletzliche Fleisch bescherte, schien vergessen. Sie folgten Aicha auf ihrem Weg, ob sie wollten oder nicht, sie riss sie einfach mit sich. Hundert Motana und mehr waren die Quellen, aus der sie unerschöpfliche Kraft schöpfte. Aicha wuchs über ihren Körper hinaus und erfüllte mit ihrem Geist den gesamten Schlafsaal. Sie nahm nicht mehr wahr, was um sie geschah. Die Wirklichkeit rückte ab, verschwand in weiter Ferne. In ihr waren plötzlich fremdartige Bilder. Bildfetzen eigentlich. Ein vielfach zerrissenes Ganzes, das sie zusammenfügen musste. Aus ihrem Mund sprudelten Silben ohne erkennbaren Sinn. Aber auf Sinn oder Unsinn kam es nicht an. Es waren die Lautgebung und der Rhythmus, die es in ihrer Gesamtheit ausmachten. Und die Silben hatten Steuerfunktion. Aicha formte die Bildteile zu einem Ganzen. Sie sah ein Tor. Es war verschlossen. Und sie besaß nicht den Schlüssel, um es aufzusperren. Sie musste das Bild zerreißen und es neu zusammenfügen, so dass es einen anderen Sinn bekam. Sie tat es und wob in unermüdlichem Gesang ein neues Muster. Vor ihr lag nun ein endlos erscheinendes Land. Sie war befreit, ihr Geist hatte die Fesseln abgestreift, und sie konnte ausschwärmen in die Ewigkeit. Sie spürte eine unbändige Kraft in sich, gespeist aus den Motana, die sich im Schlafsaal versammelt hatten. Sie waren alle ihre Quellen. Unerschöpfliche Kraftspender, wie es schien. Doch urplötzlich kam der Zusammenbruch. Die Kraft entschwand aus Aicha, entströmte ihrem Körper, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Ihr Geist erlosch. Und dann war da nur noch Schwärze. Als Aicha zu sich kam, lag ihr Kopf auf der Brust ihres Bruders. Gorlin schlief friedlich. Es war still im Schlafsaal, als herrsche allgemeine Erschöpfung. Aicha schlich sich auf leisen Sohlen davon. Sie fühlte sich ausgebrannt und schwach. Ihr war klar, dass sie vorhin eine Schwelle überschritten und sich einem der Verfemten Gesänge hingegeben hatte. Das hätte sie töten können. Das darf mir nicht noch einmal passieren. Dieses Tor darf ich nie wieder aufstoßen. Sie hatte Kräfte freigesetzt, die sie nicht mehr beherrschen konnte. Es durfte nie wieder passieren!
    In ihrer Unterkunft angekommen, fand sie keinen Schlaf. Sie war aufgewühlt, wie aufgedreht, trotz der körperlichen Schwäche, die sie zittern ließ. Was nagte in ihr, dass sie keinen Schlaf mehr fand?
    Was war das, was sie nicht

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