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223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Luftschiff, das der Kaiser in den letzten fünfzig Stunden verloren hat«, flüsterte der Rotschopf.
    »Schätze, sein Leben und die Freiheit seiner Stadt würden ihm auch vierhundert Luftschiffe wert sein«, entgegnete Rulfan.
    »Da bin ich nicht so sicher«, grinste Rönee.
    Bald wurden wieder Stimmen laut. Befehle wurden gebrüllt. Offensichtlich verließ ein Kommando der Huutsi-Krieger die Stadt, um nach dem abgestürzten Schiff zu suchen.
    »Seilen sie sich auf den Boden ab?«, fragte Rulfan.
    »Schon möglich.« Rönee zuckte mit den Schultern. »Ich vermute aber eher, dass sie den Aufzug nehmen, den haben wir gestern wieder in Gang gesetzt. Wimereux schwebt immerhin fast zwanzig Meter über dem Boden.«
    »Dann sollten wir zuschlagen, bevor daraus zweihundert werden.«
    »Der Kaiser wird angeblich im Musikzimmer festgehalten«, flüsterte der Rotschopf.
    »Führe mich dorthin«, verlangte Rulfan.
    Mit größter Vorsicht robbten sie über das Dach. Durch ein Erkerfenster stiegen sie in das große Gebäude ein. Im Morgengrauen schlichen sie durch eine Zimmerflucht im zweiten Obergeschoss. Sie spähten in einen Gang, der direkt zum Musikzimmer führte. Links und rechts der Tür standen zwei Stühle, auf denen Wachen hockten. Einer der Krieger döste, der andere schlief tief und schnarchte. Der Gang lag weitgehend im Dunkeln, nur bei den Wachen hing eine Insektenlampe an der Wand.
    »Beherrschst du den Dialekt der Huutsi?«, wollte Rulfan wissen. Der Rotschopf nickte. »Was heißt ›ein wichtiger Gefangener‹?« Rönee sprach es ihm vor, sie übten ein paar Mal. Danach standen sie auf. Rönee schloss den Frack über der Faustfeuerwaffe in seinem Gürtel und verschränkte die Arme hinter den Rücken, als wären seine Hände gefesselt.
    »Es wäre gut, wenn kein Schuss fiele«, sagte Rulfan. Er packte den jungen Blaurock an Schulter und Armen und führte ihn um die Ecke und dann den beiden Wächtern vor dem Musikzimmer entgegen.
    Auf halbem Weg, zwanzig Schritte von der Tür entfernt, hob derjenige, der nur döste, den Blick. »Ein wichtiger Gefangener« , meldete Rulfan. Der Wächter nickte, erhob sich gähnend, streckte sich und schloss die Tür auf. Erst im letzten Moment stutzte er; im Licht der Lampe konnte Rulfans Maskerade nicht bestehen.
    Der Mann musterte ihn verblüfft, wollte schreien, doch Rulfan verschloss ihm den Mund nachhaltig mit einer rechten Geraden, die ihn ein paar Zähne kostete. Rönee schlug gleichzeitig den Schlafenden nieder, dann fesselten und knebelten sie beide.
    Sie zerrten die Bewusstlosen ins Musikzimmer. Die dreißig bis vierzig Männer und Frauen hinter der Tür hatte der Kampflärm längst geweckt. Sie waren von ihren Lagern aufgesprungen und blickten die Männer und ihre Opfer starr vor Schrecken an.
    Aus ihrer Mitte trat der Kaiser vor. »Mein getreuer Rönee!«, rief er aus. »Welche Freude, Ihn zu sehen!« Gleichzeitig musterte er den Albino, der mit seiner bleichen Haut und den weißen Haaren noch fremdartiger erschien als er selbst.
    Rönee übernahm es, Rulfan den Anwesenden vorzustellen.
    »Er ist also Monsieur Rulfan, Maddrax’ Freund und Kampfgefährte!«, begeisterte sich de Rozier. »Ich habe schon viel von Ihm gehört! Es ist Uns eine Ehre und ein besonderes Vergnügen, Ihn kennen zu lernen! Wenngleich die Umstände wenig réjouissante sind.«
    Rulfan war zu verdutzt über die höfische Ansprache, als dass er gebührlich reagiert hätte. »Ganz meinerseits«, sagte er deshalb nur und nickte freundlich. »Aber die Zeit drängt, und ich schlage vor, alles hört auf mein Kommando. Okee?«
    Der Kaiser ließ sich den Affront nicht anmerken, aber er war praktisch genug veranlagt, um dem Mann in dieser besonderen Situation zuzustimmen. »Naturellement – wie lautet Sein Plan?«
    Erst wandte sich Rulfan an den Rotschopf. »Rönee, du holst die Waffen!« Der junge Gardist nickte und verschwand durch die Tür. Dann drehte Rulfan sich dem Kaiser und seinem Hofstaat zu. »Zwei von euch ziehen die Kleider der Wachen an«, sagte er, »und setzen sich auf die Plätze vor die Tür. Die anderen, wenn sie mit einer Waffe umgehen können, bewaffnen sich und folgen mir in die Palastküche!«
    Eine halbe Stunde später griffen Rulfan, Rönee, der Kaiser, seine Söhne und zehn weitere Männer die Wächter vor der Tür zur Palastküche an.
    Vor den Fenstern des Palastes war inzwischen die Sonne aufgegangen. Die Huutsi zogen lärmend durch die Stadt. Bald hörte man aus den ersten

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