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223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M

223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M

Titel: 223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Gaston
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gemacht hatten.“
      „Du hast das mit angesehen?“, fragte sie mit leiser Stimme.
      Wenn er die Augen schloss, sah er alles wieder, was er damals erlebt hatte. „Ich war einen Moment lang allein und sah die Toten, von denen ich dort umgeben war. Es war nur ein kurzer Moment …“
      „O Devlin“, flüsterte sie mitfühlend.
      „Er währte aber nicht lange. Ein französischer Offizier auf einem großen schwarzen Pferd stürmte auf mich zu. Ich konnte ihm nicht entkommen, da die Toten und die Sterbenden mich an einer Flucht hinderten. Mein Pferd hatte keine Chance davonzupreschen.“
      Devlin erinnerte sich noch gut an die zum Teil abgebrochenen, vergilbten Zähne des Mannes und an jede Pockennarbe in seinem Gesicht, an das siegesgewisse Leuchten in seinen fast schwarzen Augen.
      „Griff er dich an?“
      „Er griff mein Pferd Courage an“, erwiderte er. Dieses arme Tier, das einen Instinkt fürs Kämpfen zu besitzen schien, hatte ihm mehr als einmal das Leben gerettet. „Es ist die beste Methode, um eine Kavallerie kampfunfähig zu machen, denn ohne Pferd sind wir nichts. Der Franzose holte mit seinem Säbel nach Courage aus und landete einen Volltreffer. Ich wurde abgeworfen und hätte fast meinen eigenen Säbel verloren. Irgendwie konnte ich mich aufrappeln, aber der Franzose stürmte bereits auf mich los.“ Gedankenverloren strich er über eine seiner Narben. „Ich weiß nicht, warum er mich nicht auf der Stelle tötete. Stattdessen stach er nach mir, ich rollte im Morast zur Seite, um ihm auszuweichen, während mein Pferd gleich neben mir mit dem Tod kämpfte. Es war kein heroisches Ende.“
      „Aber es war nicht das Ende“, warf sie ein.
      „Es hätte aber so kommen sollen. Ich höre noch immer sein höhnisches Gelächter, als ich versuchte, seine Hiebe abzuwehren. Ich rollte mich weiter durch den Morast, bis ich in einen Bewässerungsgraben rutschte. Der Franzose verlor ebenfalls den Halt, stürzte und landete auf mir. Dabei spießte er sich auf seinem eigenen Säbel auf.“
      Madeleine rang nach Luft.
      „Ich hörte seinen letzten Atemzug, und dann brach mein Pferd zusammen und begrub mich zusammen mit meinem toten Feind unter sich.“
      „O nein!“ Sie hielt sich eine Hand vor den Mund.
      Devlin wurde es mit einem Mal kalt, sodass er sich in die Bettdecke wickelte. Ihm war, als fühle er immer noch den kalten Morast auf seiner Haut und das immer noch warme Blut des Franzosen, das ihm auf die Brust tropfte.
      Eine Träne lief Madeleine über die Wange, und Devlin reagierte mit Verwunderung, dass der Anblick dieser Träne bei ihm etwas auslöste, das ein wenig wie Schmerz, zugleich aber auch ein wenig wie Lust war.
      Er würde ihr den Rest seiner Erlebnisse ersparen – die Schreie der Verwundeten und der Sterbenden, die Kälte der schier endlosen Nacht, die Plünderer, die den Toten ihr letztes Hab und Gut abnahmen. Die Angst, man könnte ihn entdecken und ihn umbringen, um ihm die silbernen Knöpfe und die Lederstiefel abzunehmen.
      „Bart entdeckte mich am nächsten Tag.“
      „Wie gelang ihm das inmitten so vieler Toter?“
      „Nun, ich war zwar allen Blicken entzogen“, gab er mit einem Anflug von Ironie zurück. „Aber er entdeckte mein Pferd.“
      „Dein Pferd?“, fragte sie überrascht.
      „Ich hatte die ganze Zeit über dort im Graben gelegen, unter dem Franzosen und unter meinem Pferd.“
      „Devlin …“, flüsterte sie und wollte ihm über die Wange streichen.
      Er wich vor ihr zurück, nicht aber, um ihrer zärtlichen Berührung zu entgehen, sondern um der Erinnerung an damals zu entkommen. „Ich weiß nicht mehr viel von dem, was danach geschah. Bart brachte mich nach Brüssel, dann kam Ned und holte mich ab. Man sagte mir, viele Tage seien vergangen, ehe er mich nach Heronvale brachte, damit ich zu Hause sterben konnte.“
      „Aber du bist nicht gestorben“, erklärte sie, als sei diese Tatsache von besonderer Bedeutung.
      „Stimmt“, gab er leise zurück. „Aber warum nicht? Warum starben so viele andere Männer, aber ich nicht? Ich tötete so viele, warum brachte mich der verdammte Franzose nicht um?“
      Madeleine sah, wie er die Fassung verlor. Als ihm die Tränen kamen und sein Körper unter dem heftigen Schluchzen zitterte, legte sie die Arme um ihn und drückte ihn an ihre Brust.
      „Damit du mich retten konntest“, erklärte sie auf einmal. „Darum hat er dich nicht getötet, Devlin. Damit du mich

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