2240 - Der Graue Autonom
ganz gleich, welchem Volk sie angehören, nehmen die Umstände, in denen sie aufwachsen, als gegeben an. Das macht sie zu dem, was sie sind."
Rorkhete hob einen Arm, streckte ihn in Richtung des Wasserwesens aus, als wolle er die Hand auf die lederne Haut legen, vollendete die Bewegung aber nicht. „Hätte ich gewusst, was geschehen ist, ich ..."
„Was dann? Du hättest dir nur Vorwürfe gemacht. Sinnlose Vorwürfe. Was geschehen ist, ist geschehen. Du verzehrst dich nach Wissen, Rorkhete, aber was du noch nicht gelernt hast, ist, dass Wissen eine furchtbare Last sein kann. Wir wollten dir diese Last ersparen. Trägst du nicht schon schwer genug? Du bist der Letzte deines Volkes. Könnte es eine schwerere Last geben?"
Venga konnte sich keine ausmalen.
Sie versuchte sich ein Leben ohne Gemeinschaft vorzustellen, ohne Freunde... Die Vorstellung allein ließ Tränen in ihre Augen schießen.
Rorkhete schüttelte sich. Er ballte die Hände zu Fäusten und sagte: „Aber das muss nicht immer so sein. Nichts ist, wie es ist! Ihr habt nichts Böses getan! Die Gebote sind unsinnig! Ich bin sicher, eure Herrin wird es einsehen, wenn man ihr es nur richtig darlegt!"
„Was du sagst, ist falsch. Unsere Herrin ist über jeden Zweifel erhaben. Wir sind es, die versagt haben. Wir kannten die Gebote und haben sie übertreten. Wir haben bekommen, was wir verdient haben."
„Nein! Du irrst dich. Du musst dich irren! Erzähl mir mehr über die Herrin und ihre Gebote! Bestimmt finden wir einen Weg, euch ..."
Keg Dellogun hob beide Arme. „Genüg für heute. Du hast genug erfahren. An einem anderen Tag vielleicht ..." Das Wasserwesen rückte ganz nahe an den Shoziden heran. „Für heute haben wir genug geredet. Du magst das alles nicht als Last empfinden, aber uns drückt sie nieder."
Das Orakel streckte Rorkhete beide Arme entgegen, die Handflächen geöffnet.
Der Shozide ergriff sie.
Venga riss sich von dem Türspalt los. Sie hatte genug gesehen. Gäbe sie ihrer Neugier nach, würde sie sich noch lange Zeit dafür schämen. Mit einem entschlossenen Ruck zog sie die Krücke aus dem Spalt. Die Tür schloss sich.
Venga humpelte davon. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Sie hatte etwas bewegt.
Rorkhetes Leiden hatten ein Ende, Vorerst.
Sie spürte, dass der Hunger nach Wissen, der in ihm erwacht war, noch lange nicht gestillt war - und dass Keg Dellogun ihn nicht zufrieden stellen konnte, selbst wenn er Rorkhete sein gesamtes Wissen mitteilen sollte.
Sie musste Rorkhete unter die Arme greifen.
Und sie hatte schon eine Idee. Rhodan hatte ihr von dem Archiv erzählt, das sie in der Feste von Shoz vorgefunden hatten. Und von Rorkhetes merkwürdiger Hilflosigkeit...
Venga sang versonnen vor sich hin, als sie in ihre Kabine humpelte, um endlich wieder etwas verdienten Schlaf zu bekommen.
Eine Wand aus Nebel stieg auf, umhüllte Zephyda, Lotho Keraete und Ka Than, trennte die Motana von ihren Gefährten.
Was wollte der Autonom von ihr?
Zephyda unterdrückte den Impuls davonzurennen, wie sie es einst getan hatte, in ihrem früheren Leben, als sie noch eine der Wegweiserinnen der Residenz von Pardahn auf Baikhal Cain gewesen war. Wegrennen, verstecken, verkriechen - sie und ihr Volk waren immer auf der Flucht gewesen vor vermeintlich übermächtigen Feinden.
Aber eines Tages hatten sie sich gegen die Kybb-Cranar erhoben, ihnen die Stirn geboten. Und gesiegt.
Nein, die Zeit des Wegrennens und Versteckens war vorüber. „Wieso hältst du mich zurück?", fragte sie das Schattenwesen, das buchstäblich vor ihr thronte.
Ich will mit dir sprechen. Allein. „Allein? Wieso das?"
Weil du anders bist als die Wesen, mit denen du gekommen bist. Sie sind nicht aus dem Sternenozean. Sie treten auf wie gewöhnliche Sterbliche, sind aber keine.
Woher nahm der Autonom sein Wissen? Sie hatten nichts von dem, was er eben gesagt hatte, erwähnt. „Und ich? Wie bin ich?" Jung. Ungeduldig. Und entschlossen, die Welt nach deinen Vorstellungen zu formen.
Zephyda schwieg. Was hätte sie darauf erwidern sollen?
Dir fehlt die Weisheit des Alters, wie ich sie besitze. Dein Urteil ist oft zu rasch und fehlerhaft, ganz oder in Teilen. Und oft zögerst du. Glaubst du, dir selbst nicht trauen zu können? „Ich ..."
Keine Entschuldigungen. Du bist, wer du bist. Ich bin, wer ich bin. Diese armselige Kreatur auf der Liege ist, wie sie ist. Niemand kann sich in einem Augenblick ändern, auch nicht der Mächtigste. Aber auch der
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