2240 - Der Graue Autonom
allem, was wir wissen, haben sie weiß Gott ihren eigenen Kopf. Ich bin sicher, dass sie sich Venga gezeigt haben."
Venga sog Rhodans Worte begierig auf. Wenigstens einer, der ihr vertraute. Rhodan war es auch gewesen, der darauf bestanden hatte, dass Venga mit zum Teich kam, und der Echophage die Antigravbahre entlockt hatte. „Es ist nur fair", hatte Rhodan auf die Proteste der Übrigen geantwortet, die keinen Sinn darin sahen, eine Verletzte mitzunehmen. „Venga hat tagelang für uns Wache gehalten. Sie soll mitbekommen, wofür sie es getan hat."
„Rorkhete?"
Der wuchtige Shozide reagierte nicht auf Zephydas Frage. Er hatte seinen Helm abgenommen und damit den Kopf entblößt, der Venga unpassend klein erschien, wie ein Stummel. Der Helm leuchtete rot. Rorkhetes Finger, die ihn langsam und methodisch bearbeiteten, als hielte er eine Art Kontrollkonsole in den Händen, warfen Schattenspiele an die vor Nässe glänzenden Wände der Felsenhalle. „Rorkhete, was denkst du?", ließ Zephyda nicht locker. Die Epha-Motana war ungeduldig. Keine Motana beherrschte die Fähigkeit, die Epha-Matrix zu manipulieren, so gut wie sie. Zephyda wollte zurück auf die Ebene, um ihre Fertigkeiten an die Rekruten weiterzugeben.
Der Shozide schwieg weiter.
Venga fragte sich, was in ihm vorging. Rhodan hatte ihr erzählt, dass die Ozeanischen Orakel, die sich in dem Teich zu ihren Füßen verbargen, den Shoziden großgezogen hatten, nachdem seine Eltern gestorben waren. Sollte Rorkhete nicht aufgeregt sein? Sich darüber freuen, dass seine Stiefeltern unverhofft wieder zurückgekehrt waren, zwar erschöpft, aber, wie es schien, unverletzt?
Venga, die einiges auf ihre Fähigkeit hielt, die Gedanken anderer aus den Gesichtern oder aus ihrer Haltung zu lesen, stand bei Rorkhete vor einem Rätsel. Der Shozide sagte selten etwas, hatte sogar Vengas wiederholten Versuchen, ein längeres Gespräch anzuknüpfen, widerstanden. Sein Gesicht verschwand meist fast völlig unter seinem Helm, und das Wenige, was zu sehen war, blieb unbewegt. Sein Gang, seine Bewegungen waren immer gleichmäßig, immer kraftvoll, immer gemessen, als besäße er keine Gefühle.
Gut möglich. Aber ebenso gut das Gegenteil: dass in Rorkhete so viele widerstreitende Gefühle tobten, dass er nach außen hin wie betäubt erschien.
Venga hatte noch nicht entschieden, welche Möglichkeit sie für wahrscheinlicher hielt.
Zephyda stemmte die Hände in die Hüften. „Also gut, dann eben nicht. Ich verzichte auf die Orakel.
Ich habe tausend wichtigere Dinge zu tun, als hier in der Kälte zu stehen und in den Dunst zu starren!"
Die Epha-Motana wandte sich zum Gehen - und verharrte in der Bewegung, als das Gurgeln von aufgewühltem Wasser die Felsenhalle erfüllte.
Ein runder Umriss schob sich durch die dünne Nebeldecke. Ein kahler Schädel, bedeckt von einer haarlosen, speckig glänzenden grauen Haut, wurde sichtbar. Dann kam der ganze Kopf zum Vorschein. Ein mächtiges Gebiss beherrschte das Gesicht, ließ die eigentlich ansehnliche Knollennase winzig erscheinen. Ein Paar runder blauer Augen - Venga erinnerten sie in ihrer Fremdartigkeit an die Rhodans und Atlans - fixierte sie prüfend. Venga war unwillkürlich froh, dass der Blick des Wesens sie nur streifte.
Das Orakel grunzte, aus seiner Nase sprühte ein Gemisch aus Wasser und Luft. Um das Orakel herum glaubte Venga weitere Umrisse zu sehen. Einen von ungefähr derselben Größe und vier kleinere, die ständig in Bewegung waren, als tollten sie herum.
Rhodan ergriff das Wort. „Ihr habt nach uns gerufen?"
Das Orakel grunzte erneut. „Ja."
„Wozu?"
Statt zu antworten, schloss das Orakel die Augen. Sein Gesicht legte sich in speckige Falten, als konzentriere es sich. „Keg Dellogun", brach Rorkhete nach einiger Zeit die Stille. „Keg Dellogun, hör mir zu."
Der Shozide hatte seinen Helm wieder aufgesetzt. Das rötliche Leuchten war erloschen. Hatte er damit die Orakel herbeigerufen? „Was ist?", antwortete das Orakel. Es sprach ein undeutliches Jamisch, als gurgle es jedes Wort. „Spürst du sie? Perry Rhodan und Atlan besitzen eine Aura."
Das Orakel, Keg Dellogun, öffnete die Augen, sah den Shoziden gereizt an. „Natürlich spüre ich sie."
„Worauf wartest du dann noch? Wir müssen handeln!" Rorkhete schien nichts von Vorgeplänkeln zu halten. Oder, fragte sich Venga, wurde sie gerade Zeuge einer Auseinandersetzung, die sich schon seit langer Zeit hinzog? „Das ist bereits geschehen. Wir
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