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2246 - Kavuron der Spieler

Titel: 2246 - Kavuron der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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blockieren, die klammen Finger am Steg festzufrieren. Qualvoll, fast völlig blind, sich nur noch an der zunehmenden Helligkeit orientierend, kämpfte Spex sich höher.
    Und höher, immer höher ...
    Dann durchstieß der Cyborg, erbärmlich rasselnd und ratternd, die Nebeldecke. Gleißende Hitze umfing ihn, schmolz das Eis und die Schmerzen dahin. Über den Wolken verbreiterte sich das steinerne Band der Brücke und mündete in eine Treppe.
    Sieben mannshohe Stufen führten zu einem Thron. An jeder Stiegenkante blinkten hunderte bunte Lämpchen; nein, Kerzen: Räucherkerzen, genau genommen. Die Vielzahl der Düfte, die sie absonderten, erregte Schwindel und Abscheu zugleich.
    Wie eigentlich das ganze Arrangement übertrieben weihevoll, maßlos pathetisch, ja ekelhaft schwülstig wirkte.
    Wieder derselbe retrobarocke Stil, dieselbe viel zu dick auftragende, dabei so seltsam vertraute Handschrift!
    Ist's möglich ...?
    Hagere, geflügelte Wesen umstanden den Thron. Sie gaben leise Töne von sich. Doch war, was sie hervorbrachten, kaum Gesang zu nennen; eher ein Zirpen und Wimmern, ein zwitscherndes Winseln, wie verstimmte Äolsharfen, jammernd, boshaft. Die langen krummen Schnäbel dieser grotesken Engel waren mit Riemen zusammengebunden, ihre blutenden Schwingen mit Eisenketten gefesselt. Bibbernd wippten sie hin und her, auf spindeldürren Beinen, die in der wattigen Wolkenmasse einsanken.
    Vor dem blendenden, goldgelb lodernden Strahlenkranz ließ sich die humanoide Figur auf dem Thron nur als Silhouette ausmachen. „Huldige mir!", erschallte ihre Donnerstimme. „Gern. Ich würde ja vielleicht, um dir eine Freude zu machen, sogar auf die Knie fallen", erwiderte das Specter trocken, „sofern ich Knie besäße. Hilft es, wenn ich stattdessen ein wenig mit den Kugellagern quietsche?"
    Gott zürnte.
    Mit Wohlgefallen hatte sein Auge auf dem verschrammten, eingedellten, armseligen Cyborg geruht, der allen programmierten Widrigkeiten zum Trotz bis in die höchsten Sphären vorgedrungen war.
    Doch das Entzücken, mit dem Kavuron die Anstrengungen des Winzlings verfolgt hatte, wich jählings blanker Wut angesichts dessen frecher Uneinsichtigkeit. „Höhnen willst du mich?", donnerte er. „Meine Werke mit Füßen treten, statt ihre Vollkommenheit zu preisen?"
    „Herr im Himmel!", keuchte das sechsrädrige Wrack. „Ich habe doch gar keine Füße! Und musst du wirklich so grauenhaft geschwollen daherschwätzen? Das Tableau hier ist, Geschmacksfragen einmal beiseite, ja ganz nett programmiert. Aber unter Vollkommenheit verstehe ich etwas anderes."
    „Falls du darauf anspielst, dass es dir gelungen ist, einige wenige Lücken in der Abschirmung auszunutzen ..."
    „Ich bin hier. Das sollte Beweis genug sein, dass dein abstoßend hässliches System gravierende Mängel aufweist."
    Gott hatte sich diese Begegnung gänzlich anders vorgestellt. Er fühlte sich um etwas geprellt, nach dem ihn schon seit sehr langer Zeit dürstete: Anerkennung aus berufenem Mund.
    Der Fremde, unzweifelhaft ein hochrangiger Experte auf biopositronischem Gebiet, hätte diese Welt und ihren Erschaffer loben sollen. Kollegiale Bewunderung hatte Kavuron erwartet, Ehrerbietung und letztlich Unterwerfung.
    Er hatte vorgehabt, den Tod dieses begabtesten aller bisherigen Eindringlinge so lange wie möglich hinauszuzögern. Hatte die Begegnung mit dem anderen, nahezu Kongenialen genießen wollen, ausgiebig spielen, fachsimpeln.
    Doch der Unbekannte, obwohl sichtlich schwer angeschlagen, dachte nicht daran, den Allmächtigen zu würdigen, geschweige denn ihn anzubeten und zu verherrlichen.
    Im Gegenteil: Er verspottete ihn! Das durfte ein Gott nicht zulassen. „Hässlich nennst du meine Schöpfung?", schrie Kavuron. „Hässlich? Nun, dann wollen wir sehen, wie es um deine eigene Schönheit bestellt ist!"
    Und er sprach das Machtwort, das die Fesseln aller seiner Kreaturen löste.
    Die Engel stürzten sich auf den Cyborg und begannen, ihn in Stücke zu reißen.
    Mit den Schnäbeln hackten sie auf ihn ein, mit den messerscharfen Klingen an ihren Flügelspitzen schnitten sie durch sein Blech, durch seine Haut.
    Ungeachtet der grauenhaften Schmerzen frohlockte das Specter. Es hatte die Attacke bewusst provoziert.
    Gegen eine in sich ruhende, nahezu perfekt austarierte Konstruktion dieser Stärke hätte Spex nicht die geringste Chance besessen.
    Auch so waren seine Erfolgsaussichten immer noch denkbar gering. Doch die hektische Aktivität, die das Subsystem

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