2246 - Kavuron der Spieler
unauffällig Hindernisse aus dem Weg geräumt hätte.
Gott aber hatte, ohne sich vorerst selbst zu exponieren, sehen wollen, was der Neue draufhatte.
Und das war wirklich allerhand. Den Trick mit dem Doppelgänger hatte Kavuron natürlich durchschaut. Ihm konnte man nichts vormachen, nicht hier in seinem Reich, seiner ureigenen Schöpfung.
Doch die Programme und Konstrukte, die dabei verwendet worden waren! So leicht, so smart aufs Wesentliche reduziert, so fast schon frivol ungekünstelt, bar jeden Schnickschnacks und Ballasts und ...
Hätte wohl kaum von mir sein können, dachte er in einem Anflug von Neid.
Der unscheinbar, geradezu harmlos wirkende Cyborg hatte inzwischen, bedenklich mühelos, die Fallensysteme überwunden und den Zugang zur nächsten Ebene erreicht. Kavuron hätte ihn noch eine Weile in der Fabrikwelt herumschicken können. Doch er brannte darauf, den Fremdling mit dem Allerheiligsten zu konfrontieren. So bald würde sich nicht wieder eine Chance ergeben, sein Meisterstück von einem beinahe Gleichwertigen testen zu lassen.
Freue dich, dachte er, während er die positronischen Weichen stellte. Die Pforten des Paradieses öffnen sich für dich. Du wirst Gott schauen dürfen - und dann im siebten Himmel sterben.
Siebente Runde: Himmel und Hölle Der Weg, schmal und steinig, wand sich in unzähligen Serpentinen den steilen Berghang hinan.
Das Terrain war tückisch. Immer wieder drehten die Räder im Geröll durch. Oder sie glitten auf spiegelglatten Felsplatten ab, sodass der Cyborg zurückzurutschen und abzustürzen drohte. Entsprechend langsam kam er voran.
Das Specter hätte liebend gern die Gestalt gewechselt, sie gegen eine dieser Umgebung angepasstere eingetauscht. Allein, das gelang ihm nicht.
Dieser Knoten erlaubte keinerlei Eingriffe in die Metaphorik seiner Matrix. Daran, dass Spex nicht einmal sich selbst zu verändern vermochte, ließ sich ermessen, wie potent, robust und übermächtig dieses Subsystem angelegt war. Perfiderweise zwang es jeden Eindringling, seine in der vorigen Ebene gewählte Erscheinungsform als halb robotisches Gefährt beizubehalten. Wenngleich - oder wohl eher gerade weil - diese fürs Klettern denkbar ungeeignet war.
Der Berg schien kein Ende zu nehmen. Das Specter empfand die Periode der Plackerei, die es für die Überwindung der kahlen, zerklüfteten Flanke benötigte, subjektiv als tage-, wenn nicht gar wochenlang. Schon bald war ihm jegliches Zeitgefühl abhanden gekommen. Obzwar die Verbindung zum Seelenanker über die hauchdünne, kaum mehr wahrnehmbare Nabelschnur gewährleistet blieb, wurde sein internes Chronometer überlagert - ein weiteres Indiz für die Dominanz der Knoten-Architektur. Spex hätte nicht einmal aufs Gröbste schätzen können, wie viel Realzeit verstrichen war, bis der Cyborg endlich, scheppernd und ächzend vor Überbeanspruchung, den Gipfel erklommen hatte.
Hier entsprang eine Art Brücke. Ein schmales, steinernes, brüchig wirkendes, in sich verwundenes Band rankte sich, allen Gesetzen der Statik spottend, über den Höllenschlund, viele Kilometer weit.
Scheinbar unmittelbar vor dem Horizont schwang sich der Steg jäh in die Senkrechte und verschwand in der türkis schillernden Wolkendecke.
Das ist nicht real, erinnerte sich das Specter. Nur ein Bild, ein Symbol für eine besonders knifflige Zugangssicherung. Die wir gleichwohl knacken können. Sogar in diesem Körper!
Mulmig war ihm dennoch zumute, als es die filigrane Brücke in Angriff nahm. Das poröse Gestein fühlte sich verdammt echt an, desgleichen die plötzlichen, vollkommen unberechenbaren Sturmböen, die Spex hinunterzustoßen drohten.
Meter für Meter arbeitete sich der kleine, verbeulte Cyborg vor. Ungelenk und schweffällig kroch er auf seinen sechs wackligen Rädern dahin, Meter für Meter für Meter. Mehr als einmal verlor er das Gleichgewicht; konnte den Sturz nur dank seines Seils abfangen; baumelte in Todesangst über dem Nichts - und zog sich mühsam, knarzend und knarrend, mit der Winde wieder hoch.
Und weiter, immer weiter ...
Wie viele Flüche das Specter dabei ausstieß, wie oft es Mole dafür verwünschte, jemals den Maulwurfsbau verlassen zu haben, hätte es hinterher nicht mehr zu sagen vermocht. Wieder verging eine halbe Ewigkeit, bis es in die blaugrün changierenden Nebelschleier eintauchte.
Die Schwaden waren feucht und kalt. So eisig kalt, dass sich seine Karosserie mit Reif bedeckte.
Seine mechanischen Teile drohten zu
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