2246 - Kavuron der Spieler
stellte eine leichte Übung dar und war gewöhnlich in wenigen Millitontas erledigt.
Gewöhnlich, ja.
Doch die Person, die hinter dem Cyborg steckte, war kein gewöhnlicher Eindringling. Kavuron besaß Grund anzuzweifeln, dass es sich überhaupt um eine Person im herkömmlichen Sinn handelte.
Seine geflügelten Lieblinge hatten, angespornt von seinem gerechten Zorn, das kleine Hybridwesen in der Luft zerfetzt. Bis nichts mehr von ihm übrig war. Nichts. Auch nicht die geringste Spur einer Verbindung zu einem anderen Rechner; keine positronische Fährte, wie sie sonst unweigerlich jeder hinterließ, der personifiziert im Netz agierte.
Und zwar unabhängig davon, ob er mit simplen Tastaturen und Holos zugange war oder mittels SERT-Schnittstelle. „Jeder. Aber dieser nicht.
Dafür gab es zwei theoretische Erklärungen. Die erste lautete: Was zuletzt als Cyborg erschienen war - und davor, auf den niedrigeren Ebenen, in mancherlei anderer Gestalt -, war überhaupt kein ferngesteuerter Avatar gewesen, sondern ein autonomes Konstrukt.
Sehr unwahrscheinlich, da es sich mehrfach äußerst kreativ verhalten hat, überlegte Kavuron.
Außerdem hatte es selber weit mehr derartige Hilfsprogramme mitgeführt und eingesetzt, als jede bekannte positronische Kreatur verwalten konnte.
Dennoch, gänzlich auszuschließen ist gar nichts. Jedenfalls: Wenn es ein Konstrukt war, dann eines von noch nie da gewesener Komplexität.
Zweite Möglichkeit: Der Eindringling verfügte über eine Technologie, die turmhoch über der aller gängigen SERT-Bänder stand. Es existierte also sehr wohl eine Verbindung oder Fährte. Doch durch die Überlegenheit der Schnittstelle und der angeschlossenen Biopositronik wurde diese unterdrückt, unauffindbar gemacht, vor den Rezeptoren anderer Systeme verborgen.
Hierbei musste etwas völlig anderes zur Anwendung gelangen als ein relativ simples Tarnkappen-Programm wie jenes, mit dem der Cyborg in der Fabrik seine Verfolger abgeschüttelt hatte.
So oder so - wir haben es hier mit einem technologischen Quantensprung zu tun!
Jemand wie Hipet Eress hätte an dieser Stelle wahrscheinlich den Helm gezogen und wäre, seine Niederlage akzeptierend, wieder zur Tagesordnung übergegangen. Kavuron aber war nicht bloß ein Spieler, sondern ein Sieger.
Er konnte schlicht.und einfach nicht verlieren. Der Gedanke, sich jemand Unbekanntem geschlagen geben zu müssen - auf seinem ureigensten Gebiet! -, erschien ihm so ausgefallen wie die krause Vorstellung, Terraner könnten Arkoniden ebenbürtig sein. Ihm kam eine Idee.
Nehmen wir einmal an, es stimmen in gewisser Weise beide Theorien. Es handelt sich also um ein hochkomplexes Konstrukt - welches zusätzlich über eine unsichtbare Verbindung zu einem leistungsstarken Rechner verfügt.
Leichter Regen fiel auf die Wolkenebene hernieder: Kavurons Augen hatten vor Erregung zu tränen begonnen. Einige der Räucherkerzen erloschen. Die gefesselten Engel, die wieder singend seinen Thron umstanden, traten noch unruhiger von einem Bein aufs andere. Egal. Ihr Gott war vom Forscherehrgeiz gepackt worden.
Dann hat das mysteriöse Konstrukt sich womöglich vorhin zwar in seine positronischen Bestandteile aufgelöst - ist jedoch dabei keineswegs zerstört worden. Sondern ...
Teleportiert!
Und hatte sich woanders erneut zusammengesetzt. Und hielt sich wahrscheinlich immer noch in seinem, Kavurons, System auf!
Es gab nur einen Weg, diese Annahme zu überprüfen. Angesichts der Nebeneffekte und der globalen Auswirkungen hätte er dafür eigentlich die Erlaubnis der Mascanten einholen müssen. Doch war das ungewiss, und hätte sowieso viel zu lange gedauert. In dieser Zeit konnte der Fremde wer weiß was anstellen.
Die Entscheidung musste jetzt fallen, sofort.
Kavuron da Untrach, eisern gewillt, seine Schlappe in einen Triumph umzuwandeln, zögerte keinen Augenblick länger.
Fünf, sechs, sieben Stimmen gellten fast gleichzeitig durch die Überwachungszentrale. „Schwankungen im interplanetaren Netzwerk!"
„Unsere Verbindung wird instabil!"
„Es sind die arkonidischen Knoten. Sie werden heruntergefahren!"
„Wir verlieren den Kontakt! Filana, kannst du ..."
„Nichts zu machen. Wir pumpen hier unten bereits mit höchster Signalstärke."
„Das ganze globale Netz hat nur noch ein Zehntel seiner Kapazität. Tendenz weiter fallend!"
„Fallend, wallend, schallend lallend, Fäuste ba...!" (Erstickter Laut, gefolgt von dumpfem Aufprall.) „Uplink zu PRAETORIA
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