2257 - Der Mikrodieb
für den Linearflug verwendete, waren in der Kleingalaxis ebenfalls rar. Nun rächte es sich, dass die Gurrads, die Generäle und die anderen Bewohner der Großen Magellanschen Wolke die Unmengen an Howalgonium, die seinerzeit aus den Hypnokristallen hervorgegangen waren, über Jahrhunderte als wertvolle Devisenbringer eingesetzt und die Schwingquarze tonnenweise an die Milchstraßenvölker verkauft hatten.
Es ist höchste Zeit, dass wir einen leistungsfähigen Ersatz finden, dachte Bully. Er hoffte auf die Wissenschaftler und Ingenieure in der Heimat, vor allem aber im Hayok-Sektor, wo es Hunderte verschiedene Forschergruppen gab, die alle in dieser Richtung experimentierten.
Von den gewaltigen Kapazitäten PRAETORIAS ganz zu schweigen. „Es liegen erste Erkenntnisse über den Zustand des Weltraums vor", sagte Shabor Melli, seines Zeichens Funk- und Orterchef.
Die Daten überraschten Bully nicht. Innerhalb der Großen Magellanschen Wolke wirkte die Hyperimpedanz ebenso wie in der Milchstraße. Eine Reihe ausgedehnter Hyperstürme war entstanden, die Stärken von 100 bis 150 Meg erreichten. Sie brachten nicht nur die Gefahr von Tryortan-Schlünden mit sich, sie gefährdeten auch etliche bewohnte Welten. Auf Grund der stärkeren Konzentration innerhalb des Gravitationsfeldes von Magellan kam es zu massiven Beeinträchtigungen aller auf Hyperbasis funktionierenden Aggregate.
Bully musste an das denken, was Alf ven Hyers gesagt hatte. Der Ingenieur war als Schwarzseher bekannt, aber in diesem Fall übertraf die Wirklichkeit vermutlich alle Spekulationen und Vorhersagen. „Nichts bleibt übrig", murmelte er. Die Männer und Frauen auf dem Kommandostand wandten die Köpfe und sahen ihn fragend an. „Vergesst unsere Hawk-Reserven", fuhr er fort. „Allein schon die Umwege, zu denen uns die Hyperstürme zwingen, fressen locker einen Großteil aller Kapazitäten auf. Wir können froh sein, wenn wir es am Schluss gerade so nach Navo-Nord schaffen."
Der Terraner widmete sich wieder dem Hologramm, das in vereinfachter Weise den Kurs des Schiffes darstellte, eine hellrote Linie quer durch die dreidimensionale Projektion Magellans. Die Linie führte von Navo-Nord zum Tarantelnebel. Auf diesem Kurs stellten die Orter bisher keine Hyperstürme fest.
Zweieinhalb Tage Flug lagen inzwischen hinter ihnen. Die RICHARD BURTON hatte in dieser Zeit 2300 Lichtjahre zurückgelegt. Nach und nach fingen die Hyperfunkempfänger ganze Bündel von Funksprüchen und Informationen ein.
Hilferufe von im Raum gestrandeten Schiffen und Alarmmeldungen von Raumstationen wechselten sich mit Notrufen von Planeten ab. Ein Gurrad-Schiff drohte in eine Sonne zu stürzen. Die Entfernung betrug knapp vierhundert Lichtjahre.
Früher hätte Bully sofort neuen Kurs setzen lassen, um dem Havaristen zu Hilfe zu eilen. Der ENTDECKER hätte eine Metagrav-Etappe eingeleitet und wäre wenig später an Ort und Stelle gewesen. So aber waren acht Linearetappen nötig, und bis zum Eintreffen war das Schiff längst in der Sonne verglüht. „Es sind Hunderte Notrufe allein in diesem Sektor der Wolke", stellte Shabor Melli nach einer Weile fest. „Sollen wir sie wirklich alle aufzeichnen?"
„Selbstverständlich", antwortete Bully tonlos. Das Wissen, nichts tun zu können, hilflos Berichte vom Tod mit ansehen zu müssen, brachte ihn, der es gewohnt war zu helfen, fast um den Verstand. „Es sind Dokumente für die Nachwelt."
Ein Großteil gelangte über diverse Funkrelais bis zu den Empfängern. Er wollte nicht in der Haut der Gurrads oder Perlians stecken, die an den Funkempfängern saßen und ihren Artgenossen nicht helfen konnten.
In der RICHARD BURTON waren die Menschen aber auch nicht besser dran. Sie wollten helfen und konnten es nicht.
Bullys Entsetzen wuchs mit jeder Stunde. Es lag vor allem an dem Widerspruch zwischen seiner Erwartung und dem, was sie in Magellan vorfanden.
Früher hatte die Große Magellansche Wolke technisch gesehen als Armenhaus der Lokalen Gruppe gegolten. Nirgends hatte man mit so viel veralteter Technik gearbeitet wie hier. Bully erinnerte sich, dass selbst zu Zeiten Camelots in der GMW noch Werften existiert hatten, die auf die Reparatur von Lineartriebwerken spezialisiert waren.
Für die Gegenwart stellte das jedoch optimale Voraussetzungen dar. Nur das Problem fehlender Hyperkristalle wog noch schwer. Mit jedem Lichtjahr, das die RICHARD BURTON weiter in die Sterneninsel eindrang, mit jedem Hundert oder Tausend an
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