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227 - Herr des versunkenen Reiches

227 - Herr des versunkenen Reiches

Titel: 227 - Herr des versunkenen Reiches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Knorpelpartie, die einer skelettierten Nase glich, und das entsetzliche Maul darunter… es war groß und hohl und an den Mundwinkeln nach unten gezogen. Alles in allem hatten die Kreaturen ein Gesicht, dem entfernt menschliche Züge anhafteten. Man musste nicht abergläubisch sein, um bei diesem Anblick an den Teufel zu denken.
    »Es sind nur Fische«, sagte Matt. »Und unsere Transportqualle ist sicher!«, fügte er rasch hinzu. »Ich meine: Wir tragen zwar die Druckanzüge, die wir an Bord gefunden haben, brauchen aber die Helme nicht aufzusetzen. Und warum nicht?« Matt breitete die Arme aus. »Weil diese Qualle für den Druckausgleich sorgt und gleichzeitig auch die benötigte Menge Sauerstoff produziert. Mit der Bionetik haben die Hydriten einige Jahrtausende mehr Erfahrung als wir mit der Technik.«
    Aruula verzog das Gesicht. »Das kann ich nur hoffen. Deine Tekknik hat uns schon mehr als einmal im Stich gelassen!«
    Yann Haggard schien sich besser als sie mit ihrer Situation zu engagieren; er saß meist still da, starrte auf den Quallenboden und sagte kein Wort. Vermutlich wirkten Gilam’esh und Nefertari beruhigend auf ihn ein.
    Matt selbst war – entgegen seiner Beteuerungen – auch nicht gerade wohl zumute bei dem Gedanken, wie tief unter dem Meer sie sich befanden. Aber das konnte er Aruula und Yann gegenüber nicht zugeben. Die Helme der Druckanzüge hatte er jedenfalls in Griffweite deponiert – falls etwas Unvorhersehbares passieren sollte.
    Es gelang ihm leidlich, sich abzulenken, indem er die Fauna der Tiefsee betrachtete. Besonders die Blauwale hatten es ihm angetan; zweihundert Tonnen schwere Kolosse, an deren Größe kein Tier der Welt – ob ausgestorben oder existent – heranreichte. Er war fasziniert von der Grazie, mit der sich diese freundlichen Giganten durchs Wasser bewegten. Er lauschte ihrem Gesang, der so fremdartig und melancholisch zugleich war und die Seele berührte.
    Doch diese Idylle war leider nicht von Dauer.
    In achteinhalbtausend Metern Tiefe begannen sich Yanns Ängste langsam Bahn zu brechen. Ihm schien bewusst zu werden, wie unendlich weit die Meeresoberfläche inzwischen entfernt war, und die Hydriten konnten die Panik, die ihn überfiel, kaum dämpfen. Die unheimlichen Kreaturen, die der Bugscheinwerfer der Transportqualle immer häufiger aus der ewigen Finsternis riss, waren mit nichts Bekanntem vergleichbar und ließen sich keiner Gattung zuordnen. Manteltiere zum Beispiel; durchsichtige Dinger von der ungefähren Form einer gekrümmten Hand, die wie Venusfliegenfallen nach ihren Opfern schnappten.
    Yann hatte solche Lebewesen nie zuvor gesehen. Vielleicht hätten sie ihn mehr erstaunt als erschreckt, wenn er noch die Möglichkeit gehabt hätte, an die Oberfläche zurückzukehren. Dorthin, wo Luft und Weite waren. Doch das ging nicht mehr, und diese Erkenntnis machte für ihn aus der Enge der Transportqualle einen Kerker ohne Luft und Ausweg.
    Yann glaubte zu ersticken; er hyperventilierte, wurde panisch. Die einzige Möglichkeit bestand darin, ihm seinen Körper zu nehmen; etwas, das Gilam’esh nur im äußersten Notfall guthieß. Nefertari brachte den Geist des Sehers mit mentaler Gewalt unter ihre Kontrolle, während Gilam’esh seinen Körper lenkte. Yanns hysterisches Geschrei verhallte. Seine Gefährten atmeten auf.
    Tauchtiefe: 9.500 Meter
    Nach einer Weile schien Yann sich beruhigt zu haben. Allmählich näherten sie sich dem Grund des Marianengrabens, und es war sicher von Nutzen, wenn die beiden Hydritengeister sich auf die Ankunft konzentrieren konnten, anstatt sich um Yann kümmern zu müssen. Also lockerte Nefertari ihren mentalen Griff um sein Gehirn, und Matt versuchte ein Gespräch mit dem Seher zu führen, der zusammengesunken in der Nische zwischen zwei Konsolen hockte und vor sich hin stierte.
    »Hör zu, Yann«, begann Matt. »Ich kann ja durchaus verstehen, dass du Angst hast…«
    »Hab ich nicht!«
    »Doch, hast du. Und das ist ganz normal. Eine Reise zum Grund des Marianengrabens wäre selbst für erprobte Forscher meiner Zeit eine schwer verdauliche Kost gewesen. Aber ich versichere dir, dass wir in der Transportqualle sicher sind!«
    »Wir werden sterben. Alle! Die grauenhaften Fischkreaturen werden uns das tote kalte Fleisch von den Knochen reißen und…«
    »Bullshit!« Matt wurde ärgerlich. »Jetzt hör endlich auf mit dem Scheiß, Mann! Du machst Aruula schon die ganze Zeit nervös!« Tiefe Zornesfalten entstanden zwischen seinen

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