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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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oft war ihm angeboten worden, seine körperlichen Behinderungen chirurgisch und biotechnisch ausmerzen zu lassen. Immer hatte er abgelehnt. Das skoliotisch verwachsene, verkrümmte Rückgrat, eine der letzten Auswirkungen der „englischen Krankheit", wie man die Rachitis damals noch genannt hatte, war ein Teil seiner Persönlichkeit. Die Krankheit und die Entbehrungen der Zwischenkriegszeit hatten seine Kindheit und Jugend geprägt und seinen Charakter geformt.
    Mit den permanenten Schmerzen, die ihm der Synthoplast-Harnisch verursachte, konnte er leben. Wenn er sich danach sehnte, endlich das Exoskelett ablegen zu können, dann eher aus hygienischen Gründen. Seit Tagen träumte Homer von einer erfrischenden Dusche oder gar einem wohlriechenden Wannenbad ...
    Nun, ihr Besuch hier diente unter anderem dem Zweck, die aufwändige Verkleidung überflüssig zu machen.
    Matti beendete einen weitschweifigen Exkurs über Humanerosion und deren Auswirkungen auf Flora und Fauna, dann sagte er zum Leiter der Station, der ihm mit schweren Lidern zugehört hatte: „Apropos, ich hätte noch eine Bitte. Ich bin auch Vogelbeobachter, Mitglied der Gesellschaft der Freunde der Gefiedertem, und habe auf dem Herweg ein sehr seltenes Exemplar eines Pirols gesehen - Loriotus bülowiensis. Könnte ich von hier aus eine Nachricht an die Gesellschaft senden, mit einem Foto, das die Sichtung dokumentiert? Bevor mir jemand anders zuvorkommt?"
    Der Stationsleiter grinste. „Pirol-Meldungen hatten wir heute schon drei. Aber bitte, lass dich nicht aufhalten."
    Er deutete zur Komm-Konsole neben der Bar. Matti holte die Minikamera aus dem Rucksack, stellte die drahtlose Verbindung her und begann auf der Tastatur zu tippen.
    Homer musste sich zwingen, nicht den Atem anzuhalten. Wegen dieses so harmlos aussehenden Vorgangs hatte er die ganze strapaziöse Bergtour auf sich genommen ...
    Beiläufig trat er hinter Matti und blickte ihm über die Schulter. Unmittelbar nachdem die Bestätigung der Vogelsichtung gekommen war, flackerte das Monitorbild für Bruchteile von Sekunden. Er klopfte dem Zirkusdirektor leicht, wie anerkennend, auf die Schulter. „Bingo", sagte Matti, desaktivierte die Verbindung und drehte sich zu dem Wissenschaftler um. „Schönen Dank auch."
    „Keine Ursache."
    Mehr passierte nicht.
    Zumindest nicht hier auf der Erde
     
    24.
     
    Beim Abstieg war Adams ein wenig gesprächiger. „Scheint geklappt zu haben", sagte er nach etwa zehn Minuten.
    Matti hatte durchaus erfasst, wozu die ganze Aktion gedient hatte: nämlich unauffällig Kontakt mit NATHAN aufzunehmen, der lunaren Hyperinpotronik, deren Netzwerk das gesamte Solsystem umfasste. Dazu hatten sie einen Knoten benötigt, der mit NATHAN in permanentem Datenaustausch auf niedriger Sicherheitsstufe stand - wie eben die Station am Schneeberg, die in das globale Wetterkontroll-System eingebunden war.
    Der Stellenwert des Riesenrechners am Mond war selbstverständlich auch Carlosch Imberlock bewusst, desgleichen den übernommenen Führungspersönlichkeiten von LFT und TLD. NATHAN unterstand per Basis-Programmierung dem Ersten Terraner und war diesem, also Maurenzi Curtiz, zur Loyalität verpflichtet.
    Dennoch würden Curtiz, Imberlock und ihr Meister Gon-0 der Hyperinpotronik nicht völlig über den Weg trauen. Gewiss ließen sie NATHAN penibel überwachen, da sie vermuteten, dass der Residenz-Koordinator oder andere Aktivatorträger gewisse Vorkehrungen getroffen hatten.
    Dem war auch so, hatte Adams erklärt.
    Der Krisenplan „Karthagos Fall" sah vor, dass NATHAN sich anfangs bei einigen Aktionen „ertappen" ließ, die in Zusammenhang mit Homers und Mondras Flucht standen. Dabei sollten diverse Kodewörter und verborgene Schläfer-Konstrukte entdeckt werden, desgleichen mögliche Rückzugsorte und Tarnidentitäten. Gon-0 beziehungsweise seine damit befassten Jünger sollten glauben, der Hyperinpotronik auf die Schliche gekommen zu sein, sie aber schlussendlich von allen „Wanzen" und sonstigen Hinterlassenschaften der Unsterblichen „gereinigt" zu haben.
    Es war von entscheidender Wichtigkeit, dass NATHAN danach scheinbar hundertprozentig regierungstreu mit den neuen Herrschern kooperierte. Weshalb, darüber hatte sich Homer nicht ausgelassen.
    Matti war dem Unsterblichen deswegen nicht gram: Was man nicht wusste, konnte man nicht verraten, das leuchtete ihm ein.
    Auch wenn es also ganz danach aussah, als hätten sie den Gigantrechner im Griff, würde insbesondere die

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