2284 - Die Fliegenden Rochettes
auch irgendwie stolz auf dich bin."
Der Stein, der Matti vom Herzen fiel, war nicht viel kleiner als der schwarze Hyperkristall-Brocken am Vesuv
20.
An diesem Tag sagten sie beide Vorstellungen „aus Krankheitsgründen" ab. Das war notwendig, denn Matti musste Homer G. Adams auf eine Bergtour begleiten.
Zuvor nahmen sie ihre neuen Ensemblemitglieder in Empfang.
Mondra Diamond kam zuerst. Selbst Sirene, die eine sehr scharfe Beobachterin war, hätte die Staatssekretärin nicht erkannt.
Sie trug hoch aufgetürmtes, rotblondes Haar und war raffiniert geschminkt, was ihren Teint und Gesichtsschnitt völlig veränderte, und hatte etwas zu intensiven Lidschatten und Lippenstift aufgetragen. Was zu dem Typ passte, den sie auch körpersprachlich perfekt personifizierte: altgediente Bühnentussi, die durch Blasiertheit zu überspielen versuchte, dass ihre besten Tage Vergangenheit waren. Ein „überwuzelter Rampendragoner", wie es die Wiener in ihrem blumigen Interkosmo ausdrückten.
Sie könnte meine Schwester sein, dachte Sirene selbstironisch. „Mein Name ist Ashanty Paz", flötete die Frau, nachdem sie hüftschwingend auf viel zu hohen Stöckelschuhen in die Manege getrippelt war.
Sie stellte ihre beiden rosaroten Köfferchen auf den Sägespänen ab. „Herr Direktor di Rochette hat sich an mich gewandt, weil eine Kollegin einen Unfall, hatte."
„Das bin ich", sagte Babett verhalten, mit dem Kinn auf ihre eingebundene Schulter deutend. „Ich werde noch zwei, drei Wochen ausfallen, fürchte ich."
Sie streckte den gesunden Arm aus. „Babett Bündchen. Herzlich willkommen!"
Mondra - nein: Ashanty! Wir kennen keine Mondra - ergriff die dargereichte Hand. Sirene vermeinte zu hören, wie es zwischen den beiden Frauen knisterte. Hoffentlich entsteht hier keine Rivalität, dachte sie. Es reicht, dass Babett mich ständig mit Blicken erdolcht. „Hach, Kindchen", hauchte Ashanty ein wenig affektiert, doch freundlich. „Dich werde ich nie und nimmer ersetzen können. Ich würde wer weiß was dafür geben, noch einmal so jung und fit zu sein wie du."
Sirenes Respekt vor der ehemaligen Agentin wuchs. Ohne auch nur einen Sekundenbruchteil aus der Rolle zu fallen, hatte Mondr... Ashanty in zwei Sätzen klargestellt, dass sie nicht in Babetts Revier wildern wollte, weder künstlerisch noch zwischenmenschlich. Prompt lockerte sich Babetts Haltung, und sie strahlte übers ganze Gesicht. „Es freut mich, dich kennen zu lernen. Du sollst eine große Nummer am Trapez gewesen sein."
„Vor Jahrzehnten, Kindchen. Auch das Hochseil ist mir nicht fremd, doch meine alten Knochen sind ziemlich eingerostet. Hilfst du mir trainieren? Sonst falle ich morgen schon binnen fünf Sekunden da herunter."
Sie blickte nach oben in die Kuppel und erschauerte äußerst glaubhaft.
Das muss nicht einmal gespielt sein, dachte Sirene.
Laut Matti war Mondra Diamond tatsächlich in ihrer Jugend und frühen Erwachsenenzeit mit diversen Akrobatik-Formationen über die Kolonialwelten der LFT getingelt. Daher auch der kitschige Name - ein Künstlername, den sie später beibehalten hatte, obgleich sie als Artistin niemals überregionale Berühmtheit erlangt hatte.
Will sie sich tatsächlich da hinaufwagen? „Dreißig Meter über dem Boden" klingt nach nicht viel, in einer Zeit, in der Raumschiffe von Hunderten Metern Durchmesser als „Beiboote" geführt werden. Aber wenn du dann oben stehst, ist die Manege unter dir so klein wie ein Suppenteller. „Gern. Wann möchtest du anfangen?" Babett, von Natur aus rasch zu begeistern, klatschte in die Hände. „Sobald ich mir etwas Vernünftiges angezogen habe?", fragte Ashanty.
Für einen in Zeiteinheiten nicht messbaren, ultrakurzen Moment ließ sie die Maske fallen.
Furcht zu versagen las Sirene aus dem wahren Gesicht, das darunter zum Vorschein kam, aber auch unbändige Freude wegen der Herausforderung. „Ich zeige dir deine Kabine", sagte Gertraudis nüchtern
21.
Homer G. Adams' Ankunft ging unspektakulärer vonstatten. Niemand außer Matti bemerkte etwas davon.
Pünktlich um elf Uhr, wie vereinbart, lud der scheinbare Muskelprotz, dessen Physiognomie unter der Kapuze seines Parkas nicht zu erkennen war, das Kontrabass-Flightcase beim Streichelzoo ab. „Ashanty wird sich um unser Goldstück kümmern", sagte er an Stelle einer Begrüßung. „Gehen wir?"
Sie nahmen die Rohrbahn zum Süd-Raumhafen und von dort den Prallfeldzug nach Puchberg.
Als sie ausstiegen, türmten sich
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