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2289 - Der eiserne Finger Gottes

Titel: 2289 - Der eiserne Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Tafel, an der Geon-Durn von Taraon sich über ein dickes Buch beugte.
    Sie trug nur den hellen Leibrock, der alles zwischen den Schultern und Oberschenkeln verhüllte. Eine Freie, gar eine Herrin, hätte das Gewand geschlitzt getragen, bis zum Gesäß, und den wunderbar weichen Pelz wachsen lassen, um dort unten einen Schweif zu binden.
    Zu flechten, mit Bändern und Schleifen geschmückt und vielleicht mit Steinen oder Eisenspangen geziert.
    Hy'valanna mochte die schönste Frau des Reiches sein. Makellos weiße Haut ohne Maserungen, wie frischer Schnee auf den Bergen des Südens. Das ovale, zerbrechliche Gesicht mit den vollen Lippen. Herrlich scharfe Zähne und entzückende Lücken dort, wo die Reißzähne entfernt worden waren. Feine Tastborsten, mit denen sie wahrscheinlich die Beschaffenheit von Früchten oder rohem Fleisch feststellen konnte. Die Augen gelb mit schwarzen Punkten, wie köstliche Tuqalli-Beeren, aber bodenlos. Der schimmernde rötliche Schopf, am Körper schon Pelz, aber auf dem Kopf noch fast jugendlicher Flaum, obwohl sie mit ihren zweiundfünfzig Jahren bereits seit zwei Jahren volljährig wahr und eigentlich die Zeit von Flaum und Flegelei hinter sich gelassen hatte.
    Gefäß der Anmut, Springquell der Wonnen, Hort der Begierde ... wieder fielen Tum einige Wortgebilde des wandernden Sängers ein. Aber es war sinnlos, auch nur an Worte zu denken, von Taten ganz zu schweigen.
    Denn Hy'valanna war Sklavin. Dreifach sinnlos, sie anders als ein Stück Hausrat zu betrachten. Herren mochten sich mit Sklaven zerstreuen, aber für Knechte und Mägde - „Lohnsklaven" - waren diese unberührbar. Bei ihrer Halbreife, mit fünfundzwanzig, war Hy'valanna zur Ewigen Sklavin erklärt worden. In drei Jahren, wenn sie fünfundfünfzig, völlig erwachsen und gebärfähig war, würden die Mond-Deuter sie holen. Bis dahin durfte nicht einmal der Herr sie berühren. Aber ...
    „Trete er näher." Geon-Durns Stimme riss Tum aus seinen trüben Überlegungen. „Hat Er alles erledigt?"
    „Ja, Herr - wie Ihr befohlen habt." Er ging zum Tisch, legte die gerollte Weltkarte auf die Platte und stellte die Korbtasche daneben. „Die Karte, Blätter, Tintensteine und Stifte. Alles war etwas billiger als vorgesehen." Er leerte den Beutel; die Münzen klirrten leicht.
    „Gut. Er kann es gleich nach oben bringen, ins Denkzimmer. Und die anderen Aufträge?"
    „Auch diese, Herr." Tum wies mit dem Daumen hinter sich. „In der Küche wird gerade alles eingeräumt."
    Geon-Durn nickte, mit einem angedeuteten Lächeln. „Gut. Dann kann das Fest wie geplant stattfinden."
    „Falls es eines wird, Herr", sagte Hy'valanna.
    Tum schloss einen kurzen Moment die Augen. Die Stimme, ah, diese Stimme! Ein Strom aus Gier und Eisen, Zartheit und Gewalt ...
    „Gab es sonst noch Neuigkeiten? Gerüchte?"
    Tum-Tawalik riss sich zusammen und öffnete die Augen wieder. „Nein, Herr. Nur das übliche Marktgeschwätz."
    „Nichts aus Taraon? Über diese angeblichen Unruhen?"
    „Nichts Neues, Herr."
    „Nun gut. Er ... du kannst gehen. Bring alles nach oben und kümmere dich dann um die Vorbereitungen. Ich weiß das Haus in guten Händen."
    Du. Zeichen der Zufriedenheit, des Vertrauens. Tum verneigte sich, nahm Tasche und Karte und ging zur Tür. Als er sie öffnete, schaute er noch einmal zurück und sah den Blick, mit dem der Herr die Sklavin bedachte.
    Tum-Tawalik, der Erste Knecht, Sohn von Knechten der Edlen Taraons, empfand plötzlich Mitleid mit seinem Herrn. Mitleid wegen all der Dinge, die er ihm verschwieg - der Nachrichten aus dem Taraon, die ihm der Händler insgeheim mitgeteilt hatte.
    Und Mitleid wegen dieses Blicks. Geon-Durn von Taraon - Grundherr, Edler, Wissenschaftler, einer der Großen des Reichs, von den Mond-Deutern beauftragt, die Ewige Sklavin für die Heiligen zu hüten bis zum Tag ihrer „Nutzung" - würde fallen.
    Die Priester würden ihn zerreißen, sobald sie es erfuhren. Mit ihren langen Krallen und den Reißzähnen, die den wahrhaft Erhabenen nie entfernt worden waren. Und selbst wenn sie Gnade walten ließen - unwahrscheinlich, aber nicht vollkommen unmöglich - ,wäre der Herr für die anderen Edlen tot. Denn er war rettungslos in die Sklavin verliebt. Eine Ewige Sklavin.
    Sich mit einer gewöhnlichen Sklavin vergnügen, das mochte angehen, auch wenn die Edlen es ungern sahen und die Priester es tadelten. Aber - Liebe? Dauer? Gar Vermählung? Dafür würde man ihn ächten. Wer ihm etwas schuldete, würde die

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