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2289 - Der eiserne Finger Gottes

Titel: 2289 - Der eiserne Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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er sich, dass es eher so etwas wie Ärger war - Verärgerung über allzu viele Dinge, die plötzlich gleichzeitig zu tun waren.
    Das Fest: lange vorbereitet, vielleicht der wichtigste Abend seines Lebens. Es blieb noch viel zu tun. Bücher mussten ausgesucht und nach unten in den Saal gebracht werden; Blätter und Stifte für alle, die vielleicht etwas notieren wollten von dem, was er zu sagen hatte; Speisen und Getränke; eine ausgeklügelte Sitzordnung, um Freunde und Feinde so zu mischen, dass sie einander blockieren würden.
    Tinte. Er hatte selbst Tinte bereiten wollen. Ein schwieriges Verfahren; schließlich sollte sich keiner der Edlen und Priester über Klumpen oder Verwässerung beklagen. Aber damit mochte er sich nun nicht befassen.
    Er ging zurück ins Treppenhaus und klatschte in die Hände. Unten in der Diele erschien Tum-Tawalik, schaute zu ihm herauf und sagte: „Was ist Euer Begehr, Herr?"
    „Wer könnte Tinte machen?"
    Der Knecht schien zu überlegen; ein wenig zögernd sagte er: „Sie sind alle auf den Feldern, Herr, im Nutzgarten und in der Küche. Hy'valanna?"
    Geon-Durn fauchte leise. „Nein. Bist du abkömmlich?"
    „Wenn ihr es befehlt."
    „Ich befehle. Komm!"
    Natürlich war es unmöglich gewesen, allein mit Hy'valanna im Denkzimmer zu sein. Dort gab es eine Liege, und nach all der Mühe wäre es eine billige Form des Schwachsinns ...
    Niemand hatte sie beide je in der Nähe eines Bettes oder einer Liege gesehen. Keiner würde behaupten können, der Herr und die Ewige Sklavin hätten sich der Lust ergeben. Behaupten?
    Nun ja, behaupten ließ sich vieles, aber nicht beweisen.
    Er schloss ein paar Atemzüge die Augen und spürte, wie in ihm wieder die heiße Welle emporstieg. Hy'valannas Umarmung. Die tausenden Möglichkeiten, das Fleisch zu wecken, Lust zu kosten. Gier - schwindelerregende Gier und Sehnsucht und Liebe.
    Mit Hy'valanna in die Vergangenheit zurückfallen, Kleider und Haus und Werkzeuge zurücklassen, auf allen vieren durch die Wüste rennen, die Monde anbrüllen und Beute mit den Krallen und Zähnen erlegen. Mit ihr zusammen sein, ohne sich zu verbergen, mit ihr Tage und Nächte und Jahre zu altern, ohne die Jugend zu verlieren. Er wollte all das laut knurren, hinausbrüllen. Seine Liebe bekennen.
    Da war es wieder, dieses Wort, das sein Vater ausgesprochen hatte, als handle es sich um ein Verbrechen. Bekennen. Geon-Durn der Bekenner, der die Liebe und die Wahrheit und seine Ansichten über die Welt nicht verschweigt, sondern sagen wollte. Rufen. Brüllen.
    Tum-Tawalik trat ein, verneigte sich und ging zum Nordfenster. Dort befanden sich auf einem kleinen Tisch alle Gegenstände, die er benötigte, um Tinte zu machen: die Bronzereibe, Mörser und Stößel, das Sieb, der schwarze Eimer, der Ofen, auf dem das Wasser erhitzt werden konnte.
    Geon-Durn von Taraon beobachtete den Knecht aus den Augenwinkeln. Tums Gesicht war unbewegt. Oder schien so, aber das mochte auch daran liegen, dass vor dem Nordfenster die Schatten spenden Zezo-Zweige das Licht dämpften und Tums Züge mit einem seltsamen Muster aus hellen und dunklen Flecken überzogen.
    Der Knecht hatte die Ohren angelegt und ließ die Schnauzborsten hängen. Er rieb an einem der Tintensteine. Bröckchen und Staub fielen in den Tiegel, den er zwischen den Knien hielt.
    Geon-Durn wandte sich ab. Vierzig Stifte, dachte er, vierzigmal fünf Blätter - reicht das?
    Nicht alle Gäste würden schreiben wollen, und er mochte nicht alle teuren Blätter verschenken.
    Er hatte eben begonnen, jeweils fünf Blätter und einen Stift zurechtzulegen. Dabei grübelte er über eine möglichst unverfängliche, aber dennoch eindringliche Frage nach, mit der er den Knecht dazu bringen könnte, alles zu sagen, was er über die Zustände und Vorgänge in Taraon wusste. Aber ehe er mehr als vier Blätterstapel mit Stiften aufeinander gelegt und eine halbe Frage gedacht hatte, wurde unten am Eingang die große Brüllglocke betätigt.
    Er hörte leise Stimmen, denn eilige Schritte auf der Treppe und ein Kratzen an der Tür. „Was gibt es?" fragte er laut.
    Hy'valanna trat ein. Sie verneigte sich. „Herr, der Edle Taban-Tselayu von Orontz bittet darum, von Euch empfangen zu werden."
    „Er soll kommen. Und bring uns frisches Wasser."
    Tum erhob sich, den Tiegel in einer Hand.
    „Bleib", sagte Geon-Durn. „Mach weiter! Wenn Geheimnisse zu bereden sind, schicken wir dich hinaus."
     
    *
     
    Moosgeflecht statt Pelz (unvollständiges Blatt).

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