2289 - Der eiserne Finger Gottes
Bedeutende Zahntiere, spring, spring, erst vor kürzlichstens (?) Aftergebein. Krallung, vorteilhaft. (Könnte heißen: Er trägt ein Geflecht aus Pflanzen, keinen Pelz. Er ist - oder sind wir gemeint? - ein springendes Raubtier mit Zähnen, das erst seit kurzem auf den Hinterbeinen geht. Krallen sind hilfreiche Werkzeuge?)
Aus dem EISENBUCH, Kapitel 8
Taban-Tselayu folge der Sklavin treppauf. Zweifellos eine schöne Frau, sagte er sich. Ein Genuss, sie gehen zu sehen. Sich vorzustellen, mit ihr Bisse zu tauschen und in anderen Genüssen zu schwelgen ... Aber Durn ist ein Narr.
Hin und wieder, wenn nichts Wichtiges zu besprechen war, geben sich auch die Edlen müßigem Getuschel hin. Alle wussten, oder glaubten zu wissen, dass der Edle von Taraon sich mit dieser Sklavin vergnügte. Eine Ewige Sklavin noch dazu. Manchmal stellten sie dann Mutmaßungen darüber an, was die Priester und Mond-Deuter tun würden, wenn sie demnächst feststellten, dass die Sklavin nicht mehr unberührt war. Ein Narr, wiederholte er stumm.
Dann stand er dem Narren, dem Freund, gegenüber. Die Begrüßung fiel ein wenig förmlich aus, was wahrscheinlich daran lag, dass am anderen Ende des Raums ein Knecht die Tinte rieb.
Taban-Tselayu erwog einen Moment, um die Entfernung des Knechts zu bitten. Er wollte mit Geon-Durn Dinge bereden, die keinesfalls für die Ohren von Dienern oder Sklaven bestimmt waren. Aber dann beschloss er, damit noch eine Weile zu warten. Man machte dem Herrn eines Rudels nicht in seiner Höhle Vorschriften. Und es gab andere, minder verfängliche Themen, die ebenfalls zu erörtern waren; den Knecht wegschicken könnte man später auch noch.
Die Frau brachte ein Tablett mit einem Krug und zwei Gläsern. Als sie gegangen war, füllte Geon-Durn die Trinkgefäße mit dem köstlichen Wasser aus seinem Tiefbrunnen.
„Nun, was verschafft mir das Vergnügen, dich zu sehen?"
Taban-Tselayu streifte den Tintenmacher mit einem Blick. Er musste wohl das Vertrauen seines Herrn genießen, dass dieser vor ihm auf das „Ihr" verzichtete. Narr, sagte er sich noch einmal. Kein Herr sollte einem Diener so sehr vertrauen.
„Ich bin gekommen, um mit Euch ... um mit dir den morgigen Abend zu besprechen", sagte er. „Und - danke für das köstliche Wasser. Dein Brunnen hat noch nicht nachgelassen, wie ich schmecke."
Er trank; dabei fragte er sich wieder einmal, welche entlegenen, tiefen Wasserschichten Geon-Durn wohl erreicht hatte. Sein eigener Brunnen, fast hundert Mannslängen tief, gab wie fast alle anderen in Grachtovan jene brackige Flüssigkeit ab, die nur das einfache Volk ungereinigt trank.
„Schau!", sagte Geon-Durn. Er war aufgestanden und hatte eine Rolle geholt, die er nung auf dem Tisch ausbreitete. „Eine neue Karte, mit der ich morgen arbeiten möchte."
Taban-Tselayu betrachtete die entrollte Darstellung der Welt. „Sehr sauber", sagte er. „Man möchte meinen, der Kartenzeichner hätte nächtelang mit Fernhändlern getrunken.
Oder er hätte viel Einbildungskraft."
„Wie kommst du darauf?"
„Hier." Taban-Tselayu deutete auf die Umrisse des südwestlichen Kontinents, Idirsan.
„Nur als Beispiel. Da sind Buchten und Kaps, von denen ich bisher nichts wusste. Aber ..."
Er lächelte und hob die Schultern. „Ich bin ja kein Fachmann dafür. Vielleicht gibt es diese Dinge wirklich. Immerhin ist es eine ordentliche, sehr übersichtliche Karte."
„Sie hat einen Mangel." Geon-Durn rieb sich die Wange; vielleicht, um ein Lächeln oder Zwinkern zu verbergen. „Aber ohne den Mangel dürfte sie in Grachtovan nicht verkauft werden."
„Was ist der Mangel?"
„Die Gradeinteilung."
Taban-Tselayu runzelte die Stirn. „Erleuchte mich; ich habe zu wenig Ahnung."
„Darüber werden wir morgen sprechen. Aber schau einfach einmal genauer hin."
Taban-Tselayu unterdrückte einen Seufzer und beugte sich über die Karte. Und während er die Umrisse der sieben Kontinente betrachtete, die fein ausgearbeiteten Farbabstufungen, durch die Meerestiefen und Berghöhen, fruchtbare Lande und Wüsten gekennzeichnet waren, lauschte er mit halber Aufmerksamkeit Geon-Durns Ausführungen.
Sie bestanden vor allem aus Namen: Namen von Königreichen, von Ratsrepubliken, von Inselfürsten, von Seefahrern, von fernen Herrschern. Und Zahlen - Entfernungen, Höhen, Tiefen, Mondbewegungen, Sonnenmessungen ...
„Ja, ja, ja", sagte er schließlich ein wenig unwirsch. „Ich kann dir folgen, aber worauf läuft das hinaus?"
Geon-Durn
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